Newsletter XXVII 2024

30. Juni bis 6. Juli

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Aktuelles+ Hintergrundwissen

Die PDF-Datei "Nuclear Power Accidents" enthält eine Reihe weiterer Vorfälle aus verschiedenen Bereichen der Atomindustrie. Einige der Ereignisse wurden nie über offizielle Kanäle veröffentlicht, so dass diese Informationen der Öffentlichkeit nur auf Umwegen zugänglich gemacht werden konnten. Die Liste der Zwischenfälle in der PDF-Datei ist daher nicht zu 100% identisch mit "INES und die Störungen in kerntechnischen Anlagen", sondern stellt eine Ergänzung dar.


5. Juli 2000 (INES ? Klass.?) Akw Grafenrheinfeld, DEU

8. Juli 2008 (INES 1 Klass.?Atomfabrik Eurodif, Pierrelatte, FRA

10. Juli 1991 (INES 3) Akw Bilibino, RUS

10. Juli 1985 (Terror) Rainbow Warrior I, Auckland, FRA

14. Juli 1955 (INES 3Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

15. Juli 2013 (INES ? Klass.?) Akw Chinshan, TWN

16. Juli 1979 (INES 3 | NAMS 1,9) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

16. Juli 1945 (1. Nuklearwaffentest) Trinity, NM, USA

17. Juli 1984 (INES 3 | NAMS 1,8) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

22. Juli 2007 (INES ? Klass.?) Akw Unterweser, DEU

23. Juli 2008 (INES 0 Klass.?) Akw Tricastin, Pierrelatte, FRA

24. Juli 1964 (INES 4Atomfabrik UNC Charlestown, RI, USA

25. Juli 2006 (INES 2) Akw Forsmark, SWE

25. Juli 1979 (INES ? Klass.?) EL-3, Paris-Saclay, FRA

26. Juli 1959 (INES 6) SNL, Simi Valley, CA, USA

27. Juli 2004 (INES 1 Klass.?) Akw Neckarwestheim, BW, DEU

27. Juli 1972 (INES ? Klass.?) Akw Surry, VA, USA

 

Wir sind immer auf der Suche nach aktuellen Informationen. Wer helfen kann, sende bitte eine Nachricht an:
nukleare-welt@reaktorpleite.de

 


6. Juli


 

Wehrhafte | DemokratieRechtsradikale | Parteiverbot

Wanderwitz über AfD-Verbot

"Das sind Kipppunkte für die Demokratie"

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wanderwitz hält ein Verbot der AfD für nötig. Das würde der Demokratie eine Atempause verschaffen, sagt er im Interview. Im Herbst will er einen Antrag stellen.

tagesschau.de: Die AfD wollte auf dem Bundesparteitag in Essen professioneller auftreten. Hat sie das geschafft?

Marco Wanderwitz: Die AfD sitzt in fast allen Landtagen, im Bundestag, im Europaparlament. Wenn das nicht professionalisiert, was dann? Inhaltlich hat sich in Essen nichts verschoben. Im Gegenteil. Frau Weidel hat eine bemerkenswert rechtsradikale Rede gehalten. Die Tonalität wird immer schärfer.

Die AfD ist weitestgehend durchradikalisiert und ich sehe auch keinerlei Anzeichen für eine Deradikalisierung. Im Erzgebirge beispielsweise wurde gerade ein nicht ganz so radikaler Landtagskandidat durch einen lupenreinen Rechtsradikalen ersetzt, der sich in einem rechtsextremen Verein engagierte und im Jahr 2018 Ordner bei den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz war.

tagesschau.de: Sie fordern ein AfD-Verbot, obwohl die Partei gerade erst bei der Europawahl fast 16 Prozent geholt hat. Sehen Sie da überhaupt den gesellschaftlichen Rückhalt für ein Verbot?

Wanderwitz: Aus der Rechtswissenschaft gibt es vermehrt Stimmen, die zu demselben Schluss kommen wie ich: Wir haben es bei der AfD mit einer großen Bedrohung der Demokratie zu tun. Artikel 21 des Grundgesetzes, unsere wehrhafte Demokratie, war eine Lehre aus dem, was die Nazibarbarei der Welt und unserem Land angetan hat.

Auch die Zivilgesellschaft erhebt sich seit den Landtagswahlen in Bayern und Hessen zunehmend gegen die AfD. Das ging mit den Recherchen von "Correctiv" und des Bayerischen Rundfunks sowie den Russland- und China-Verbindungen der AfD-Europawahl-Spitzenkandidaten Krah und Bystron weiter.

Aber all die Skandale und der Aufstand der Zivilgesellschaft haben offensichtlich nicht dazu geführt, dass die Bedrohung namens AfD signifikant kleiner wird. Im Gegenteil: In weiten Teilen der neuen Bundesländer ist die AfD mittlerweile Volkspartei. Leider. Sie stellt Tausende Kommunalpolitiker. Das sind Kipppunkte für unsere Demokratie. Da wird ein Verbotsverfahren zwingend notwendig.

[...]

tagesschau.de: Gerade in der Ost-CDU sind die Vorbehalte gegen ein Verbotsverfahren aber groß. Hier will die Partei die AfD lieber inhaltlich stellen.

Wanderwitz: Im politischen Kampf haben wir doch jahrelang alles getan, was möglich ist - und es hat leider halt nicht sonderlich viel genützt. Laut Nachwahlbefragungen zur Europawahl ist es 82 Prozent der AfD-Wählern völlig egal, dass sie rechtsextrem ist. Das sind verfestigte Wähler. Bei der Landratswahl in Sonneberg und der Oberbürgermeisterwahl in Pirna hat nicht mal mehr das Zusammenlegen aller Demokratinnen und Demokraten geholfen. Das letzte Mittel, das uns noch bleibt, ist das Verbotsverfahren.

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Israel | Gaza | Palästina | Bothsidesism

Bothsidesing im Gaza-Krieg

Was heißt es, wenn man der Sicht beider Seiten in einem Konflikt unvoreingenommen Gehör verschaffen möchte?

In einem der Kommentare zu meinen Blog-Beiträgen ist mir vorgeworfen worden, zu viel “Bothsidesing” zu betreiben. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich bis dahin diesen Ausdruck nicht gekannt habe. Spontan – den englischen Begriff wörtlich übersetzend – erstaunte mich der Vorwurf, weil es sich für mich so ausnahm, als würde mein Bestreben, Objektivität zu wahren, kritisiert. Ich dachte immer, gerade dies sei eine willkommene Tugend akademischen bzw. seriösen publizistischen Schreibens.

Als ich mich dann aber im Internet kundig machte, stellte sich heraus, dass der Begriff nicht schlicht erwünschte Ausgewogenheit meint, sondern eine Medienpraxis, bei der Journalisten “im Bestreben, Objektivität oder Neutralität zu wahren, beide Seiten eines Themas präsentieren, ohne eine faktenbasierte Grundlage für die Argumente einer jeden Seite zu liefern”. Bothsidesism geht also von einem Mittelweg aus, bei dem beiden Seiten gleiches Gewicht zugesprochen wird, “obwohl eine Seite objektiv falsch oder ohne glaubhafte Evidenz sein mag”.

Obwohl ich meine eigene Schreibpraxis in dieser Anschuldigung nicht wiedererkenne, möchte ich mich hier dennoch auf die Erörterung des Problems einlassen. Zunächst sei generell gesagt, dass bei jedem Konflikt, den Menschen unter sich austragen, es zwangsläufig konträre Sehweisen und miteinander streitende Perspektiven gibt. Es ist dabei durchaus “natürlich”, dass jede Seite Solidarität und Identifizierung mit ihrem Standpunkt erwartet, erst recht, wenn es um Beobachter geht, die einer der beiden Seiten national, ethnisch, ideologisch oder sonstwie “angehören”.

Sobald man aber versucht, den Konflikt in seinem Wesen zu ergründen, muss man die Ebene automatischer identitärer Bindung zumindest zeitweilig in Klammern setzen können, um der a priori gegebenen Multiperspektivität des erörterten Phänomens gerecht zu werden. Eine Distanz ist da erfordert, die bei besonders explosiven Konfliktereignissen nicht leicht fällt und gewiss nicht selbstverständlich ist. Philosophisch ermöglicht sich dies mit dem Ansatz einer Dialektik, der sich zumindest methodisch von einem rigorosen Entweder-Oder zugunsten eines Sowohl-als-Auch verabschiedet hat.

[...]

Die Verhärtung des Blicks hat sich bereits ins Unmenschliche gesteigert – man generiert “Argumente” und “Erklärungen” dafür, verlässt die Pfade der Humanität und insistiert darauf, die Gerechtigkeit auf seiner Seite zu wissen. Das tote Kind auf beiden Seiten hat nichts mehr zu besagen. Man hat sich gegenseitig nichts mehr zu sagen, kann sich nur gegenseitig umbringen. Und das ist wohl der Grund dafür, dass “Both-sidesing” im genuin menschlichen Sinne zum Vorwurf verkommen darf.

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Iran | Reform | Präsidentenwahl

Moderater Politiker gewinnt Abstimmung

Präsidentenwahl im Iran: Reformer Peseschkian setzt sich gegen Hardliner Dschalili durch

Der gemäßigte Politiker hat gegen seinen erzkonservativen Konkurrenten gewonnen. Im Wahlkampf forderte Peseschkian Reformen und bessere Beziehungen zum Westen. Wohin steuert Land jetzt unter seiner Führung?

Teheran. Der moderate Politiker Massud Peseschkian hat die Präsidentenwahl im Iran in der zweiten Runde für sich entschieden. Das gab der Sprecher der Wahlbehörde am Samstagmorgen im iranischen Staatsfernsehen bekannt. Peseschkian erreichte demnach 53,7 Prozent der Stimmen, sein ultrakonservativer Herausforderer Said Dschalili kam hingegen auf 44,3 Prozent. Die Beteiligung lag nach Angaben der Wahlbehörde bei 49,8 Prozent.

Rund 61 Millionen Menschen waren im Iran am Freitag aufgerufen, in einer Stichabstimmung zwischen Peseschkian und Dschalili zu wählen. Die vorgezogene Wahl war nötig geworden, nachdem Amtsinhaber Ebrahim Raisi im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war.

[...]

Neuer Präsident vertritt bürgerliche Positionen

Im Wahlkampf warb der bisher eher unscheinbar auftretende Peseschkian für neues Vertrauen zwischen der Regierung und dem Volk. Viele Iranerinnen und Iraner sind nach gescheiterten Reformversuchen, politischer Repression und einer Wirtschaftskrise von der Politik maßlos enttäuscht. Wie andere Politiker des Reformlagers forderte Peseschkian eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen – auch, um das Land zu öffnen und die angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln ...

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Vereinigte Staaten | Waldbrände | Wetterextreme

US-Bundesstaat Kalifornien

Hitzewelle und weitere Waldbrände

Bei Temperaturen von bis zu 47 breiten sich in Kalifornien Waldbrände aus. Mehrere hundert Hektar wurden bereits zerstört. Und Experten warnen vor weiteren Feuern - denn in den kommenden Tagen könnten neue Temperaturrekorde erreicht werden.

Bei Rekordhitze hat die Feuerwehr im US-Bundesstaat Kalifornien am Freitag mehrere Brände bekämpft. Ein neues Feuer brach in der Nähe des Yosemite Nationalparks aus, während ein Waldbrand im Norden des Bundesstaats unter Kontrolle gebracht werden konnte. Es wurden Temperaturen von bis zu 47 Grad Celsius vorhergesagt, während die jüngste Hitzewelle in der Region auf ihren Höhepunkt zusteuerte.

Der Nationale Wetterdienst warnte für Freitag und Samstag vor einer Ausbreitung der "gefährlichen Hitze" im Westen der USA. "Es wird erwartet, dass in weiten Teilen Temperaturrekorde erreicht oder gebrochen werden", erklärte der Wetterdienst.

Mehrere hundert Hektar zerstört

Die Hitzewelle trifft den Bundesstaat am langen Wochenende nach dem Unabhängigkeitstag am 4. Juli, der vielerorts mit Feuerwerken gefeiert wird, die wegen der Trockenheit leicht Brände auslösen können. In der ehemaligen Goldgräberstadt Mariposa außerhalb des Yosemite Parks brach in der Nacht zum Freitag ein Feuer aus, das sich schnell ausbreitete. Die Brandursache war zunächst unklar.

Die Stadt selbst sei in Gefahr, die Evakuierung werde ausgeweitet und auch in der Nacht bleibe es warm und trocken, warnte Daniel Swain, ein Klimawissenschaftler an der University of California in Los Angeles. Bis Freitagmorgen Ortszeit hatte das Feuer mehrere hundert Hektar zerstört und war nur zu fünf Prozent eingedämmt, wie die Feuerwehr mitteilte ...

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Neoliberal | Faschist | Javier Milei

Präsident als »Anarchokapitalist«

»Das hat mit Anarchismus nichts zu tun«

Argentiniens Präsident Milei pflegt Image als »Anarchokapitalist«. Medien übernehmen Selbstbezeichnung unkritisch. Ein Gespräch mit Bernd Drücke.

Bernd Drücke ist Koordinationsredakteur der anarchistisch-pazifistischen Zeitung Graswurzelrevolution und Herausgeber verschiedener Bücher zum Thema Anarchismus

Argentiniens Präsident Javier Milei hat sich als marktradikaler Ökonom einen Namen gemacht und wird häufig als »Anarchokapitalist« bezeichnet. Ist Milei damit ein Grund zur Freude für Anarchisten?

Milei ist eine Katastrophe. Anarchismus ist immer herrschaftsfrei orientiert. Das heißt auch, dass man den Kapitalismus ablehnt. Anarchokapitalisten machen genau das Gegenteil. Die wollen die totale Macht für Kapitalisten, soziale Errungenschaften sollen abgeschafft, Militär und Polizei ausgebaut werden, zum Schutz der Kapitalisten. Das ist eine extrem rechte Bewegung, die in Deutschland beim neoliberalen Flügel der AfD sowie am rechten Rand der FDP zu finden und international Teil des Neoliberalismus ist. Das hat mit Anarchismus nichts zu tun. Anarchismus ist klar definiert als freiheitlich, sozialistisch und herrschaftsfrei. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Anarchokapitalisten wollen: die ungebremste Herrschaft des Kapitalismus. Das, was die Pinochet-Diktatur in Chile war, ist im Grunde auch das Ziel des Anarchokapitalismus, eine neoliberal-faschistische Diktatur.

Wie kommt es zu diesen Umdeutungen?

Kapitalismus und Herrschaftsfreiheit schließen sich aus. Daher ist der Begriff Anarchokapitalismus eine Absurdität, ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich. Noam Chomsky, der wohl bekannteste lebende Anarchist, hat sich schon in den 1970er Jahren von den Libertarians in den USA abgegrenzt, indem er gesagt hat: Ich bin »libertär«, libertärer Sozialist, Anarchist. Wir sollten uns die Begriffe also nicht klauen lassen. Dass Milei jetzt überall als Anarchist bezeichnet wird, da kommt mir die Galle hoch, wenn ich das höre ...

 


5. Juli


 

Schwangerschaft | Gehsteigbelästigung | Ordnungswidrigkeit

Gesetz gegen Ab­trei­bungs­geg­ne­r:

Gegen Scham und Schuldgefühle

Der Bundestag hat beschlossen, dass sogenannte Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen künftig strafbar sind. Paragraf 218 wurde nicht gestrichen. 

Schwangere, ­denen auf dem Weg zu ­Beratungsstellen Bilder mit zer­stückelten Föten entgegengehalten werden oder die Spaliere lautstark betender Personen passieren müssen: Das soll es künftig nicht mehr geben. Am Freitag hat der Bundestag ein Verbot dieser sogenannten Gehsteigbelästigungen beschlossen.

In einem Bereich von 100 Metern um gynäkologische Praxen und Beratungsstellen ist es AbtreibungsgegnerInnen künftig untersagt, Schwangere dabei zu beeinträchtigen, die Beratung wahrzunehmen, diese absichtlich zu erschweren oder ihnen „durch Ansprechen wissentlich die eigene Meinung aufzudrängen“, heißt es in dem Gesetz. Auch Inhalte, die auf „unmittelbare emotionale Reaktionen von Furcht, Ekel, Scham oder Schuldgefühle“ zielen, dürfen nicht mehr gezeigt werden. Passiert das doch, kann es mit bis zu 5.000 Euro geahndet werden.

[...]

Céline Feldmann vom Deutschen Juristinnenbund begrüßte den „bundeseinheitlichen Schutz“: Bislang habe enorme Rechtsunsicherheit geherrscht, da Behörden und Gerichte der Länder uneinheitliche Regelungen getroffen hätten. „Zum ersten Mal gibt es nun einen einheitlichen präventiven Schutz über Schutzzonen, zudem repressiven Schutz über das Ordnungswidrigkeitenrecht.“

Paragraf 218 noch nicht gestrichen

Der Berufsverband der Frauenärzte erklärte, viele seiner rund 15.000 Mitglieder berichteten immer wieder über Anfeindungen. Man fürchte, dass die beschlossenen Sanktionen „nicht ausreichen“: Praxen seien nicht nur von analogen, sondern auch „von massiven digitalen Belästigungen betroffen“. Sogenannte LebensschützerInnen würden nicht nur auf dem Gehsteig, sondern auch per Brief, E-Mail und Anzeige die Beratungsstellen und Praxen belästigen.

Gehsteigbelästigungen zu verbieten, ist eines von mehreren Vorhaben der Ampelkoalition, um reproduktive Rechte zu verbessern. Diese ermöglichen es, selbstbestimmt über den eigenen Körper und die eigene Sexualität zu entscheiden. Zu Beginn der Legislatur hatte die Ampel den Paragrafen 219a gekippt, der es Ärz­t*i­nnen verboten hatte, auf ihren Webseiten über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Zudem wurde das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet, das es trans, inter und nonbinären Personen erleichtert, den eigenen Geschlechtseintrag und Vornamen ändern zu lassen.

Offen ist, ob in dieser Legislatur noch ein Vorstoß kommt, den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Der verbietet Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland und stellt sie nur unter bestimmten Bedingungen straffrei. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on war im April zu dem Schluss gekommen, dass diese Regelung aus völker-, verfassungs- und europarechtlicher Perspektive „nicht haltbar“ sei. Sie empfiehlt die Legalisierung von Abbrüchen mindestens in den ersten drei Monaten ...

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Griechenland | Siemens | Korruption | Schmiergeld

Ende im Siemens-Schmiergeldskandal:

Straflosigkeit, die zum Himmel schreit

Die Athener Justiz setzt nach Jahren den Schlusspunkt unter den Siemens-Schmiergeldskandal. Kritiker sprechen von einem skandalösen Urteil.

ATHEN taz | Im Siemens-Schmiergeldskandal in Griechenland, der hellenische Teil des wohl größten Korruptionsskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte, ist nun der endgültige Schlusspunkt gesetzt. Am Dienstag beschloss das Athener Berufungsgericht, den deutschen und griechischen Ex-Angeklagten im Siemens-Strafprozess alle eingefrorenen Vermögenswerte zurückzuerstatten.

Elf Jahre nach Bekanntwerden des Siemens-Schmiergeldskandals hatte in Athen im Jahr 2017 ein Strafprozess mit insgesamt 64 griechischen und deutschen Angeklagten begonnen. Darunter waren ehemalige Führungskräfte der Siemens-Muttergesellschaft in München, Führungskräfte von Siemens Hellas und der damals halbstaatlichen griechischen Fernmeldeanstalt OTE. Fünf weitere Jahre später stand in zweiter Instanz fest: ausnahmslos alle der letztlich 22 Angeklagten kamen ungeschoren davon.

Eine himmelschreiende Straflosigkeit sei das, monierten Kritiker. Zu Recht: bei 19 Personen, darunter Heinrich von Pierer, von 1992 bis 2005 Siemens-Vorstandsvorsitzender, sowie Michalis Christoforakos, Ex-Geschäftsführer von Siemens Hellas, wurde die Strafverfolgung für die bis 2002 begangenen Taten wegen der eingetretenen Verjährung „endgültig eingestellt“, so das Urteil.

Die Verjährung war wegen der Schwere der angeklagten Straftaten zwar erst nach 20 Jahren 2022 eingetreten. Doch da lief der Strafprozess in zweiter Instanz noch. Die Richter ließen so den Prozess für das Gros der Angeklagten, deutsche und griechische Siemens-Topmanager inklusive, einfach in die Verjährung gleiten ...

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CO2-Emissionen | Mobilität | Flugreisen

CO₂-Fußabdruck

Nichtfliegen ist der Joker

Reiche Menschen hierzulande verursachen doppelt so viele CO2-Emissionen wie arme, zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Das liegt an der Mobilität.

Für eine Flugreise von Frankfurt am Main nach Berlin und zurück werden pro Kopf 282 Kilogramm des Treibhausgases CO2 durch die Triebwerke des Jets in die Atmosphäre gepustet, beim Ziel New York sind es 3,65 Tonnen und bei Rio de Janeiro sogar 6,3 Tonnen. Diese Werte zeigt der Emissionsrechner des CO2-Kompensationsanbieters Atmosfair.

Damit wird klar: Wer sich ins Flugzeug setzt, erhöht damit seine persönliche Treibhausgas-Bilanz deutlich. Beispiel: Einmal New York und retour verursacht mehr CO2, als pro Kopf im Schnitt für ein Jahr Wohnen anfällt, also für Strom, Heizen und Warmwasser. Und sogar mehr als doppelt so viel, wie die Ernährung erfordert.

Fliegen ist die klimaschädlichste Fortbewegungsart, das ist altbekannt. Wie stark es inzwischen die persönliche Treibhausgasbilanz hierzulande beeinflusst, macht eine neue Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin deutlich.

Ein Grund ist auch, dass die CO2-Belastungen in anderen Bereichen inzwischen deutlich sinken – wie etwa beim Stromverbrauch durch zunehmende Umstellung auf Wind- und Solarenergie –, während der Verkehrssektor damit nicht Schritt hält.

Und da Haushalte mit hohem Einkommen viel mehr Flugreisen unternehmen, vergrößert dies den "CO2-Fußabdruck" in dieser Gruppe sehr deutlich. Eine Rolle spielt auch die Autonutzung. Demgegenüber macht das Einkommen beim Wohnen und bei der Ernährung in der Klimabilanz kaum einen Unterschied, so das DIW.

Für die Berechnung wurde der Pro-Kopf-CO2-Fußabdruck von Privathaushalten in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität berechnet, der knapp ein Drittel der gesamten CO2- Emissionen in Deutschland ausmacht. Danach verursachen die Menschen hierzulande im Schnitt 6,5 Tonnen CO2 pro Jahr.

Allerdings haben Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten dabei mit 10,1 Tonnen einen fast doppelt so großen CO2-Fußabdruck wie Menschen aus Niedrigeinkommens-Haushalten, die auf 5,6 Tonnen pro Kopf kommen. Und es zeigt sich eben: "Der größte Treiber des Unterschieds ist die Mobilität." ...

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Atomausstieg | Kini Jödler | Untersuchungsausschuss

Neuer Untersuchungsausschuss Atompolitik:

Verlängerte Laufzeit

Wenn die AKW abgeschaltet werden, droht Deutschland eine Stromlücke. So lautete mal ein Mantra der Union. Jetzt klärt ein Untersuchungsausschuss auf. 

Die Union hatte in den 2000er Jahren eine Stromlücke erfunden: Wenn der rot-grüne Atomausstieg aus dem Jahr 2002 tatsächlich Realität werde, dann – so warnte CSU-Bundeswirtschaftsminister damals Michael Glos – drohen „Versorgungsengpässe am Strommarkt“. Man möge sich gar nicht ausmalen, was das für den Standort Deutschland bedeuten würde: Stromabschaltungen, eine akute Gefährdung der Energieversorgung, der Verlust hunderttausender Arbeitsplätze.

[...]

Im Oktober 2010 beschloss die Regierungsmehrheit deshalb, die Reaktoren in Deutschland länger laufen zu lassen.

Allerdings verursachte im März 2011 ein Tsunami eine Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima. Dummerweise war die japanische Technik nicht „sowjetisch konzipiert“ wie in Tschernobyl, sondern baugleich beispielsweise mit den Anlagen im bayerischen Gundremmingen. Markus Söder, damals bayerischer Umweltminister, drohte mit Rücktritt, sollten die Meiler weiter laufen.

Tatsächlich schaltete die Regierung Merkel schon vier Tage nach der Reaktorkatastrophe die sieben ältesten deutschen AKWs ab. Allerdings nicht die in Gundremmingen. Söder trat trotzdem nicht zurück, nein, er wurde Ministerpräsident. Und forderte vom Bund, dass die Bayern doch bitte schön die Genehmigung erhalten müssten, ihre Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen. Doch Atomrecht ist Bundes- und kein Landesrecht.

Es ist gut und richtig, dass es jetzt einen Untersuchungsausschuss zur deutschen Atompolitik gibt. Denn der bietet endlich die Chance, den ganzen Populismus, den die Union in den vergangenen 20 Jahren als Energiepolitik verkauft hat, aufzuarbeiten.

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Hochtemperaturreaktor | Rückbau | Kostenübernahme

Wer muss den Abriss des Atommeilers Hamm-Uentrop bezahlen?

Der Hochtemperaturreaktor in Hamm galt als Zukunftshoffnung der Atomkraft, bereitete jedoch nur Probleme. 2030 soll der Abriss beginnen. Und zuvor muss ein Gericht entscheiden, wer die Kosten dafür trägt. 

Vor dem Landgericht Düsseldorf geht es am Freitag um die Frage, wer die Kosten für den Abriss des stillgelegten Atomkraftwerks in Hamm-Uentrop übernimmt. Anlass für die mündliche Verhandlung ist eine sogenannte Feststellungsklage der Betreibergesellschaft Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH (HKG).

Die Gesellschaft, hinter der der Energiekonzern RWE und einige Stadtwerke stehen, fordert laut Landgericht von Bund und Land die Übernahme der Kosten für den Abbau der Anlage. Auch sollen sie Entsorgung und Endlagerung des strahlenden Materials übernehmen. HKG hatte die Klage gegen Bund und Land NRW im Februar eingereicht (Az.: 10 O 59/23).

[...]

In Verhandlungen über die Kostenübernahme habe kein Kompromiss gefunden werden können, teilte das Finanzministerium auf Anfrage mit. »Die Gesellschafter und der Bund haben in den Verhandlungen vollständig gegensätzliche Positionen vertreten.« Weil damit keine gesicherte Finanzierungsgrundlage für die Zukunft bestehe, hat die Kraftwerksbetreibergesellschaft geklagt. Wer zahlen muss, soll jetzt das Landgericht Düsseldorf klären.

[...]

Ursprünglich waren für den Rückbau des Kugelhaufenreaktors 350 Millionen Euro eingeplant. Vor drei Jahren nannte die NRW-Landesregierung auf Anfrage der Grünen Gesamtkosten von über 750 Millionen Euro.

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Rosatom | NukleartechnikNukem

Nukem Technologies Engineering Services

Japaner übernehmen deutschen Kernkraftentsorger von Russen

Weil russische Eigner das Geschäft im Westen unmöglich machten, meldete die Firma Nukem Technologies Engineering Services Insolvenz an. Nach dem Verkauf locken Aufträge rund um die japanische Kernkraftrenaissance.

Es ist eine Nachricht, der zumindest in Karlstein am Main in Franken mit Aufatmen begegnet werden dürfte: Das japanische Unternehmen Muroosystems Corp mit Sitz in Tokio will den insolventen Kernkraftentsorger Nukem Technologies Engineering Services übernehmen, möglichst schon Mitte August. Das hat Thomas Seipolt, Geschäftsführer von Nukem Technologies Engineering Services, der WirtschaftsWoche bestätigt. Bisher hatte das Unternehmen mehrheitlich der russischen Nuklearholding Rosatom gehört.

Der neue japanische Eigner ist nach eigenen Angaben bisher auf Dienstleistungen und die Einrichtung von Infrastruktur rund um die digitale Transformation spezialisiert, mit Niederlassungen in Shanghai und Hongkong, aber auch in Kirgisistan und Kasachstan. Nun will das Unternehmen auch in die Nukleartechnik vorstoßen. In Japan sollen still gelegte Kernkraftwerke wieder ans Netz gehen – ältere Reaktoren nach und nach durch neue ersetzt werden. Zu dem Kaufpreis machte Nukem Technologies Engineering Service keine Angaben. Man habe Stillschweigen vereinbart, sagte Seipolt.

[...]

„Muroosystems möchte mit Nukem sein Geschäftsfeld in der Nukleartechnik entwickeln“, sagte Seipolt. An mehreren japanischen Standorten würden die bisherigen Reaktoren durch Neubauten ersetzt. „Das bedingt den zügigen Rückbau der bisherigen Einrichtungen, wozu wir zweifellos beitragen können.“ Weiterhin stellten sich „nach wie vor erhebliche Herausforderungen“ beim Umgang mit radioaktiven Reststoffen am Standort Fukushima. „Auch hier können wir eine Lösung unterstützen“. Eine Verlegung des Sitzes der Firma sei jedoch „nicht geplant.“ ...

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Großbritannien | Parlamentswahl | Regierungswechsel

Wahl in Großbritannien

Labour gewinnt laut Prognose deutlich

Es ist eine herbe Niederlage für die britischen Konservativen: Bei der Unterhauswahl liegt die Labour-Partei laut BBC-Prognose mit 410 von 650 Sitzen deutlich vorne. Parteichef Starmer dürfte neuer Premier werden. 

Die oppositionelle Labour-Partei von Keir Starmer hat die Unterhauswahl in Großbritannien und Nordirland laut einer Prognose der BBC klar gewonnen. Der 61-Jährige dürfte damit der Nachfolger von Premierminister Rishi Sunak werden, dessen konservative Tories eine schwere Niederlage erlitten.

Labour liegt den Angaben zufolge mit 410 Sitzen deutlich vor der Regierungspartei. Die Tories kommen demnach auf 144 Sitze - mehr als 200 weniger als bei der vorigen Wahl. Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, doch am Kernergebnis der Wahl gibt es keinen Zweifel: Die 14 Jahre währende Dominanz der konservativen Tories ist zu Ende.

[...]

Zufrieden dürfte hingegen die rechtspopulistische Partei Reform UK von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage sein. Sie kommt laut Prognose aus dem Stand auf vier Mandate. Farage hatte mit seiner überraschenden Kandidatur mutmaßlich erheblich zum schlechten Ergebnis für die Konservativen beigetragen, weil er Wähler am rechten Rand abspenstig machte ...

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INES Kategorie ?5. Juli 2000 (INES ? Klass.?) Akw Grafenrheinfeld, DEU

Wikipedia de

Kkw Grafenrheinfeld

Am 5. Juli 2000, kam es zu einem Brand im Kernkraftwerk, der den Motor einer Hauptkühlmittelpumpe in unmittelbarer Nähe des Reaktordruckgefäßes beschädigte ...
 

AtomkraftwerkePlag

Grafenrheinfeld (Bayern)

Im Sommer 1973 stellte die Bayernwerk AG einen Antrag auf Bau und Betrieb des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld, dem im Sommer 1974 eine Teilgenehmigung durch die Bayerische Staatsregierung folgte. Trotz erbitterten Widerstands von Seiten der Bevölkerung und einer Unterschriftensammlung wurde 1974/75 mit den Bauarbeiten begonnen und das AKW am 9. Dezember 1981 in Betrieb genommen ...
 

SPIEGEL-Report über verheimlichte KKW-Störfälle in aller Welt

»Mir läuft der kalte Schauer über den Rücken«

Haarscharf schlitterte die Menschheit schon mehrmals an der Katastrophe vorbei. Das enthüllen 48 Störfallberichte, die von der Wiener Internationalen Atomenergie-Organisation verheimlicht wurden: Pannen oft absonderlichster, profanster Art von den Vereinigten Staaten und Argentinien bis Bulgarien und Pakistan ...

 


4. Juli


 

Israel | Westjordanland | Siedlungen

Trotz internationaler Proteste

Israel genehmigt Ausbau weiterer Siedlungen im Westjordanland

Die israelische Regierung hat dem Bau Tausender neuer Wohneinheiten im Westjordanland zugestimmt. Zudem wurden mehrere Außenposten nachträglich legalisiert. Das Vorgehen stößt auf scharfe Kritik. 

Die israelische Regierung hat im besetzten Westjordanland laut Angaben einer Nichtregierungsorganisation drei Außenposten in Siedlungen legalisiert und den Ausbau bestehender Siedlungen mit Tausenden weiteren Wohnungen genehmigt. Die israelische Organisation Peace Now erklärte, die für den Siedlungsbau zuständige Regierungsbehörde habe am Mittwoch und Donnerstag die ohne Genehmigung errichteten Außenposten in Mahane Gadi, Givat Han und Kedem Arava legalisiert. Zudem sei grünes Licht für 5295 zusätzliche Wohneinheiten in bereits existierenden Siedlungen gegeben worden.

Peace Now verurteilte das Vorgehen scharf. Die jüngsten Genehmigungen unterstrichen die »derzeit stattfindende Annexion im Westjordanland«, diese werde »nicht wiedergutzumachenden Schaden« anrichten. »Diese auf Annexion ausgerichtete Regierung untergräbt auf gefährliche Weise die Sicherheit und die Zukunft von Israelis und Palästinensern«, hieß es weiter. »Die Kosten für diese Rücksichtslosigkeit werden von künftigen Generationen getragen. Wir müssen diese Regierung zu Fall bringen, bevor es zu spät ist.«

[...]

Im Westjordanland ist die Gewalt seit dem Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen weiter eskaliert. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober vergangenen Jahres wurden nach palästinensischen Angaben im Westjordanland mindestens 561 Palästinenser durch israelische Soldaten oder Siedler getötet. Bei palästinensischen Angriffen wurden nach israelischen Angaben mindestens 16 Israelis, darunter auch Soldaten, getötet.

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Nachhaltigkeit | Aktienrente | Kenfo

Atomfonds Kenfo soll Rente sichern:

Rentenfinanzierung sucht Endlager

Der Fonds für die Finanzierung der Atomendlager in Deutschland legt viel Geld an. Er soll die Lücke in der Rentenversicherung stopfen helfen. 

BERLIN taz | Im Westteil Berlins residiert in einem schlichten Bürohaus ein staatlicher Fonds, der sehr erfolgreich Milliarden Euro verwaltet. Er stellt sicher, dass Deutschland genug Geld für ein Atomendlager hat. Lange ein Spezialthema – doch nun bekommt der sogenannte Kenfo wohl neue Aufgaben, die sehr viele Menschen betreffen: Er soll künftig helfen, die Rente zu sichern.

Gestartet ist der Fonds im Juni 2017. Er ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung und verwaltet 24,1 Milliarden Euro Kapital. Es stammt von den Konzernen, die die Atomkraftwerke in Deutschland betrieben haben und verpflichtet wurden, das Geld für die Sicherung des Atommülls zurückzulegen. Im Zuge des Atomausstiegs übernahm der Staat die Entsorgung, das Geld dafür überwiesen die Firmen an den Fonds für die Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, kurz Kenfo.

Seither investiert Kenfo recht erfolgreich. 2023 betrug die Rendite 11,1 Prozent, Zielvorgabe waren 4,2 Prozent. Profitiert hat er vor allem von der Erholung der Aktienmärkte. Grundsätzlich soll er möglichst viel Ertrag erzielen und dabei darauf achten, dass die Investitionen nachhaltig sind. Das bedeutet auch: In Atomtechnik wird kein Geld gesteckt, in Ölfirmen wegen der Erträge schon. Über seine Beteiligung dort will der Fonds auf mehr Nachhaltigkeit hinwirken. Seit 2019 ist der CO2-Abdruck der betroffenen Anlagen um fast 60 Prozent gesunken.

Zurzeit ist 46 Prozent des Geldes in Aktien und handelbaren Immobilienpapieren angelegt, sogenannten Reits. 28 Prozent ist in Anleihen von Unternehmen und Schwellenländern investiert, je 9 Prozent in Staatsanleihen der Industrieländer und Anlagen, die nicht an Börsen gehandelt werden. Dazu gehört Infrastruktur wie Solar- und Windanlagen, Glasfasernetze und Datenzentren, Nahverkehrszüge und Bahnstrecken. Zudem beteiligt sich der Fonds an Unternehmen. Bis 2028 soll der Anteil der Aktien auf 35,5 Prozent sinken, der nichtbörslicher Investments auf 29 Prozent steigen.

[...]

Auch weil der Kenfo so erfolgreich ist, plant die Bundesregierung eine weitere, ähnliche Stiftung. Sie soll das sogenannte Generationenkapital verwalten. Es wird Teil der gesetzlichen Rente. Bisher finanzieren diejenigen, die arbeiten, die Rente der Ruheständler. Weil die Zahl der Rentner steigt, die der Jüngeren aber sinkt, drohen riesige Löcher in der Rentenversicherung. Deshalb soll an den Finanzmärkten vorgesorgt werden.

Geplant ist zurzeit wohl, jährlich 12 Milliarden Euro anzulegen, beschlossen ist bisher nichts. Sollte das Gesetz bis Anfang November durch Bundestag und Bundesrat sein, könnte die neue Stiftung noch 2024 starten. Angesiedelt werden soll sie zu Anfang beim Kenfo und auch von dessen Wissen und Kontakten profitieren.

Die Anlagestrategie dürfte jedoch anders aussehen. Beim Generationenkapital ist erst 2036 eine erste Auszahlung an die Rentenkasse geplant. Der Ak­tienanteil könnte bei 80 Prozent liegen, was die Erträge erhöht, allerdings auch das Risiko von Verlusten. Weil der Kenfo seit dem Start jährlich Geld ausschütten muss, sind seine Anlagen etwas risikoärmer.

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China | Energiewende | Solarmodule

Energieexperte zu Solaranlagen aus China:

„Fürs Klima eher positiv“

China subventioniert seine Solarindustrie – und über Exporte auch die deutsche Energiewende. Gut fürs Klima, sagt Energieexperte Volker Quaschning. 

wochentaz: Herr Quaschning, in Deutschland werden immer mehr Solaranlagen gebaut, die Installationszahlen klettern von Rekord zu Rekord – und die einheimischen Modulhersteller gehen in die Knie. Wie kann das sein? 

Volker Quaschning: Momentan läuft der solare Ausbau in Deutschland auch deshalb so gut, weil die Module aus China extrem billig geworden sind. Es gibt gigantische Überkapazitäten in China, die Solarwirtschaft wird vom Staat subven­tio­niert. Was im Grunde bedeutet: Der chinesische Staat subventioniert auch die deutsche Energiewende. Und die läuft derzeit ganz gut ohne nennenswerte eigene Modul-Wertschöpfung. Zur Jahresmitte wurden hierzulande knapp 7.000 Megawatt neu installiert, bis Jahresende sollen es mindestens 13.000 werden. Schon im vergangenen Jahr wurde fast doppelt so viel installiert wie 2022. Das ist nicht schlecht aus deutscher Sicht. Die Hersteller hierzulande produzieren zu teuer.

Die chinesische Regierung steckt Geld in den hiesigen Solarboom?

Ja. Momentan fahren wir gut damit. Dadurch beschleunigen wir die Energiewende. Würden Solarmodule viel teurer, würden wir wieder weniger Solaranlagen installieren. Die Energiewende würde langsamer laufen. Die aktuelle Situation ist für den Klimaschutz, für die Energiewende und für Deutschland eher positiv ...

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Hessen | Energiewende | Windräder

261 Meter hoch: Zwölf neue Windräder für Hessen

Das Regierungspräsidium Darmstadt genehmigt ein Mega-Windkraft-Projekt im Main-Kinzig-Kreis. Das soll Hessen auf dem Weg zur Energiewende voran bringen. 

Im Main-Kinzig-Kreis darf das bislang größte Windkraftprojekt Südhessens verwirklich werden. Wie das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt mitgeteilt hat, wurde jetzt ein entsprechender Antrag genehmigt.

Geplant sind zwölf Windräder mit einer Gesamtleistung von 86 Megawatt. Gebaut werden sollen sie in Birstein auf den Gemarkungen Mauswinkel, Wüstwillenroth, Fischborn und Wettges. Es handelt sich nach Auskunft des Regierungspräsidiums (RP) um das bislang leistungsstärkste Einzelvorhaben, das das RP genehmigt hat.

[...]

Veröffentlicht werden soll der Genehmigungsbescheid für die nun geplanten neuen Riesen am 15. Juli im Staatsanzeiger für Hessen sowie auf den Internetseiten des Regierungspräsidiums. Dort ist er unter der Adresse rp-darmstadt.hessen.de in der Rubrik Umwelt und Energie zu finden.

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Klimawandel | fossil | nachhaltig

Wie klimafreundlich wird die Aktienrente?

Um die Rentensysteme der Zukunft zu stützen, will die Bundesregierung ab diesem Jahr Gelder am Kapitalmarkt anlegen. Wie klimafreundlich diese Gelder investiert werden sollen, schien bislang eher Nebensache. Nun bringt eine Initiative aus Baden-Württemberg die Diskussion ins Rollen. 

Eigentlich sollte das Projekt „Aktienrente“ schon in diesem Jahr starten: Der bundeseigene Kenfo Fonds soll die ersten zwölf Milliarden Euro anlegen. Doch in den vergangenen Wochen wurde es ruhig um das Thema Generationenkapital. Jetzt nimmt der Bundesrat das Thema am Freitag auf.

In einem Antrag an den Bundesrat rufen die Finanzminister der Länder dazu auf, dass die Bundesregierung sicherstellen müsse, dass „das Generationenkapital in Orientierung am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens angelegt wird“. Die Ausrichtung der Anlagestrategie auf Nachhaltigkeit „sollte nicht nachgelagerten Gremien oder Behörden überlassen werden.“

Tatsächlich bleibt der aktuelle Gesetzesentwurf bei dem Thema „klimafreundliche Anlagen” bislang sehr vage. Die Mittel seien „renditeorientiert und global diversifiziert zu marktüblichen Bedingungen anzulegen“ – so steht es unter anderem im Entwurf. Nachhaltigkeitskriterien sind nicht konkret festgelegt. Die Gefahr besteht, dass der Staat am Ende mit Investitionen in Öl-, Gas-, oder Kohleunternehmen Rendite für Rentnerinnen und Rentner macht ...

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Kolumbien | Paramilitärs | Chiquita

Chiquita für Tötung von Bananenarbeitern verantwortlich

US-Gericht verurteilte den Konzern, den Familien 38 Millionen Dollar zu zahlen. Chiquita habe die tötenden Paramilitärs finanziert. 

[...] Am Ende des 17 Jahre dauernden Prozesses befanden die Geschworenen Chiquita Brands für acht Morde der AUC-Kräfte verantwortlich. Das Unternehmen finanzierte die AUC zwischen 1997 und 2004 mit regelmässigen Zahlungen von mindestens 1,7 Millionen Dollar in der fruchtbaren Bananenanbauregion im Norden Kolumbiens. Agnieszka Fryszman, eine weitere Anwältin, die die Klägerinnen und Kläger vertritt, sagte: «Das Urteil bringt die getöteten Ehemänner und Söhne nicht zurück, aber es weist die Verantwortung für die Finanzierung des Terrorismus dorthin, wo sie hingehört: auf Chiquitas Türschwelle.» Das Urteil verpflichtet Chiquita, 16 Angehörige von Bauern und andere Zivilisten zu entschädigen, welche Paramilitärs der AUC bei verschiedenen Angriffen getötet hatten.

Der Konzern Chiquita Brands, der aus der United Fruit Company hervorging, hat gegen das Urteil Berufung angekündigt.

Sollte das Urteil aus Florida bestätigt werden, könnte es Hunderte ähnlicher Klagen vor US-Gerichten beeinflussen, die von Angehörigen anderer Opfer der AUC-Gewalt gegen linke Guerillas in dem internen bewaffneten Konflikt eingereicht wurden, der Kolumbien mehr als sechs Jahrzehnte lang erschütterte.

Der linke Präsident Kolumbiens, Gustavo Petro, kritisierte die Justiz seines Landes: «Warum konnte die US-Justiz feststellen, dass Chiquita Brands die Paramilitärs in Urabá finanziert hat, und nicht die kolumbianische Justiz?»

[...]

Wiedergutmachung für eine längst fällige Schuld

Im Rahmen der Ermittlungen im Jahr 2007 gab Chiquita zu, illegale Zahlungen geleistet und zunächst versucht zu haben, diese als legitime Geschäftsausgaben zu verschleiern. Das Unternehmen wurde in diesem Fall zu einer Geldstrafe von 25 Millionen Dollar verurteilt, aber die Opfer der AUC haben nie etwas von diesem Geld gesehen.

Für Ignacio Gómez ist das Urteil eine lang ersehnte persönliche Rechtfertigung. Er war der erste Journalist in Kolumbien, der diese Anschuldigungen vor 21 Jahren öffentlich machte, und im Laufe der Jahre musste er die Bemühungen von Chiquita Brands ertragen, seine Arbeit durch Gerichtsverfahren zu unterdrücken, sowie Drohungen von paramilitärischen Kräften. «Ich habe jahrelang auf diese Entscheidung gewartet», sagte er. «Und für Kolumbien kann die Bedeutung dieser Entscheidung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.»

 


3. Juli


 

Antisemitismus | Menschenfeindlichkeit | Gruppendenken

Soziale Medien

Warum gebildete und weltoffene Menschen so anfällig sind für Antisemitismus

Sozialer Antisemitismus funktioniert nach sozialen Mechanismen in Zeiten sozialer Medien. Es braucht nur drei Zutaten, damit jahrelang trainierte Reflexe gegen fast alle Menschenfeindlichkeiten versagen. 

Spätestens seit dem 7. Oktober, eigentlich aber seit ich Antisemitismen in sozialen Medien genauer beobachte und analysiere, stellt sich mir eine Frage. Eine verstörende, bohrende Frage, obwohl sie so offen daliegt. Sie lautet: Warum sind intelligente, gebildete und nach eigener Wahrnehmung weltoffene, tolerante Menschen so anfällig für Antisemitismus? Bei Rechtsextremen und Islamisten stellt sich speziell diese Frage weniger – oder besser, auf ganz andere Weise, denn in beiden Weltbildern spielt die Abwertung und Bekämpfung anderer Menschengruppen ohnehin eine zentrale Rolle. Ihr menschenfeindlicher Rückgriff auf ihre teilweise seit Jahrhunderten in Hasserzählungen abgewertete »Standard-Minderheit« der Juden liegt deshalb auf bittere, brandgefährliche Weise nahe.

Bei den Menschen aber, die sich im bürgerlichen, liberalen und vor allem im linken Spektrum verorten, ist das zunächst nicht der Fall. Denn es ist noch nicht lange, aber im 21. Jahrhundert in den westlichen Demokratien doch unbedingt die Gemeinsamkeit der Bürgerlichen, der Liberalen und der Linken: Sie gehen bei allen Unterschieden von der Gleichwertigkeit aller Menschen aus.

Vor einiger Zeit habe ich eine Beobachtung gemacht, die mich auf den Begriff des »akzeptierenden Antisemitismus«
gebracht hat.

[...]

Wenn antisemitische Haltungen im Kontext des Nahostkonflikts vor allem sozial motiviert sind, erklärt sich dadurch:

  • die Immunität gegen Fakten von Leuten, die sonst viel Wert auf Fakten legen
  • die völlige Einseitigkeit in der Quellenwahl, weil es nicht um Erkenntnis, sondern um Zugehörigkeit geht und damit auch um die Bereitschaft zu größter Irrationalität
  • und schließlich, warum sich Antisemitismus in intelligenten, gebildeten, intellektuellen Zirkeln derart weit und schnell verbreiten kann

Ein sozialer Antisemitismus funktioniert nach sozialen Mechanismen in Zeiten sozialer Medien – und entlarvt en passant die Menschenfeindlichkeit, die Bigotterie und die Irrationalität derjenigen, die sich sonst erbittert gegen genau diese Positionen stellen.

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Thüringen | Oberlandesgericht | kriminelle Vereinigung | terroristische Vereinigung

Revision eingelegt

Gene­ral­bun­des­an­walt geht gegen "Knoc­kout 51"-Urteil vor

Vier Männer sind vor wenigen Tagen als Mitglieder einer rechtsextremen Kampfsportgruppe zu Haftstrafen verurteilt worden. Der Generalbundesanwalt legte nun Rechtsmittel gegen das Urteil ein.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Jena im "Knockout 51"-Prozess wird vorerst nicht rechtskräftig. Der Generalbundesanwalt (GBA) habe Revision beim Bundesgerichtshof gegen die Entscheidung eingelegt, wie ein Sprecher gegenüber LTO bestätigte. Genauere Angaben zur Begründung dieser Revision wurden noch nicht gemacht. Dazu müsse zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts abgewartet werden, die noch nicht vorliege.

Das Thüringer Oberlandesgericht in Jena hatte am Montag vier Männer aus Thüringen zu Haftstrafen verurteilt. Die Staatsschutzkammer sah es als erwiesen an, dass die Männer mit "Knockout 51" Mitglieder einer kriminellen Vereinigung waren und diese auch zum Teil gegründet hatten. Als Mitglieder hätten sie etwa verschiedene Gewalttaten begangen und teils gegen das Waffengesetz verstoßen. Drei der Angeklagten sollen nach der Entscheidung zwei Jahre und zwei Monate, zwei Jahre und sechs Monate sowie drei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Der vierte Angeklagte erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.

GBA sieht in "Knockout 51" auch eine terroristische Vereinigung

Der GBA hatte deutlich höhere Strafen für die Männer gefordert. Dessen Vertreter hatten bei ihren Plädoyers zwischen vier Jahren und drei Monaten und sieben Jahren Haft für die Angeklagten verlangt ...

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Sachsen | Rechtsextreme | Gewalt | Aktivisten

Studie über politische Bildungsarbeit: Jeder Fünfte berichtet von Gewalt in Sachsen

In Sachsen werden Aktivisten in der politischen Bildungsarbeit zunehmend beleidigt und gezielt gestört: Eine neue Studie zeigt, wie groß das Ausmaß inzwischen ist: Jeder Fünfte berichtet von Gewalt. Ihr Einsatz für die Demokratie treffe auf eine „zunehmend aggressive Grundstimmung“ in der Bevölkerung.

Neue Studie

In Sachsen haben die Landesregierungen seit 1990 das Problem des Rechtsextremismus systematisch verharmlost – und das rächt sich zunehmend. Extrem rechte Bewegungen und Parteien wie die AfD, die Freien Sachsen und auch die Neue Rechte wenden sich zunehmend gegen Aktive in der politischen Bildungsarbeit, wie eine neue Studie der Otto-Brenner-Stiftung dokumentiert. Vor allem in Regionen, in denen eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Gefahren des Rechtsextremismus verbreitet ist – und das dürfte auf weite Landesteile zutreffen – werden Träger der außerschulischen Bildungsarbeit gezielt gestört, beleidigt und bedroht. Von körperlichen Übergriffen und physischer Gewalt berichtet knapp jeder Fünfte der Befragten. 134 Mitarbeiter:innen wurden von den Studienautor:innen befragt.

Wenige Wochen vor der Landtagswahl zeichnen die Soziologin Teresa Lindenauer von der TU Dresden und ihr Kollege Thomas Laux von der TU Chemnitz in der Studie „Engagiert und gefährdet – Ausmaß und Ursachen rechter Bedrohungen der politischen Bildung in Sachsen“ ein ernüchterndes Bild zur sinkenden Stabilität der Demokratie im Freistaat – jenem Bundesland, das zu den Hochburgen der AfD gehört und in dem bei der Europawahl Anfang Juni die rechtsextreme Partei in allen Landkreisen und auch in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz stärkste Kraft wurde, vor CDU und dem BSW.

Wer sich engagiert, gerät unter Druck

Studienautor Laux sagte: „Aktive in der politischen Bildung setzen sich mit hoher Motivation aktiv für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus ein. Genau deswegen werden sie von rechts unter Druck gesetzt.“ Insbesondere die prekäre Finanzierung der politischen Bildung diene rechten Akteuren häufig als Anknüpfungspunkt. Teresa Lindenauer sagte: „Dem autoritären Nationalradikalismus geht es um Präsenz in der lokalen Öffentlichkeit und um die Dominanz in konkreten Sozialräumen.“ Es beginne mit kleineren Provokationen, bleibe hier jedoch nie stehen: „Wer sich für Demokratie engagiert, soll sich unsicher fühlen.“ ...

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Sachsen-Anhalt | Aggression | Morddrohungen

Scheidender SPD-Abgeordneter

Karamba Diaby wertet Benehmen der AfD im Bundestag als »Nährboden für Gewalt«

Er sitzt seit 2013 im Bundestag, seit 2017 muss sich Karamba Diaby dort auch die Reden der AfD anhören. Nun hat der SPD-Politiker seinen Rückzug angekündigt – und zieht Bilanz aus den Auftritten der Rechtsextremen.

Noch im vergangenen Jahr hatte Karamba Diaby Fragen zum Aufhören verneint, nun kündigte der SPD-Bundestagsabgeordnete doch seinen Rückzug aus dem Parlament an. Mit dem erklärten Abschied zieht Diaby nun auch Bilanz – und stellt eine feindselige Stimmung infolge des AfD-Einzugs im Bundestag fest.

»Seit 2017 ist im Deutschen Bundestag der Ton rauer geworden. Wir hören aggressive Redebeiträge von Kolleginnen und Kollegen der AfD. Wir hören herabwürdigende und verletzende Inhalte in diesen Redebeiträgen«, sagte Diaby im Berlin Playbook Podcast des Nachrichtenmagazins »Politico«. »Das ist wirklich eine völlig neue Situation im Vergleich zu 2013 bis 2017. Diese aggressive Redeart ist Nährboden für Gewalt und Aggression auf der Straße«, sagte Diaby, der den Wahlkreis Halle in Sachsen-Anhalt vertritt.

»Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft« 

Der promovierte Chemiker Diaby stammt aus dem Senegal und wurde in den vergangenen Jahren immer wieder rassistisch angegriffen. Es gab Drohungen und Beleidigungen, mehrfach wurden Anschläge auf sein Büro verübt. »Ich habe in den letzten Jahren mehrfach Morddrohungen bekommen. Eine rote Linie ist jetzt erreicht«, sagte der 62-Jährige in dem Podcast. Die bestehe darin, dass Mitarbeiter inzwischen erpresst würden, ihren Job bei ihm aufzugeben.

Zuletzt wehrte sich der Bundestagsabgeordnete auf Instagram, indem er eine besonders abstoßende Drohung veröffentlichte. »Der Hass, den auch die AfD mit ihren menschenfeindlichen Narrativen tagtäglich sät, schlägt sich in konkreter psychischer und physischer Gewalt nieder!«, schrieb Diaby ...

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Photovoltaik | Energietechnik | organische Solarzellen | Solarforschung

Effizientere Photovoltaik dank Farbstoff-Kombination?

Gefaltetes Lichtsammelsystem erhöht Leistung organischer Solarzellen

Raffinierter Aufbau: Chemiker haben ein neuartiges Lichtsammelsystem entwickelt, mit dem Sonnenenergie künftig noch effizienter genutzt werden könnte. Dafür verwendeten sie vier photoaktive Farbstoffe und stapelten sie ähnlich übereinander wie die Photosynthese-Farbstoffe in den Zellorganellen von Pflanzen und Bakterien angeordnet sind. In dieser Kombination absorbieren die Stoffe zusammen besonders viel Licht.

Strom aus Sonnenlicht ist ein wichtiges Standbein der Energiewende. Solaranlagen sollen in den kommenden Jahren daher stetig ausgebaut werden. In unserem Alltag wandeln bereits verschiedenste Geräte Sonnenenergie in andere Energieformen um. Die meisten Photovoltaik-Systeme enthalten Halbleiter wie Perowskit oder Silizium, die einen Großteil des sichtbaren Lichtspektrums absorbieren und in elektrische Energie umwandeln können. Doch Perowskit ist schlecht haltbar und Silizium-Systeme sind nicht besonders effizient.

Um genug Lichtenergie aufzunehmen, sind daher in den Paneelen mehrere Siliziumschichten gestapelt. Die Solarzellen werden dadurch allerdings sperrig und schwer. Eine deutlich schlankere und leichtere Alternative wären organische Solarzellen auf Basis photoaktiver Farbstoffe. Doch diese absorbieren nicht den gesamten Spektralbereich des Lichts und sind ebenfalls nicht sonderlich effizient.

Farbstoff-Mix nach Vorbild der Natur

Ein Team um Alexander Schulz von der Universität Würzburg hat jetzt ein neues Lichtsammelsystem entwickelt, das diese Mankos umgeht. Dafür bauten die Chemiker einen Molekülkomplex nach dem Vorbild der Lichtsammelantennen von Pflanzen und Bakterien. Diese fangen für die Photosynthese ein breites Lichtspektrum ein, leiten die Energie intern weiter und bündeln sie auf einen zentralen Punkt. Möglich macht dies ein komplexer und im Zuge der Evolution optimierter Aufbau aus vielen unterschiedlichen Farbstoffen, darunter Chlorophylle, Carotine und Biline ...

 


2. Juli


 

Vereinigte Staaten | Atommüll | West Lake Deponie in St. Louis County

EPA entdeckt radioaktive Kontamination im Grundwasser in der Nähe der Mülldeponie von St. Louis

Arbeiter der US-Umweltschutzbehörde (EPA), die die West Lake Deponie in St. Louis County säubern, entdeckten eine Kontamination im nahegelegenen Grundwasser, was die EPA dazu veranlasste, zu untersuchen, ob Radium von der Deponie eingedrungen sein könnte, berichtet der Missouri Independent.

St. Louis war Teil der geografisch weit verstreuten nationalen Bemühungen zum Bau der Atombombe. Die Mallinckrodt Chemical Co. war ein wichtiger Verarbeiter von Urankonzentrat in der Nähe der Innenstadt von St. Louis. Im Jahr 1946 kaufte die Regierung ein Grundstück in der Nähe des Flughafens und begann mit dem Abtransport von Atommüll aus der Mallinckrodt-Anlage. Mallinckrodt lagerte Fässer mit K-65, einem radioaktiven Rückstand, in verfallenden Stahlfässern auf dem Flughafen von St. Louis.

1966 ließ die Atomic Energy Commission (AEC) die Gebäude auf dem Flughafengelände von St. Louis abreißen und vergraben. Die Continental Mining & Milling Co transportierte den Abfall ins nahe gelegene Bridgeton. Radioaktive Fässer lagen außerhalb des Zauns. Die Lagerung erfolgte so willkürlich, dass sogar der Weg zum Gelände durch Lastwagen verseucht wurde, die zwischen 1966 und 1969 Abfälle auf ihren Transporten verteilten. An diesem Standort trocknete der Uranverarbeiter Cotter Corp. die Abfälle und transportierte sie zu seiner Anlage in Colorado. Der Standort blieb jahrzehntelang verseucht. 1973 holte die Cotter Corp. gefährliches ausgelaugtes Bariumsulfat vom Standort und deponierte es illegal auf der Deponie West Lake, ebenfalls in Bridgeton. Das Material enthielt Uranrückstände.

Sowohl der Flughafen von St. Louis als auch die Deponie in Bridgeton grenzen an den Coldwater Creek, der mitten durch die heute belebten Vorstadtviertel fließt. Tonnenweise flossen die Abfälle in den Coldwater Creek und verseuchten den oft überschwemmten Wasserlauf und die angrenzenden Gärten auf einer Länge von 14 Meilen, wie staatliche und bundesstaatliche Ermittler feststellten.

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Dawn Chapman, Mitbegründerin von Just Moms STL, einer gemeinnützigen Organisation zur Unterstützung von Gemeinden in der Nähe von kontaminierten Standorten in St. Louis, zeigte sich besorgt darüber, dass die EPA die Grenzen der Kontamination noch nicht ermittelt hatte. In Anbetracht der radioaktiven Abfälle und der anderen chemischen Verunreinigungen in der Deponie befürchtete sie, dass es sich um eine "höllisch böse Fahne" handeln könnte.

Sie wies darauf hin, dass die für den Standort verantwortlichen Parteien - der Eigentümer der Deponie, das Unternehmen, das die Abfälle abgelagert hat, und das US-Energieministerium - kurz vor dem Abschluss des Prozesses zur Planung der Sanierung des West Lake stehen. "Ich hätte wirklich gehofft, dass sie inzwischen die Grenze gefunden hätten", sagte sie.

Übersetzung mit https://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

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Demokratie | Gerechtigkeit | Jugend

Studie zu Gerechtigkeit:

Mehrheit der Jugendlichen sieht sich nicht in Politik repräsentiert

78 Prozent der Jugendlichen glauben laut einer Studie, dass sie keinen Einfluss auf die Regierung haben. Jeder Zweite zweifelt, ob die Politik Probleme lösen will.

Jugendliche in Deutschland fühlen sich machtlos und von der Politik ignoriert. Zu dieser Einschätzung kommt eine repräsentative Sozialstudie von der Universität Bielefeld. Demnach gibt es eine große Unzufriedenheit mit der Demokratie im Land.

Laut der Studie sind 51 Prozent der 1.230 befragten Jugendlichen unzufrieden damit, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert. 57 Prozent hätten zudem Zweifel, dass Politiker tatsächlich an Lösungen wichtiger gesellschaftlicher Problemen arbeiteten. 78 Prozent gaben an, das Gefühl zu haben, dass sie keinen Einfluss auf die Regierung hätten. 72 Prozent sind laut der Studie der Meinung, dass sich Politiker nicht über die Probleme der Jugendlichen kümmern.

"Besonders überraschend ist, dass die Kinder und Jugendlichen ein differenziertes Bild davon haben, wie eine gerechte Gesellschaft aussieht, diese Komponenten in ihrer Lebensrealität aber gar nicht unbedingt wahrnehmen", sagte Studienleiter Holger Ziegler von der Universität Bielefeld. Die Jugendlichen sehen laut Ziegler vor allem in der Förderung von Bildung, beim Thema Inklusion, in der Herstellung von Chancengleichheit sowie in der Hilfe und Unterstützung für alte und arme Menschen Handlungsbedarf.

[...]

Der sozioökonomische Status setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen, unter anderem aus dem Bildungsabschluss der Eltern sowie der Einschätzung der finanziellen Lage und der persönlichen Situation im gesellschaftlichen Vergleich. Dabei erleben 37 Prozent der Jugendlichen aus Haushalten mit niedrigerem Status laut der Studie Ungerechtigkeiten als Norm im Alltag. Das sind mehr als doppelt so viele wie bei den Jugendlichen aus Haushalten mit höherem Status, wo der Wert nur bei 14 Prozent liegt.

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PhotovoltaikSolarpaketMieterstrom

14 Millionen Haushalte könnten von Reformen profitieren

Einige Hemmnisse sorgen dafür, dass das Solarpotenzial auf deutschen Dächern kaum genutzt wird, meint das Institut der deutschen Wirtschaft. 

Auf deutschen Dächern schlummert ein großes ungenutztes Potenzial, um Solarenergie zu gewinnen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat errechnet, dass von den 19 Millionen Mieterhaushalten in Mehrfamilienhäusern bis zu 14,3 Millionen in 1,9 Millionen Gebäuden von Mieterstrom mit einem Potenzial von 43 TWh profitieren könnten. Das sei wesentlich mehr, als die Bundesregierung bisher geschätzt hatte. Allerdings gebe es einige Hemmnisse, die die Politik beseitigen müsse, schreibt das IW (PDF). Momentan fänden sich im Marktstammregister knapp 9000 Anlagen, die für Mieterstrom gemeldet seien. Gemeint ist Strom für Mieter oder auch Selbstnutzer in einem Mehrparteienhaus, einer Wohnanlage oder einem Wohnquartier, der in unmittelbarer räumlicher Nähe produziert und nicht über die öffentlichen Netze geleitet wird. 

Der Ausbau von Photovoltaik (PV) auf Dächern von Ein- und Zweifamilienhäusern, die meist von den Eigentümern selbst bewohnt werden, habe in den vergangenen Jahren an Dynamik gewonnen, insbesondere in Süddeutschland. Auf Mehrfamilienhäusern im Geschosswohnungsbau komme der Ausbau hingegen kaum voran. Das liege vor allem an divergierenden Eigentümer- und Mieterinteressen, die durch die jetzigen Regelungen des Mieterstroms kaum zusammengebracht werden könnten.

[...]

Die Vertragsfreiheit der Parteien in einem Mehrfamilienhaus sollte künftig auf der Widerspruchslösung basieren. Solche Reformen würden über das Solarpaket I hinausgehen, das Mitte Mai dieses Jahres in Kraft ging, erläutert das IW.

Auf das Solarpaket I baut ein Gesetzentwurf auf, der am kommenden Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Durch ihn soll der Einsatz von Steckersolargeräten (oder auch Balkonkraftwerken) erleichtert werden. Dabei geht es unter anderem darum, dass für die Installation von Steckersolargeräten oft ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nötig ist. Ebenfalls kann es bisher schwierig sein, die Zustimmung eines Vermieters für ein solches Vorhaben zu bekommen. Daher sollen Steckersolargeräte in den Katalog der privilegierten Maßnahmen aufgenommen werden.

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VermögenSuperreiche | Steuergerechtigkeit

Ausgesetzte Vermögenssteuer:

380 Milliarden Euro Schaden

Die Regierung unter Kohl setzte 1996 die Vermögenssteuer aus. Das Geld fehlt jetzt. Eine Wiedererhebung scheitert auch am Widerstand der FDP.

BERLIN taz | Während die Ampel-Koalition sich derzeit über den Haushalt für das nächste Jahr streitet, gäbe es eine Möglichkeit, Milliarden für notwendige Investitionen einzunehmen: die Wiedererhebung der Vermögenssteuer. Ihre Aussetzung im Jahr 1996 hat die öffentlichen Haushalte bisher 380 Milliarden Euro an Mindereinnahmen gekostet. Dies geht aus einer Studie hervor, die das Netzwerk Steuergerechtigkeit und die Nichtregierungsorganisation Oxfam am Dienstag veröffentlichten. Diese Summe entspricht rund 80 Prozent des Bundeshaushaltes für dieses Jahr.

„Anstatt im Bundeshaushalt zum Kahlschlag unter anderem bei der Entwicklungszusammenarbeit und bei Sozialausgaben anzusetzen, sollte die Bundesregierung die Besteuerung sehr hoher Vermögen endlich auf die Tagesordnung setzen“, erklärte der Oxfam-Experte für soziale Gerechtigkeit, Manuel Schmitt. So könnten die demokratiegefährdende Vermögenskonzentration verringert und dringend benötigte finanzielle Mittel für den sozialen Zusammenhalt und den Klimaschutz generiert werden – in Deutschland und weltweit.

Schließlich weist Deutschland laut dem Global Wealth Report 2023 der Schweizer Banken Credit Suisse und UBS von den vier großen Wirtschaftsmächten der EU vor Frankreich, Spanien und Italien die höchste Ungleichheit bei den Vermögen auf. So konnten die Superreichen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Vermögen zulegen. Die hundert Reichsten Deutschlands häuften seit dem Jahr 2001 rund 460 Milliarden Euro zusätzlich an.

Mit der Vermögenssteuer könnte die Politik dieser wachsenden Ungleichheit entgegenwirken. Doch 1996 monierte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil eine Ungleichbehandlung zwischen Immobilien und anderen Vermögen. Statt den Missstand zu beheben und Immobilen höher zu besteuern, setzte die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Helmut Kohl die Steuer damals aus ...

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FrankreichStromnetzEnergiemarkt

Wahl in Frankreich: Rechte wollen Deutschland den Strom-Stecker ziehen

Frankreichs Rechte wollen sich vom europäischen Stromnetz lossagen. Aktuell profitiert Frankreich davon. Das Ergebnis der Wahl am Sonntag könnte entscheidend sein.

Paris – Im Jahr 2023 war Deutschland noch ein großer Abnehmer von französischem Strom. Im Zeitraum von April bis Juni 2023 wurden etwa 18,5 Milliarden Kilowattstunden importiert – ein Rekordwert. Seit Jahren bezieht Frankreich viel Strom aus der Kernenergie. Ob diese Praxis fortgesetzt werden kann, hängt möglicherweise von den anstehenden Wahlen am Wochenende ab. Einige politische Gruppierungen plädieren für eine deutliche Abschottung.

„Frankreich muss aussteigen“ – Rechte fordern Rückzug aus Europas Energiemarkt

Die politische Rechte in Frankreich fordert, dass das Land auf Atomenergie, Wasserkraft und Erdgas setzt, statt auf Wasserstoff, Solar- und Windenergie. Darüber hinaus soll Frankreich sich von Europa isolieren. Eric Ciotti, der Vorsitzende der konservativen Partei Les Républicains (LR), erklärte in einem Interview mit France 2: „Frankreich muss aus dem europäischen Energiemarkt aussteigen, um wieder eine autonome Stromproduktion und günstigere Strompreise zu garantieren“.

Ciotti ist mit dieser Ansicht nicht allein. Jordan Bardella, der Spitzenkandidat der rechten Rassemblement National (RN), äußerte sich ähnlich. Er fordert eine Loslösung von den europäischen Strompreisregulierungen und einen „französischen Strompreis“, wie das Handelsblatt berichtete. Experten warnen jedoch, dass dies drastische Folgen für Frankreich und Europa haben könnte ...

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UkraineFriedenVerhandlungen

Umfragen:

Immer mehr Ukrainer wollen Kriegsende durch Diplomatie

Es gibt einen Stimmungswandel in der Ukraine. Die Menschen rücken ab von Selenskyjs Kriegszielen. Warum das für den Westen eine Chance sein könnte.

Neuere Umfragen stellen mehr und mehr infrage, dass die Ukrainer vereint hinter Selenskyjs Kurs stehen, den Krieg weiterzuführen. Danach will ein wachsender Anteil der ukrainischen Bevölkerung Verhandlungen – heute sind es, je nach Befragung, rund die Hälfte bis Zweidrittel der Ukrainer.

Zunehmende Skepsis

Gleichzeitig ist ein Rückgang bei der Zustimmung zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu beobachten. Auch das deutet auf einen Stimmungswandel in der Ukraine hin.

Auf dem Schweizer Friedensgipfel bekräftige Selenskyj die maximalistischen Ziele der Ukraine, während er immer wieder klarmacht, dass man weiterkämpfen werde, egal, wie hoch die Kosten dafür sind. Das Ziel sei, die Grenzen, wie sie zur Zeit der Unabhängigkeit von 1991 bestanden haben, wiederherzustellen.

Doch in der Ukraine ist seit fast zwei Jahren Krieg die Skepsis gewachsen, ob das der einzige und richtige Weg ist. Im September 2022, nach den Erfolgen auf dem Schlachtfeld für die ukrainische Armee, sagten 70 Prozent der Bevölkerung, dass man weiterkämpfen solle. Im Sommer 2023 waren es nur noch 60 Prozent.

Im Dezember letztes Jahr, nach den Misserfolgen der ukrainischen Offensive, fiel der Wert in einer Umfrage auf 48 Prozent gegenüber 44 Prozent, die dafür stimmten, dass man mit Russland verhandeln solle. Damit erhielt die Unterstützung fürs Weiterkämpfen nur noch eine relative, aber keine absolute Mehrheit mehr ...

 


1. Juli


 

SicherheitsbehördenRechtsextremismusGrundordnung

364 mutmaßliche Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden

Hunderte Mitarbeiter von Landes- und Bundesbehörden verstießen in zurückliegenden Jahren gegen die demokratische Grundordnung. Oft geht es um Rechtsextremismus im Netz.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat sich innerhalb von eineinhalb Jahren mit 739 Fällen beschäftigt, in denen es Hinweise auf mögliche rechtsextremistische Einstellungen und Aktivitäten in Sicherheitsbehörden gab. In rund jedem zweiten Fall (49 Prozent) seien tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gefunden worden, stellt der Verfassungsschutz in seinem aktuellen Lagebericht zu Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden fest.

"Es sind gemessen an mehr als 384.000 Beschäftigten allein im Bund wenige Fälle", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Trotzdem sei es wichtig, dass hier genau hingeschaut werde.

[...]

Das Bundesinnenministerium weist allerdings darauf hin, dass es sich sowohl bei den Verdachtsfällen als auch bei den Fällen, in denen sich tatsächliche Anhaltspunkte fanden, jeweils zu mehr als der Hälfte um Fälle handelt, die bereits im zurückliegenden Lagebericht ausgewiesen wurden. Grund dafür sei die bislang oft lange Dauer der Disziplinar- und arbeitsrechtlichen Verfahren. Für den Bund könnten diese durch die am 1. April in Kraft getretene Reform des Bundesdisziplinargesetzes beschleunigt werden. 

Der Bericht betrachtet den Zeitraum vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2022.
 

IMHO

364 Rechtsextremisten bei 384.000 Beschäftigten allein auf Bundesebene, das ist weniger als 1 Promille. Rechnen wir die Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden der Bundesländer hinzu (?), könnte mensch meinen, wir hätten, wenn überhaupt, nur ein Miniproblem.

Dies widerspricht jedoch den Ergebnissen der "Mitte-Studie" der Friedrch Ebert Stiftung von 2023, die von 8 % potenziellen Rechtsextremisten in der Bevölkerung ausgeht.

21. September 2023 - Studie zu Einstellungen in Deutschland: 

Acht Prozent teilen rechtsextremes Weltbild

Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Verharmlosung von Naziverbrechen: Immer mehr Deutsche teilen laut einer Studie rechtsextreme Einstellungen. Demnach hat sich ihr Anteil im Vergleich zu den Vorjahren praktisch verdreifacht. 

[...]

In der Erhebung befürworten mehr als sechs Prozent eine Diktatur mit einer einzigen starken Partei und einem Führer für Deutschland. 16 Prozent sind negativ gegenüber "Ausländern" eingestellt. Rund ein Drittel der Befragten - 34 Prozent - meint zudem, Geflüchtete kämen nur nach Deutschland, um das Sozialsystem auszunutzen ...

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EnergiewendeSchiedsgerichtJustitia

Investoren-Klagen

Geheimtribunale greifen immer häufiger Klimapolitik an

Private ISDS-Schiedsgerichte erlauben es fossilen Konzernen und ihren Investoren, die Energiewende-Maßnahmen ganzer Staaten auszuhebeln. Eine neue Datenbank hat jetzt aufgedeckt, wie groß das Problem ist.

Am 20. Oktober letzten Jahres begann ein kleines Schweizer Energieunternehmen einen Rechtsstreit, der weltweite Auswirkungen haben könnte. Die Azienda Elettrica Ticinese (AET) reichte Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor einem privaten Schiedsgericht ein, um den deutschen Kohleausstieg bis 2038 anzufechten. 

Das Unternehmen fordert eine "Entschädigung" für die Ende 2018 erfolgte Schließung des Trianel-Kohlekraftwerks im westfälischen Lünen, an dem AET beteiligt ist.

Obwohl AET nur einen kleinen Anteil an dem Kraftwerk hält und die mögliche Entschädigungssumme daher nicht sehr hoch ausfallen dürfte, könnte das Verfahren einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Anteilseigner weltweit könnten Entschädigungen für die Schließung ihrer Kohlekraftwerke fordern und so die dringend nötige Abkehr von fossilen Brennstoffen behindern.

Bedrohung für die Demokratie

AET nutzt für seine Klage den wenig bekannten Mechanismus der Investor-Staat-Streitbeilegung, englisch ISDS. Dieser wurde speziell entwickelt, um Investoren zu ermöglichen, nationale Gerichte zu umgehen.

Der Energiecharta-Vertrag – ein internationales Investitionsschutzabkommen mit fast 50 Mitgliedsstaaten – ist einer der internationalen Verträge, der Investoren den Zugang zu privaten Schiedsgerichten ermöglicht.

Daneben gibt es etwa 2.500 weitere Investitionsschutzabkommen, die ebenfalls Klagerechte enthalten. Allein Deutschland ist Teil von 114 dieser Abkommen, der überwiegende Teil davon mit Ländern des globalen Südens.

Die bei ISDS zum Einsatz kommenden Schiedsgerichte bestehen aus jeweils drei "Schiedsrichtern" – oft private Anwälte, die teilweise vom klagenden Unternehmen selbst ausgewählt werden. Diese entscheiden losgelöst von nationalen Gesetzen oder Verfassungen über die Investorenklagen.

Gegenüber nationalen Gerichten bevorzugen Unternehmen häufig die Schiedsgerichte, da sie dort bessere Chancen haben, Fälle zu gewinnen, höhere Entschädigungen zugesprochen bekommen und der kritischen Öffentlichkeit entgehen können. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz bezeichnet ISDS treffend als "rechtlichen Terrorismus" und prangert die nachteiligen Auswirkungen auf die Demokratie und die Regierungsmöglichkeiten von Staaten an ...

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FrankreichKandidatenStichwahl

Wahl in Frankreich:

Linke und Liberale kündigen taktische Rückzüge ihrer Kandidaten an

Die extreme Rechte greift nach der absoluten Mehrheit im französischen Parlament. Um das zu verhindern, wollen sich andere Lager für die Stichwahl in einigen Wahlkreisen zurückziehen – zugunsten aussichtsreicherer Bewerber. 

Der rechtsextreme Rassemblement National (RN) hat die erste Runde der französischen Parlamentswahl zwar gewonnen, doch ob die Partei von Marine Le Pen die erhoffte absolute Mehrheit bekommt, ist noch längst nicht sicher. Bei den Stichwahlen am kommenden Sonntag könnte es vielerorts taktische Wahlentscheidungen geben.

Sowohl aus dem zweitplatzierten Linksbündnis als auch aus dem liberalen Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron hieß es: Man werde in den Wahlkreisen, in denen man auf dem dritten Platz gelandet sei, zugunsten der Kandidatinnen und Kandidaten zurücktreten, die den RN besiegen könnten.

„Unsere Richtlinie ist einfach und klar: keine einzige Stimme mehr für den Rassemblement National“, sagte Linken-Führer Jean-Luc Mélenchon. Macron forderte per Pressemitteilung, in der zweiten Wahl nur Kandidaten zu unterstützen, die „klar republikanisch und demokratisch“ sind.

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Während die Anhänger des RN auf den Machtwechsel hoffen, fürchten sich viele Franzosen vor einer Machtübernahme der Rechtsnationalen. Am Sonntagabend demonstrierten Tausende Menschen in Paris und etlichen anderen großen Städten gegen die extreme Rechte. Kundgebungen und Protestmärsche gab es beispielsweise auch in Nantes, Dijon, Lille und Marseille. In Frankreichs drittgrößter Stadt Lyon gab es nach Medienberichten Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei. Barrikaden wurden errichtet und Beamte mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Auch einige Schaufenster gingen zu Bruch.

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VerkehrswendeFördergeld von der Straße zur Schiene

Debatte über Geld für die Bahn:

Teures Ticket oder Straßen sparen

Woher soll Geld für die Schiene kommen? Aus einem verteuerten Deutschlandticket, meint Finanzminister Lindner. Umweltverbände haben eine andere Idee.

BERLIN taz/dpa | Wie lange können die Menschen in Deutschland noch für 49 Euro im Monat durchs Land fahren? Die Frage steht schon seit einiger Zeit im Raum: Dass das sogenannte Deutschlandticket im kommenden Jahr teurer wird, gilt als wahrscheinlich. Jetzt hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Debatte angesichts dringender Bahn-Investitionen neu angefacht. Umweltverbände machen währenddessen einen eigenen Vorschlag dafür, wie sich die Finanzprobleme im Verkehrssektor lösen ließen.

„Irgendwann muss die Politik entscheiden, ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll“, sagte Lindner der Welt am Sonntag. Der Bund ringt aktuell um den Haushalt für 2025. Mehrmals schlug der Finanzminister vor, Sozialausgaben einzusparen – auch das 49-Euro-Ticket wird aus dem Sozialetat finanziert.

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20 Milliarden Euro liegen auf der Straße

Rund 20 Milliarden Euro könnte das Bundesverkehrsministerium hingegen sparen, wenn es Straßenneubauprojekte auf Eis legen würde. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), die der BUND, die Gewerkschaft Verdi, die Klima-Allianz Deutschland und der ACE Auto Club Europa in Auftrag gegeben haben.

Der Bundesverkehrswegeplan 2030 sehe 850 Kilometer neue Autobahnen vor und rechne dafür mit Kosten, die nicht mehr aktuell seien – die Projekte kosteten über 40 Prozent mehr als das, was bisher für sie veranschlagt wurde.

„Die Bundesregierung muss endlich den Fokus weg von klimaschädlichen und teuren Autobahnneubauprojekten legen“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle, „hin zum notwendigen, naturverträglichen Ausbau der Schiene“.

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EnergiewendeErneuerbareStromproduktion

Erneuerbare decken fast 60 Prozent des Stromverbrauchs

Deutschland hat im ersten Halbjahr so viel Strom aus erneuerbaren Quellen produziert wie noch nie. Vor allem Fotovoltaikanlagen verzeichneten Höchstwerte.

Der Anteil erneuerbarer Energie am Stromverbrauch in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Das geht aus Hochrechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervor.

Demnach lag der Anteil von Strom aus erneuerbarer Energie im ersten Halbjahr 2024 bei rund 58 Prozent – nach 52 Prozent im Vorjahreszeitraum. Seit April hätten die Erneuerbaren monatlich sogar einen Anteil von 59 Prozent gehabt.

"Insbesondere Photovoltaikanlagen produzierten mit insgesamt 37 Milliarden Kilowattstunden deutlich mehr Strom als im Vorjahr – auch dank des Rekordzubaus im Jahr 2023", schrieb der Energiewirtschaftsverband. Von den 58 Prozent entfielen demnach 24 Prozentpunkte auf Winderzeugung an Land, 14 Prozentpunkte auf Fotovoltaik, neun Prozentpunkte auf Biomasse, fünf Punkte auf Wasserkraft, fünf Punkte auf Windenergie auf See sowie ein Punkt auf die Stromerzeugung aus Siedlungsabfällen.

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Der Rekord zeige, dass eine sichere und treibhausgasneutrale Stromversorgung auf der Basis von nahezu 100 Prozent erneuerbarer Energie inklusive Wasserstoff bis 2035 erreichbar sei, sagte ZSW-Vorstand Frithjof Staiß. Dies biete ein stabiles Fundament für die Industrie auf ihrem Weg zur klimaneutralen Produktion ...

 


30. Juni


 

DemokratieProtestParteitag

So ging der AfD Parteitag in Essen nach hinten los

Eigentlich wollte die AfD auf ihrem Parteitag in Essen nach den Skandal-geplagten EU-Wahlen nochmal Selbstbewusstsein tanken vor den wichtigen Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Aber das ging durchaus nach hinten los. Wegen dem, was auf und um den Parteitag herum geschah.

Ein gigantischer Protest, peinliche Reden und eine Stärkung des gesicherten rechtsextremen Flügels dürften zwar leider naive und unkritische AfD-Kern-Wähler nicht davon abbringen, die Partei weiter zu wählen. Dieser Personenkreis ist so indoktriniert, dass er sich gegenüber sachlichen Argumenten sowieso hermetisch abgeriegelt hat. „Kritisches Hinterfragen“ gilt dort als illoyal und Zeichen, dass man nicht dazugehört. Für den Rest von uns und auch für AfD-Wähler, die das kritische Denken noch nicht völlig abgegeben haben, gab es auf dem Parteitag allerdings durchaus Gründe für starke Zweifel am Kurs der AfD, auch wenn sie sich fast ungewohnt harmonisch präsentiert hat.

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Falls sich jemand gefragt hat, warum es ein wichtiges Zeichen war, dass so unglaublich viele Menschen gegen den Parteitag der Rechtsextremisten demonstriert hat: Deshalb. Diese Partei ist auf dem besten Weg dahin, unsere Demokratie abzuschaffen. Sie nehmen an Treffen teil, an dem auch besprochen wird, auch deutsche Staatsbürger auch mit anderen politischen Meinungen zu deportieren. Sie fordern die Inhaftierung der anderen Politiker. Und sie beißen Leute, die friedlich gegen sie demonstrieren ...

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FrankreichMacronRassemblement National

Rechtsradikale in Umfragen vorn

Höchste Wahlbeteiligung in Frankreich seit Jahrzehnten

Frankreichs Staatschef Macron hat seine Stimme abgegeben – und mit ihm zahlreiche Landsleute: Bei der vorgezogenen Parlamentswahl ist die Lust auf den Urnengang offenbar höher als seit Langem. Es geht um viel.

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich lag die Wahlbeteiligung bis Sonntagnachmittag offenbar deutlich höher als bei früheren Urnengängen.

Wie das Innenministerium mitteilte, gaben bis 17 Uhr knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das sind knapp 20 Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt bei der vorangegangenen Parlamentswahl vor zwei Jahren.

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Frankreichs Staatschef Macron hatte die Neuwahl überraschend nach der Wahlschlappe des Regierungslagers bei der Europawahl Anfang Juni ausgerufen. Seine Hoffnung, die Franzosen würden bei einer nationalen Wahl anders abstimmen als bei dem EU-weiten Urnengang, scheint sich den Umfragen zufolge nicht zu bestätigen. Sie sahen Macrons Kräfte in der ersten von zwei Wahlrunden am Sonntag nur auf Platz drei. Auf Platz eins lagen demnach die Rechtspopulisten des RN gefolgt vom Linksbündnis.

Die Nationalversammlung ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der Gesetzgebung beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen. Sollte ein anderer Block als Macrons Lager der Mitte die absolute Mehrheit erlangen, wäre Macron daher de facto gezwungen, einen Premierminister aus dessen Reihen zu ernennen, etwa den 28 Jahre alten Parteichef des RN, Jordan Bardella. Dies wiederum könnte der früheren RN-Parteichefin Marine Le Pen den Weg ebnen, 2027 Präsidentin zu werden.

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AktenInformationsfreiheitJustitia

EGMR: Rechtsprechung für die Vertuscher von Folter und Völkermord

Keine Einsicht in Akten des BND und des Verfassungsschutzes über ihre Zusammenarbeit mit den südamerikanischen Militärdiktaturen (2. Teil).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat eine ganze Reihe von Beschwerden abgewiesen, die von der Journalistin Gaby Weber eingereicht worden waren. Es geht um die Informationsfreiheit, konkret um fünf Fälle: Um die Akten des Nazi-Juristen und Adenauers Staatssekretär Hans Globke, um die Mauscheleien der Ebert-Stiftung (Teil 1: EGMR: Rechtsprechung und NS-Nazi-Kontinuität), um die Unterlagen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes (BND) über ihre Kollaboration mit den Militärdiktaturen Chiles und Argentiniens. Über die Entscheidung bezüglich der Akten von Altkanzler Kohl im Keller seiner Witwe geht es morgen. Alle wurden von einem Einzelrichter ohne Begründung abgelehnt.

Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert das „Recht auf Leben“, Artikel 3 verbietet die Folter. Und alle wissen, dass Presseberichte das wichtigste Instrument gegen menschenunwürdige Behandlung und gegen Straflosigkeit sind. Am Anfang jeder Ermittlung steht die Information. Es waren die schockierenden Fotos aus den Folterzentren, die eine internationale Rechtsprechung in Gang gesetzt und zur Einrichtung von Menschenrechtsgerichtshöfen geführt hatten. Doch die dort tätigen Richter sehen ihre Aufgabe nicht in der Verhinderung dieser Verbrechen gegen die Menschheit; sie wollen den Regierungen unangenehme, innenpolitische Diskussionen ersparen.

So verwarf der EGMR gleich zwei Beschwerden, bei der es um die enge Zusammenarbeit von deutschen Geheimdiensten mit südamerikanischen Folterern geht, beide nach langen Rechtswegen vor unwilligen deutschen Verwaltungs- und Verfassungsgerichten im Jahr 2020 in Straßburg eingebracht. Die Ablehnung erfolgte, wie in den anderen Fällen, ohne Begründung.

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Die Rechtsprechung der „Alten Welt“ passt sich den Bedürfnissen seiner Mitgliedsländer an. Es geht nicht nur um die Unterstützung von südamerikanischen Folterregimen und, wie bei Globke, um die Kontinuität der Nazi-Juristen unter Adenauer. Auch das Kapitel Kolonialismus soll verschwiegen und mit amtlichen Dokumenten befeuert werden.

Frankreich etwa hat ein neues Informationsfreiheitsgesetz mit zahlreichen Ausnahmen für den Komplex Algerien. In der Mitterand-Stiftung lagern die Akten des früheren Präsidenten, und die Franzosen scheinen das hinzunehmen. Spanien feiert den Völkermord vor über 500 Jahren bis heute als eine „Begegnung zweier Kulturen“, und seine Archive sind bei der Aufarbeitung der Konquista wenig hilfreich.

In Deutschland liegen Informationen zum Thema Sklavenhandel und Finanzierung der Eroberung der „Neuen Welt“ nicht im Koblenzer Bundesarchiv, sondern bei der privaten Fugger-Stiftung und ebenfalls privaten, also nicht zugänglichen Handelsgesellschaften. Bei der Deutschen Bank liegen die Akten über das Wiedergutmachungsabkommen und das Londoner Schuldenabkommen, beide von 1952. Dies Alles sind keine Peanuts für die Geschichtsschreibung. Doch die Akten sind privatisiert, nicht öffentlich und von den Banken kontrolliert. Mit Demokratie und einer freien Gesellschaft hat das nichts zu tun.

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KircheStaatsgeldEnteignung

Kirche und Staat:

Länder-Widerstand gegen Ablösung von Kirchenzahlungen

In den Bundesländern regt sich verstärkt Widerstand gegen die Pläne der Ampel-Regierung, Staatsleistungen an die Kirchen in Deutschland durch Zahlung eines Milliardenbetrags abzulösen. Das ergibt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

«Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich in der Vergangenheit mit dem Vorhaben befasst und steht ihm kritisch gegenüber», heißt es beispielsweise aus Brandenburg. «Bislang ist kein für alle Beteiligten konsensfähiges Ablöse-Modell bekannt», teilt ein Sprecher des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg mit.

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Die Kirchen in Deutschland bekommen die Staatsleistungen für die Enteignung deutscher Kirchen und Klöster Anfang des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Säkularisierung. Außer Hamburg und Bremen zahlen deshalb alle Bundesländer eine jährliche Summe an die katholische und die evangelische Kirche. Das ist über jeweilige Verträge - wie beispielsweise das bayerische Konkordat - geregelt. Zuletzt waren es bundesweit insgesamt rund 550 Millionen Euro pro Jahr.

Die Ampel-Regierung will die Kirchen nun auszahlen und Kirche und Staat so entflechten. Auch die Oppositions-Fraktionen im Bundestag, Union und AfD, sprechen sich in seltener Einmütigkeit dafür aus.

Aufbringen müssten wohl die Länder die Summe. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte erst kürzlich gefordert, die Diskussion um die Staatsleistungen komplett zu beenden. Er wolle, «dass das endgültig auf Eis gelegt wird», so Söder. Das sähen auch die meisten seiner Ministerpräsidentenkollegen so.

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Verfassungsschutz | Terrorismus und verdeckte Operationen | Gladio

Verborgene Netzwerke und alte Seilschaften: Deutschlands Kampf um Souveränität

NS-Kader wurden nach 1945 in Sicherheitsbehörden aktiv. Das hatte weitreichende Konsequenzen. Und es wirkt bis heute nach.

Ähnlich sah es beim Verfassungsschutz und BKA aus. Beide Institutionen wurden vom früheren SS-Mann und CIA Agenten Paul Dickopf federführend mitorganisiert und rekrutierten wie der BND im großen Stil Altnazis. Dickopf selbst machte Karriere und stieg 1965 zum Präsidenten des BKA auf. Die Stadt Meckenheim benannte sogar eine Straße nach ihm.

Der Verfassungsschutz wurde seinerseits ab 1955 17 Jahre lang von Hubert Schrübbers geleitet, der 1972 sein Amt aufgrund seiner NS-Vergangenheit niederlegen musste. Die gezielte Auswahl von vormaligem NS-Personal für sicherheitspolitische Führungspositionen stellte sicher, dass die Kommunistenverfolgung in der jungen Bundesrepublik nahtlos weitergehen konnte. Ein Umstand, den selbst Historiker als bittere "Ironie der Geschichte" bezeichnen.

Die starke Vorbelastung des Verfassungsschutzes hatte dieselben antidemokratischen Konsequenzen wie beim BND. Sie führte zu einer langen Liste von Skandalen: Bespitzlung von Gewerkschaften, Finanzierung und Zusammenarbeit mit der deutschen Neonazi-Szene, Behinderung von Ermittlungsverfahren und False Flag Terrorismus auf deutschem Boden.

Wie beim BND erweckt der Verfassungsschutz bis heute den Eindruck, dass er außerhalb rechtsstaatlicher Kontrolle agiert und er gilt in juristischen Kreisen als "Extremfall rechtsstaatswidrigen Verhaltens". Und auch beim Verfassungsschutz ist die enge Zusammenarbeit mit der CIA nie abgerissen ...

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INES Kategorie ?30. Juni 1983 (INES ? Klass.?) Akw Embalse, ARG

Wikipedia de

Kernkraftwerk Embalse

Im Kernkraftwerk ereignete sich am 30. Juni 1983 ein schwerer Störfall (Überhitzung des Kühlkreislaufs), der jedoch von Mitarbeitern unter Kontrolle gebracht werden konnte. 1986 kam es zu einem weiteren Störfall, als Schweres Wasser aus dem Kraftwerk trat. Beide Vorfälle wurden von den Verantwortlichen lange Zeit geheim gehalten, nur die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) wurde informiert. Eine INES-Einstufung konnten die Betreiber offensichtlich verhindern. Nur durch Nachforschungen gelang es den Medien, den Störfall an die Öffentlichkeit zu bringen.

Bis 2007 ereigneten sich insgesamt zehn Störfälle im Akw Embalse ...
 

AtomkraftwerkePlag

Embalse (Argentinien)

Verhinderter GAU 1983 und andere Störfälle

Am 30. Juni 1983 ereignete sich ein Störfall, den die Verantwortlichen vor der Öffentlichkeit verschwiegen: Laut "Spiegel" brach nach einem Versagen mehrerer Pumpen und aufgrund von Bedienfehlern der Sekundärkreislauf zusammen, das Wasser erhitzte sich immer weiter, radioaktiver Dampf und heißes Wasser schossen aus einem defekten Hilfsventil heraus. Nach mehr als drei Stunden konnten alle Ventile mit improvisierten Maßnahmen geschlossen werden, ein GAU wurde gerade noch verhindert ...
 

Spiegel 17/1987

»Mir läuft der kalte Schauer über den Rücken«

SPIEGEL-Report über verheimlichte KKW-Störfälle in aller Welt

Haarscharf schlitterte die Menschheit schon mehrmals an der Katastrophe vorbei. Das enthüllen 48 Störfallberichte, die von der Wiener Internationalen Atomenergie-Organisation verheimlicht wurden: Pannen oft absonderlichster, profanster Art von den Vereinigten Staaten und Argentinien bis Bulgarien und Pakistan ...

 


Aktuelles+ Hintergrundwissen

 

Aktuelles+

 

Steuerzahler, Abgeordnete und fleißige Berufspolitiker

Die unerträgliche Faulheit der anderen

Je länger manche Politiker von Steuergeldern leben, desto aggressiver fordern sie andere zu mehr Fleiß auf, zum Beispiel Christian Lindner, Markus Söder und Jens Spahn. Woran liegt das?

Bei Christian Lindner liegt die Zeit, in der er so etwas wie einer wirtschaftlichen Erwerbsarbeit im engeren Sinne nachgegangen ist, ziemlich lang zurück. Lindner wurde mit 21 Jahren Abgeordneter, lebt seitdem also von Steuergeldern. Und gelegentlichen Honoraren, etwa von Banken.

Kurz vor seiner Wahl zum Abgeordneten war er vorübergehend Geschäftsführer einer von ihm selbst mitgegründeten Firma für die »Entwicklung und das Design komplexer Software-Lösungen, insbesondere für die mobile Kommunikation«. Die entließ ihn zuerst und ging dann pleite. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die deutsche Förderbank also, die im Auftrag des Bundes und der Länder agiert, verlor dabei 1,2 Millionen Euro.

Das mutet dann doch seltsam an

Markus Söder wiederum ging im Jahr 1994 zum letzten Mal einer geregelten Erwerbsarbeit nach, er arbeitete als Redakteur beim Bayerischen Rundfunk, wenn auch nur für etwa ein Jahr. Seit dreißig Jahren ist Söder Berufspolitiker.

Daran ist nichts Verwerfliches, irgendjemand muss den durchaus nicht ausschließlich attraktiven Job »Abgeordneter« ja machen. Und natürlich müssen gewählte Volksvertreterinnen und -vertreter von ihrem Einkommen leben können und im Idealfall genug verdienen, um nicht allzu anfällig für Bestechung zu sein. Ich persönlich habe schon von Berufs wegen nichts gegen steuerfinanzierte Anstellungen. Es gibt Aufgaben, die muss der Staat eben übernehmen.

Dass aber Menschen, die zum Bruttoinlandsprodukt in ihrem ganzen Leben praktisch nichts beigetragen haben, als Steuergelder zu beziehen und auszugeben, ihren eigenen Arbeitgebern – den Steuerzahlern – ständig erklären, dass sie gefälligst mehr arbeiten sollen, dem Gemeinwohl zuliebe, mutet doch etwas seltsam an.

»Wir müssen wieder mehr arbeiten«, sagt Markus Söder immer wieder. Mit »wir« meint er in Wirklichkeit: »ihr«. 2023 monierte die bayerische SPD, Söder bekomme Tausende Euro »fürs Blaumachen«, weil er bei nur 5 von 30 Landtagssitzungen anwesend gewesen war. Zur Erinnerung: Söder ist in Bayern Ministerpräsident. 

Lindner sieht ein »Defizit«

Auch Christian Lindner wiederholt permanent, dass die Deutschen zu faul seien: Es existiere ein »Defizit an geleisteten Arbeitsstunden im Jahr«, die Deutschen sollten mehr arbeiten, und zwar zum Wohle der Nation : »Wenn Menschen arbeiten oder mehr arbeiten, zahlen sie schließlich höhere Steuern und Sozialabgaben und beziehen weniger soziale Transfers.«

Der Parteivorsitzende der sogenannten Liberalen fordert von deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern also, gefälligst mehr zu arbeiten, damit sie anschließend mehr Steuern zahlen können. Gleichzeitig verweigert die FDP jede Art von Steuererhöhungen etwa für sehr reiche Menschen, die primär von Kapitalerträgen leben, höhere Erbschaftssteuern und so weiter. Das Vermögen von Menschen, die nicht arbeiten, ist der FDP heilig.

Manchmal tragen die Risiken auch andere

Dabei könnte der Staat mit ein paar Änderungen, die nur »Hochvermögende« beträfen, seine Einnahmen um 100 Milliarden Euro steigern, sagt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Pro Jahr stehlen Umsatzsteuerbetrüger zudem geschätzte 20 Milliarden Euro aus der Staatskasse. Es wäre Lindners Job, das zu unterbinden – passiert ist leider nichts. Dazu kommen Einbußen durch Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, manche Fachleute gehen von 50 Milliarden Euro pro Jahr aus, andere von 125 Milliarden. Appelle gegen Steuerhinterziehung liest man vom Finanzminister aber weit seltener als Beschwerden über die vermeintliche Faulheit der Deutschen.

Dieser hier ist von dieser Woche: »Wertschöpfung und Wachstum kommen von Arbeit, Leistungsbereitschaft und der Bereitschaft, unternehmerische Risiken zu tragen.« Manchmal tragen die Risiken auch andere, zum Beispiel die KfW.

Mutmaßlich Milliarden verschwendet

Auch der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn ist sehr unzufrieden mit dem Fleiß seiner Arbeitgeber. Kürzlich verkündete er, Helmut Kohl habe in den Neunzigern ja mal vom »Freizeitpark Deutschland« gesprochen, um dann zu ergänzen: »Wenn ich mich umschaue, halte ich den Begriff zur Beschreibung unserer Probleme nicht für komplett abwegig.« In den Neunziger entstand übrigens auch der Begriff »Politikverdrossenheit«.

Jens Spahn ist in seinem Leben genau ein Jahr einer nicht steuerfinanzierten Beschäftigung nachgegangen, nämlich von 2001 bis 2002. Seit 2002, damals war er 22 Jahre alt, lebt auch er von Steuergeldern (und gelegentlichen Immobiliengeschäften). Mutmaßlich hat er auch noch mehrere Milliarden Steuergeld durch sehr dubiose Deals mit FFP2-Masken während der Pandemie verschwendet. Als Steuerzahler wünscht man sich ja doch eher, dass Minister lieber ihre Arbeit ordentlich machen, als andere ständig zum Arbeiten anzuhalten.

Seltsam sozialistisch, gar nicht liberal

Auch Arbeitgeberverbände finden, dass die Leute, die nicht das Kapital, sondern die Arbeit haben, sich gefälligst mehr anstrengen sollen. Auch Michael Hüther vom arbeitgeberfinanzierten Institut der deutschen Wirtschaft klagt über den »unrealistischen Traum der Viertagewoche«. Die Industrie- und Handelskammer beklagt, dass viele Stellen gar nicht mehr besetzt werden könnten, die Leute deshalb mehr arbeiten sollten.

All das ist ein bisschen seltsam. Der Deal »weniger Geld und dafür mehr Freizeit« ist ja nun eine wirklich individuelle Entscheidung. Die fortwährenden Appelle, im Dienste der Allgemeinheit bitteschön mehr Zeit am Arbeitsplatz zu verbringen, erinnern ein bisschen an sozialistische Staaten: Da arbeiten ja gewissermaßen alle für alle, also sollen sich bitteschön auch alle gleichermaßen anstrengen.

»Liberal« ist an dieser Haltung dagegen rein gar nichts, denn sie stellt ja die Bedürfnisse der Volkswirtschaft über die des Individuums. Mehr noch: Sie stellt individuelle Entscheidungen als gemeinwohlschädlich infrage.

Die Deutschen sind keineswegs faul

Dazu kommt: Das Narrativ von den vermeintlich faulen Deutschen ist empirisch betrachtet falsch. Um die Fachleute vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zu zitieren: »So gab es seit der Wiedervereinigung mit knapp 46 Millionen nie mehr Menschen in Arbeit in Deutschland als heute. Und auch das Arbeitsvolumen der Beschäftigten, also die insgesamt geleisteten Arbeitsstunden pro Jahr, haben 2023 ein Rekordhoch erreicht.« 

Lindners Forderung, Überstunden, also Mehrarbeit, steuerlich zu begünstigen, findet das DIW weltfremd, denn: »Basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes bekommen nur 18 Prozent der Beschäftigten, die in Deutschland Überstunden leisten, diese bezahlt.« In Deutschland schuften Arbeitnehmer also unentgeltlich mehr, als sie müssten, während reiche Menschen ihr Geld steuerfrei auf den Kaimaninseln oder in Panama parken.

Das dunkle Geheimnis hinter dem Gejammer

Die Forderung nach einer Steuerbefreiung für Überstunden sei aus einer Vielzahl von Gründen »unsinnig bis kontraproduktiv«, so das DIW. Stattdessen solle man Kinderbetreuung ausbauen und Migrantinnen und Migranten besser in den Arbeitsmarkt integrieren.

Fakt: Deutschland überaltert, wie nahezu alle Industrienationen. Immer weniger junge Menschen müssen immer mehr Rentnerinnen und Rentner finanzieren. Zur Belohnung werden sie jetzt von Berufspolitikern angepflaumt.

Lösen lässt sich das, weil eine Steigerung der Geburtenraten offenbar schwierig bis unmöglich ist, nur mit gezielter Zuwanderung. Das aber findet beispielsweise die Union bekanntlich nicht so toll. Als diese Woche – endlich – ein Gesetz beschlossen wurde, das Einbürgerungen von Menschen, die hier leben und arbeiten, erleichtert und beschleunigt, reagierte die CDU sehr ungehalten und sprach von »weitreichenden negativen Folgen«.

Die Union verweist dabei gern auf die »Ostdeutschen«, die für schnellere Einbürgerungen kein Verständnis hätten. Auch die Menschen in Ostdeutschland möchten aber vermutlich gern eine Rente bekommen, wenn es so weit ist. Und in Wahrheit begegnen sie ziemlich selten Menschen mit Migrationshintergrund – über 94 Prozent davon leben nämlich in Westdeutschland und Berlin. Wir haben es hier nicht mit Besorgnis zu tun, sondern mit Rassismus.

Weil aber CDU und FDP so intensiv damit beschäftigt sind, beim Thema Zuwanderung der AfD nach dem Mund zu reden, sie also vorrangig als Problem zu beschreiben, traut sich das mit der Rente niemand so richtig laut zu sagen. Und die ultrareichen Großspender mit den Offshore-Briefkastenfirmen will man natürlich auch nicht vergraulen, also steht Steuervermeidung offenbar nicht so arg weit oben auf der To-do-Liste.

Und so schlägt man lieber noch ein bisschen auf die vermeintlich faule Jugend von heute ein. Das kommt auch bei den Rentnerinnen und Rentnern gut an, deren Stimmen man bei der nächsten Wahl wieder sehr gern hätte. Nutzen wird es nichts.

 


Aktuelles+ Hintergrundwissen

 

Hintergrundwissen

Die Karte der nuklearen Welt

Es gibt viele Nutznießer in diesem kaputten System ...

 

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Die "Interne Suche"

Steuerzahler, Abgeordnete und fleißige Berufspolitiker

25. Juni 2024 - Das teure Ende des Kernkraftwerks THTR: Streit um immense Abrisskosten

21. Juni 2024 - Maskenhersteller fordern von Bund 2,3 Milliarden Euro für offene Corona-Bestellungen

27. Mai 2024 - Angezählt: Wieso Ursula von der Leyen ihren Job in Brüssel verlieren könnte

25. April 2024 - Bestechlichen Abgeordneten drohen härtere Strafen

2. November 2022 - Deutschland fördert fleißig fossile Energien im Ausland

2. Juni 2023 - Der Diogenes aus Osnabrück

 

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Die Suchmaschine Ecosia pflanzt Bäume!

https://www.ecosia.org/search?q=Steuerzahler

https://www.ecosia.org/search?q=Abgeordnete

https://www.ecosia.org/search?q=fleißige Berufspolitiker

 

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Sächsische Landeszentrale für politische Bildung

„Reden erzeugt Tatsachen“

Prof. Werner J. Patzelt ist Politikwissenschaftler an der TU Dresden. Der Politikexperte weiß, was welche Eigenschaften man mitbringen muss, um Politiker zu werden und wie da der Umgang mit der Wahrheit ist.

Wie wird man Politiker?

Man muss das wollen! Doch wenn man heutzutage zu einer Partei geht und jung ist, dann bleibt einem eine politische Laufbahn in der Regel nicht verwehrt. Aber man muss Politik auch können, und das heißt: Geduld haben, überzeugen, Mehrheiten organisieren können. Ohne Mehrheiten wird man nämlich nicht aufgestellt und setzt auch nichts durch. Das Dritte ist das Aushalten. Denn Politik besteht im Wesentlichen aus zeitaufwendigem Reden und Bereden, und obendrein gehört zur Politik, wenn man eine bestimmte Sichtbarkeit errungen hat, dass man angegriffen wird.

Gibt es wirklich eine Chance für jeden, Politiker zu werden? Oder werden die Posten nicht untereinander verteilt?

Jeder, der in die Politik geht, ist erst einmal ein klitzekleines Rad. Dieses klitzekleine Rad kann eigentlich jeder werden. Er soll dann aber nicht glauben, dass sich plötzlich die ganze Welt um dieses kleine Rad drehen wird. Man muss also bereit sein, erst einmal kleine Parteifunktionen zu übernehmen, in einen Gemeinde- oder Stadtrat zu gehen. Und man muss akzeptieren, dass das für die meisten die Grenze ist, was sie politisch bewerkstelligen können. Denn wer Abgeordneter, Ministerpräsident, Bundeskanzler werden will, der muss viele Jahre seines Lebens in dieses Ziel investieren und auf vieles Andere verzichten.

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Lügen Politiker oft? Geht das zum Job?

Nirgendwo haben Lügen kürzere Beine als in der Politik! Zwar ist es eine beliebte Formel, dass Politiker dauernd lügen. Doch wer an einer Stelle lügt, muss auch viele Anschlusslügen verwenden – und das hält auf Dauer keiner aus, ohne sich in Widersprüchen zu verheddern. Wichtig in der Politik ist aber, dass andere Leute einem vertrauen. Also ist in der Politik der Druck, nicht zu lügen, wesentlich höher als im normalen Alltagsleben.

Allerdings wird mit Lügen oft etwas ganz Anderes gleichgesetzt. Politiker müssen nämlich bedenken, dass ihre Aussagen Auswirkungen haben können. Man stelle sich vor: Unser Bundesfinanzminister sagt, er sei der Ansicht, dass in wenigen Tagen unser Finanzsystem zusammenbrechen könnte. Dann hat er zwar vielleicht die Wahrheit gesagt, aber fatale Folgen angerichtet, denn die Konsequenz wird unweigerlich eine Finanzkrise sein. Reden von Politikern können nämlich Tatsachen erzeugen – und das ist es, was man begreifen muss. Wenn ein Politiker also ein Ziel verfolgt, dann muss er dieses Ziel und seine Handlungsumstände so der Öffentlichkeit darstellen, dass keine Tatsachen geschaffen werden, die der Erreichung des Ziels im Wege stehen. Das ist sehr wohl ein „taktischer Umgang“ mit der Wahrheit. Doch das ist etwas ganz Anderes, als einfach zu lügen ...

 

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Parlamentwatch e.V.

21. April 2023 - Parteispenden - Listen veröffentlicht: Diese Konzerne füllten die Wahlkampf-Kassen der Parteien

Wer waren die Geldgeber der Parteien im Wahljahr 2021? Die Bundestagsverwaltung hat jetzt die Spendenlisten veröffentlicht – darauf findet sich das Who is Who der deutschen Wirtschaft. Die mit Abstand höchsten Spenden stammen allerdings von zwei Privatpersonen. 

Wer den Parteien Anfang 2021 eine Spende für den anstehenden Bundestagswahlkampf zukommen ließ, war bislang weitgehend unbekannt. Nun, mehr als zwei Jahre später, herrscht Klarheit über die Identität der Geldgeber.

In den vergangenen Tagen hat die Bundestagsverwaltung die Rechenschaftsberichte der im Bundestag vertretenen Parteien für das Jahr 2021 ins Internet gestellt. Dies geschah, wie so oft, still und leise und wurde von der Öffentlichkeit deshalb nicht wahrgenommen.

abgeordnetenwatch.de hat die Berichte ausgewertet. Sie belegen eine Schieflage, die es insbesondere bei Parteispenden aus der Wirtschaft gibt. So kassierte die CDU im Wahljahr 2021 fast genauso viel Geld von Unternehmen, Verbänden und anderen Organisationen ("juristische Personen") wie die übrigen Bundestagsparteien zusammen. Von den 29,9 Mio. Euro Spendenaufkommen aus der Wirtschaft bekamen die Christdemokraten 14,8 Mio. Euro, der Rest verteilte sich auf die übrigen Bundestagsparteien ...

 

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YouTube

https://www.youtube.com/results?search_query=Steuerzahler

https://www.youtube.com/results?search_query=Abgeordnete

https://www.youtube.com/results?search_query=fleißige Berufspolitiker
 

Wird in einem neuen Fenster geöffnet! - YouTube-Kanal "Reaktorpleite" Playlist - Radioaktivität weltweit ... - https://www.youtube.com/playlist?list=PLJI6AtdHGth3FZbWsyyMMoIw-mT1Psuc5Playlist - Radioaktivität weltweit ...

In dieser Playlist finden sich über 150 Videos zum Thema Atom*

 


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Newsletter XXVI 2024 - 23. bis 29. Juni

Zeitungsartikel 2024

 


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