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Nationales ABC-Einsatzkonzept - 6. -
6. Biologische Task Forces
Neben den Analytischen Task Forces (ATFs) für radiologische und toxische Einsätze plant man den Aufbau von Biologischen Task Forces (BTF) für Seuchenfälle. Bundesweit sollen vier Einheiten aufgestellt werden. Allerdings wurde bis heute noch nicht über einen Standort entschieden. Die Schutzkommission beim Bundesinnenministerium wies eindringlich auf die Dringlichkeit des „Forschungsvorhabens 167" hin:
„Anders als bei der Eindämmung konventioneller, atomarer oder chemischer Angriffe auf die Öffentlichkeit sind die Sicherheitsbehörden auf den terroristischen Einsatz biologischer Kampfstoffe nur unzureichend vorbereitet. Das hohe Gefahrenpotential derartiger Agenzien erfordert kurzfristige Entscheidungen mit weitreichenden Folgen für das öffentliche Leben (Quarantäne, Betriebsstilllegungen, Massenimpfungen). Gleichzeitig gestaltet sich die Erkennung von biologischen Kampfstoffen schwierig. Insbesondere die zeitliche Latenz, mit der Effekte von Biokampfstoffen sichtbar werden, macht eine direkte Verifizierung von Anschlägen unmöglich. Die bloße Ankündigung eines dann nicht durchgeführten Anschlages beziehungsweise die Simulation eines Anschlages mit harmlosem Material stellt nach den Erfahrungen vom Herbst 2001 (reihenweises Auftreten potenziell milzbrandsporenhaltiger Gegenstände) eine Standardsituation im Kontext des Bioterrorismus dar. Eine vorsorgliche Abriegelung betroffener Gebiete und die Isolierung einer Vielzahl potenziell betroffener Personen bringt dabei einen erheblichen ökonomischen und psychologischen Schaden mit sich und ist möglicherweise das primäre Ziel eines Angreifers. Sichere und schnelle Labortests, die eine sachgerechte Gefahrenbeurteilung ermöglichen, stehen derzeit erst im Zeitraum von Tagen an wenigen spezialisierten Einrichtungen (Robert-Koch Institut, Bernhard-Nocht Institut, verschiedene Universitätsinstitute) zur Verfügung. Die begrenzten Kapazitäten dieser Einrichtungen und die langen Transportzeiten für den Probenversand machen dabei das mehrfache Auftreten von Angriffsdrohungen an verschiedenen Orten (wie geschehen im Herbst 2001) zu einem nicht mehr zu bewältigenden öffentlichen Notstand. Die dezentrale Verfügbarkeit von Testmethoden, die denen der stationären Laboratorien weitgehend entsprechen und von diesen Laboratorien überwacht werden könnten, brächte eine wünschenswerte und erforderliche Kapazitätserweiterung mit sich." (24)
Gemäß der Planungen soll eine BTF verschiedene Aufgaben erfüllen:
- Identifikation und Detektion von biologischen Stoffen,
- Situationsbewertung,
- Einschätzung der Lageentwicklung,
- Beratung des örtlichen Einsatzleiters,
- Erarbeitung von Gegenmaßnahmen.
Je nach Situation könnte eine BTF nur telefonisch beraten, ein Erkundungsteam schicken oder in kompletter Stärke aufmarschieren. Wenn der Einsatzleiter vor Ort eine BTF anfordern möchte, würde er eine entsprechende Anfrage an das Lagezentrum des Bundesinnenministeriums in Berlin richten, das die Anfrage an das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum (GMLZ) des BBKs weiterleiten würde, das dann eine BTF alarmieren würde. Prof. Dr. Herbert Schmitz vom BNI erklärte zum Bedarf an „mobiler Diagnostik" 2004: „Wegen seiner hohen Mobilität sind naturgemäß nur wenige fahrbare Labors innerhalb Deutschlands erforderlich. Bereits mit zwei Standorten im Norden und Süden ließen sich alle Orte in einer akzeptablen Zeit ansteuern. Die mobilen Labors ergänzen die stationären Einheiten, sodass auch deren Zahl kleiner gehalten werden kann."
Zur Entwicklung und Erprobung eines BTF-Konzeptes wurden am 1. Mai 2004 zwei Pilotprojekte gestartet: An der „Biologischen Task Force Hamburg" sind die Hamburger Berufsfeuerwehr und das Bernhard-Nocht-Institut (BNI) beteiligt, an der „Biologischen Task Force Berlin" das dortige Landeskriminalamt und das Robert-Koch Institut (RKI).
Im Rahmen dieser Pilotprojekte werden mehrere Einzelprojekte verfolgt:
- Die Herstellung eines Sets zur Probennahme bei biologischen Verdachtsfällen. Ein solcher „Bio-Rucksack" wird ab Dezember 2009 auf allen ABC-Erkundern eingeführt.
- Die Hamburger Feuerwehr entwickelte in Zusammenarbeit mit dem BNI ein mobiles Labor der Sicherheitsstufe S-3. Das Holzmodell hat die Größe eines handelsüblichen 20-Fuß-Containers, ist also etwa 6,0 x 2,4 x 2,3 m groß. Er könnte somit als „Abrollbehälter Labor" mit einem Wechselladerfahrzeug, wie es die Feuerwehren heute überall benutzen, transportiert werden. Das Labor verfügt über eine Schleuse, einen Stromerzeuger, einen Frischwasser- und einen Abwasserbehälter, eine Sicherheitswerkbank mit Autoklav, ein PCR-Gerät, einen Laptop, mehrere Kühlschränke und Schubkästen. In Zusammenhang mit diesem Labor wird an der Entwicklung eines molekular-genetischen Test zum Schnellnachweis von Krankheitskeimen auf Basis der Polymerasekettenreaktion (Polymerase Chain Reaction - PCR) gearbeitet. Aus technischen Gründen kann ein mobiles Labor nicht dieselben Sicherheitsstandards erfüllen, wie ein stationäres Laboratorium. Da es aber nur im Gefahrenfall und nicht im Dauerbetrieb eingesetzt werden soll, hält man seine konstruktiven Standards für vertretbar.
- Das Berliner LKA und das RKI entwickeln ein Chemisch-Biologisches Massenspektrometer (CBMS) für die schnelle Beurteilung verdächtiger Proben. Das Gerät arbeitet auf Basis der so genannten MALDi ToF-Massenspektroskopie (Matrix-Assisted Laser Desorption/Ionisation Time of Flight).
- Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Technologie arbeitet das Robert-Koch-Institut in Berlin an einem Schnellnachweisverfahren für bioterroristische Agentien. Das dreijährige Projekt (Leiter: Dr. Heinz Ellerbrok) trägt die Bezeichnung „Biologische Gefahrenlagen: Risikobewertung, ultraschnelle Detektion und Identifizierung von bioterroristisch relevanten Agentien" (BiG Rudi).
Außerdem führte die Technik- und Umweltwache der Hamburger Berufsfeuerwehr schon vor Jahren einen Bio-Schnelltest, den „BioSniffer", ein, um Kaufhauswaren, Banknoten oder Postgut auf eine Verseuchung hin zu untersuchen. Der BioSniffer des Stuttgarter Herstellers BvB-Consult GmbH funktioniert auf Basis der Biolumineszenz und liefert ein Testergebnis innerhalb von einer Minute.
Zum derzeitigen Stand der BTF-Projektentwicklung teilte das BBK auf Anfrage mit:
„Im Rahmen eines Pilotprojektes wurde eine Machbarkeitsstudie für den Bau und Einsatz eines Mobilen B-Labors erfolgreich durchgeführt und abgeschlossen. Momentan werden Überlegungen angestellt, die analytischen Fähigkeiten der ATF auf den Bereich biologische (B)Gefahren auszudehnen. Da im Bereich der Detektion biologischer Gefahrstoffe die Technik noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass zuverlässige feldtaugliche, mobile Schnell-Nachweisgeräte erhältlich sind, liegt der Schwerpunkt der Arbeiten momentan in der Weiterentwicklung eines Gesamtkonzepts."
Wenn es aber keine „zuverlässigen feldtauglichen, mobilen Schnell-Nachweisgeräte" gibt, stellt sich natürlich die Frage, welche Systeme die Bundeswehr dann in der „Laborausstattung B-Abwehr" ihrer ABC-Untersuchungsstelle einsetzt.
*
(24) Bundesministerium des Innern - Schutzkommission: Ausführliche Beschreibungs des Forschungsvorhabens 167, Berlin, o. D.
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