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Die THTR-Rundbriefe aus 2011

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THTR Rundbrief Nr. 134, Jan. 2011


Inhalt:

Nachrichten-Dienste für die Thoriumindustrie

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Einblicke in indische und pakistanische Atomprogramme

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Atomwirtschaft-Zeitung berichtet tatsächlich über PBMR-Ende!

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Nachrichten-Dienste für die Thoriumindustrie

HORCH UND GUCKUran wird knapp und Atomkraftwerke sollte man sowieso besser nicht mehr betreiben?? -- "Kein Problem, es gibt jetzt Thorium als ungefährlichen Ersatz!" behauptet verharmlosend die Industrie. Damit diese bisher wenig beachtete Nachricht mehr Gehör bekommt, hilft der umtriebige ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Hans-Georg Wieck, mit eigenen "Nachrichten" ein wenig nach. Und beteiligt sich zudem als Gesellschafter an einer ganz speziellen Firma, die vollmundig verspricht, mal eben die Energieprobleme dieser Welt zu lösen. Kann die Atomindustrie jetzt aufatmen? -- Wieck greift ein.

Als ehemaliger Nachrichtendienstler weiss Wieck den richtigen Zeitpunkt für eine politische Intervention abzupassen. Und als ehemaliger deutscher Botschafter in Indien kennt er die Situation in dem Land mit den enorm großen Thoriumvorkommen sehr genau. In der Schriftenreihe "Berichte & Studien" Nr. 88 der CSU-nahen Hans-Seidel-Foundation, einem seiner bevorzugten Kooperationspartner, schrieb er 2007:

"Von epochaler Bedeutung ist in strategischer Hinsicht das amerikanisch-indische Abkommen aus dem Jahre 2005 über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der zivilen Nutzung der Nuklearenergie. (...) Die Regierung will dem ITER-Projekt (Thermonukleare Prozesse) beitreten und hofft, eines Tages die großen Thorium-Bodenschätze für Nuklearenergieerzeugung nutzen zu können. Es liegen Patente des russischen Wissenschaftlers Professor Lew Maximov, Novosibirsk, vor" (1)

Amorphes Thorium soll zu "amorphem" Anti-Atom-Widerstand führen

Geschickt will Wieck in einer ebenfalls 2007 von ihm verfassten im Internet zugänglichen Ausarbeitung die Thorium-Reaktoren in der BRD auf Kosten der alten, problematischen Reaktorlinien schmackhaft machen. Den "möglichen Missbrauch anfallenden Plutoniums für die Herstellung nuklearen Sprengstoffs sowie die bekannten Risiken bei der Wiederaufarbeitung" sowie "Probleme der Endlagerung der Nuklearabfälle" nennt er, um als scheinbare Alternative eine besondere Variante der Thorium-Reaktoren ins Spiel zu bringen:

"Alle bisherigen Versuche beruhten auf der Nutzung von Thorium in kristallenem Zustand, z. B. im AVR-Reaktor Jülich (1967 - 1988), Dragon-Reaktor in Winfrith, GB (1964 -- 1973), in der Peach-Bottom-Versuchsanlage (USA von 1967 bis 1974), sowie in den Kamini- und Kalpakkam-Versuchsreaktoren in Indien (1996). Die Kernkraftwerke in Hamm-Uentrop (THTR-300) und Lingen, Deutschland sowie in Fort St. Vrain (USA) benutzten zum Teil Thorium als ein Grundelement des nuklearen Brennstoffs. Die Anlagen Karapar 1 und 2 in Indien nutzen nur Thorium als Brennstoffbasis. Aber die mit der Verwendung von Thorium als Brennstoff aufgetretenen Probleme -- hohe Kosten der Brennstoffherstellung, sowie einige waffenbezogene Probleme (sic!) und die Probleme der Reintegration des Brennstoffes -- konnten bislang nicht befriedigend gelöst werden. Also, warum überhaupt Uran durch Thorium-,Kernbrennstoff' ersetzen?" (2)

- Weil der große Professor Lew Maximow aus Nowosibirsk die Lösung des Problems herausgefunden und am 17. 8. 2006 unter der internationalen Anmeldenummer PCT/RU2006/000435 patentiert hat! Nicht mehr keramisches, sondern vielmehr amorphes (formloses, in teilweise ungeordneten molekularen Strukturen befindliches) Thorium soll hierbei zur Anwendung kommen.

Im Dezember 2009 erklärt es der ehemalige Diplomat Wieck in einem erneuten Anlauf der etwas begriffsstutzigen Öffentlichkeit nochmal:

"Wie der amorphe Kernbrennstoff so gehören auch die Art und Weise der Steuerung des Reaktors und die Anordnung der Brennelemente im Reaktor selbst zur Kernenergieerzeugung, die auf der Nutzung von Thorium beruht. In den Theorieansätzen der vergangenen Jahrzehnte spielte die Vorstellung, dass man die sich bei der Kernspaltung bildenden Spaltprodukte nicht mit den herkömmlichen chemischen Prozessen, sondern mit rein physikalischen Verfahren aus dem Kernbrennstoff entfernen können sollte, stets eine mitschwingende Bedeutung. Nach dem Verfahren von Professor Maximow geschieht das im Wege des Einsatzes des amorphen Thorium." (3)

Was nun folgt, ist ein recht eindeutig zu durchschauender Überredungsversuch Wiecks, der jedem Staubsaugervertreter zur Ehre gereicht hätte:

"Professor Maximow hat sich mit seinen Patenten an kompetente deutsche Forschungs-Institutionen gewandt, da sich Deutschland nicht mehr mit der umwelt- und sicherheitsbezogenen notwendigen Perfektionierung der dritten, jetzt im Bau befindlichen Generation von Kernkraftwerken befasst und daher nach seiner Auffassung für eine noch nicht experimentiell verifizierte, aber theoretisch erarbeitete Konzeption eines risikolosen oder risikoarmen Verfahrens für die Kernenergienutzung offen sein sollte. Die Präsentation hatte in wissenschaftlicher und technologischer Hinsicht ein positives Echo." (4)

Die bezeichnende Vergangenheit eines Dienstleisters

Um einen ersten Eindruck zu erhalten, wer sich so beharrlich für Thoriumreaktoren einsetzt, sehen wir uns an, was Wikipedia zu Hans-Georg Wieck preisgibt:

"Von 1954 bis 1993 war er Beamter des Auswärtigen Amtes. Er war u. a. Botschafter im Iran, der UdSSR und Indien sowie Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Nordatlantikrat (NATO). Außerdem war er im Verteidigungsministerium u.a. als Leiter des Planungsstabes tätig und leitete von 1985 bis 1990 den Bundesnachrichtendienst. Nach seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst war er von 1998 bis 2001 Leiter der OSZE-Berater- und Beobachtergruppe in Minsk, Weißrussland. Er war von 1996 bis September 2008 Vorsitzender der Deutsch-Indischen Gesellschaft." (5)

Wieck arbeitete also schon in den 50er Jahren beruflich als Diplomat mit dem inneren Kreis Derjenigen zusammen, die sich nach der Niederlage des Faschismus in dem neuen Staat BRD der Schalthebel der Macht bemächtigt hatten. Als Botschafter im Iran und in der Sowjetunion sowie als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Nordatlantik-Rat (NATO) war sein politisches Handeln eingebettet in die von Antikommunismus geprägte Ost-West-Auseinandersetzung des Kalten Krieges. Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn in den Jahren 1985 bis 1990 verfügte er als Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) über vielfältige exklusive Informationen oder Beziehungen politischer, militärischer und wirtschaftlicher Natur. Seine anschliessende Tätigkeit als Botschafter in Indien (1990 -- 1993) und seine "zivilgesellschaftliche Arbeit" als Vorsitzender der Deutsch-Indischen Gesellschaft (DIG) von 1996 bis 2008 geben auch einen weiteren Hinweis darauf, weswegen er sich speziell für Thorium so sehr interessiert: Indien besitzt etwa ein Viertel der Welt-Thoriumreserven.

Ehrendes Angedenken an Nazis gehört zum "kulturellen Kernbestand" aller Zivilisation!

Im Jahre 2005 zeigte eine pikante Auseinandersetzung mit dem damaligen Aussenminister Joschka Fischer, welches Bewusstsein selbst 60 Jahre nach dem Ende des Faschismus die Funktionseliten des bundesdeutschen Staates immer noch prägten. Es ging um die Nachrufpraxis im Hausmitteilungsblatt des Auswärtigen Amtes (AA). Aussenminister Fischer verfügte, dass im Todesfall bei den zahlreichen ehemaligen NSDAP-Mitgliedern im Dienste der BRD die Todesnachricht nur noch neutral verfasst werden sollte. Siebzig Mitarbeiter des Diplomatischen Dienstes forderten in ihrer Unterschriftenaktion von Fischer, dass die Verstorbenen auch weiterhin mit folgendem Zusatz gewürdigt werden sollten: "Wir werden ihm/ihr ein ehrendes Angedenken bewahren". (...) In dem Brief der Kritiker heißt es laut Zeitung, die Ehrung der Toten gehöre zum «kulturellen Kernbestand» aller Zivilisation." (6). Wieck war einer der Befürworter dieser ganz besonderen Ehrung von ehemaligen Nazis -- ein wirklich sehr bezeichnender "kultureller Kernbestand"!

"Gesprächskreis" als Lobby für BND-Interessen

Zusammen mit Kollegen aus dem BND, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und verschiedenen Wissenschaftlern und Politikern gründete Hans-Georg Wieck im Jahre 2003 im Einvernehmen mit dem damaligen Kanzleramtschef und ehemaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier den "Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland" (GKND). Diese Organisation hat als offizielles Ziel "zu einer konstruktiven und öffentlichen Diskussion über die geheimen Nachrichtendienste sachlich beizutragen" (7). Verschiedene Tagungen, Schriftenreihen und Publikationen werden seitdem insbesondere in Zusammenarbeit mit den parteigebundenen Stiftungen einer mehr oder weniger handverlesenen "Öffentlichkeit" präsentiert. Als inoffizielle Motive kamen wohl noch kameradschaftlicher Gedankenaustausch und die Abwehr von Indiskretionen und Kritik hinzu.

Ehemalige Nazis im BND arbeiten weiter

Zu dieser Abwehr sollte es schon bald kommen. Der amerikanische Historiker Timothy Naftali berichtete in der Zeitschrift "Foreign Affairs" über die zahlreichen NSDAP-Mitglieder und Kriegsverbrecher, die die "Organisation Gehlen" als Vorläufer des BND aufgenommen hatte und die noch einige Jahrzehnte ihr Unwesen im BND trieben. Bei der Abwehr dieser Kritik verurteilte Wieck "den polemischen Ansatz" von Kritikern, da sie "keinen guten Nährboden für eine nüchterne Analyse der Gesamtumstände der unmittelbaren Nachkriegszeit" (8) biete.

Diese Äusserungen Wiecks finden wohlgemerkt auch vor dem Hintergrund statt, dass der BND (genauso wie der CIA) zwei Jahre vor den Israelis wusste, "unter welchem Namen sich Adolf Eichmann, der Organisator des Judenmordes, in Argentinien versteckte", aber nichts zu seiner Ergreifung unternahm.

mut

Rechte Blätter als Verlautbarungsorgane

Im Jahre 2006 erklärte Wieck in der Monatszeitschrift "MUT" sehr ausführlich die weitgefächerten Aufgabenfelder des BND: "Der Bundesnachrichtendienst arbeitet auf allen Gebieten, den militärischen wie den politischen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen spezifischen Gebieten wie internationaler Drogenhandel und Geldwäsche" (9) Es ist sehr bemerkenswert, in welcher Zeitschrift er das sagt. "MUT" wurde 1965 gegründet und stand der militanten rechtsradikalen "Aktion Widerstand" nahe. Selbst die liberale "Zeit" berichtete mit Grausen:

"Aus der Taufe gehoben wurde das Blatt von Bernhard Christian Wintzek (Jahrgang 1943). Der ehemalige NPD-Bundestagskandidat ist auch heute noch Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift (auch 2010 noch!; H. B.). Bekannt wurde Wintzek als Mitinitiator der "Aktion Widerstand", die Anfang der siebziger Jahre die neue Ostpolitik der sozialliberalen Koalition militant bekämpfte - mit Parolen wie: "Brandt an die Wand" und "Hängt die Verräter". (...) Die NPD wurde von rechts kritisiert: zu lasch!" (10)

Zur fragwürdigen "Wandlung" des rechtsradikalen Blattes 20 Jahre später schrieb "Die Zeit" in der oben genannten Ausgabe: "Mut, so meint Arno Klönne, sei ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie die Trennlinien zwischen dem konservativen und dem rechtsextremen, dem neokonservativen und dem neu rechten politischen Diskurs sich verflüchtigen."

Junge Freiheit

Dass Wiecks Beitrag in dem umstrittenen Magazin "MUT" keine Ausnahme war, zeigt sein langes Interview in der neurechten "Jungen Freiheit" (Nr. 28) im Jahre 2010 zum Thema "Wirtschaftsspionage". Als mit allen Wassern gewaschener ehemaliger Präsident des Bundesnachrichtendienstes wusste er genau, mit welchem Blatt er es zu tun hatte. Er wird sein Medium mit Bedacht ausgewählt haben. Im Jahre 2004 schrieb ich über dieses Blatt: "Nachdem sich in den 90er Jahren die wahlpolitischen Hoffnungen der ,Jungen Freiheit' auf die ,Republikaner' zerschlagen haben, versucht sie den etablierten Konservatismus von rechts unter Druck zu setzen, indem sie wichtige Begriffe und Formeln innerhalb der Auseinandersetzung für sich vereinnahmt, um sie völkisch-nationalistisch umzuwerten" (11).

Kundenorientierter Einsatz für "heimische" Nuklearindustrie

In dem Buch "Stets zu Diensten. Der BND zwischen faschistischen Wurzeln und neuer Weltordnung" heben die Autoren folgenden Aspekt zur Veröffentlichungspraxis der Dienste hervor: "Für den BND geht es dabei nicht unbedingt darum, sein Eigenbild in der Presse zu verbessern, sondern darum, bestimmte Informationen zu lancieren, die er gerne gedruckt sehen möchte" (12). Demnach haben Wiecks Thorium-Artikel die Aufgabe, die international ins Hintertreffen geratene "heimische" Nuklearvariante wieder verstärkt in die öffentliche Diskussion zu bringen, zumal sich die Ausgangsbedingungen hierfür mit der Abwahl von Rotgrün auf Bundesebene deutlich verbessert haben. Das (ehemalige) BND-Personal wäre somit zum Sprachrohr einer spezifischen Fraktion der Atomindustrie geworden.

Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man liesst, dass August Hanning, ebenfalls wie Wieck Mitautor in der Schriftenreihe "Die Rolle der Nachrichtendienste in politischen Entscheidungsprozessen" schrieb: "Nachrichtendienste sind Dienstleister für Politik, Sicherheitsbehörden und Bundeswehr. Oberstes Gebot für jeden Dienstleister, und darin unterscheiden sich Nachrichtendienste nicht von Dienstleistern in der Privatwirtschaft, ist die Kundenorientierung" (13). Diese Schriftenreihe erschien in der CSU-nahen Hans Seidel Foundation. Die intensive Zusammenarbeit des "Gesprächskreises Nachrichtendienste Deutschlands" (GKND) mit den Stiftungen von CDU/CSU und FDP ist nicht zu übersehen und zeigt an, wer vorrangig zu den Empfängern der oben genannten "Dienstleistungen" gehört.

Parteinahe Stiftungen als BND-Instrumente

Nun neigen gerade die oben genannten parteinahen Stiftungen dazu, sich mit perfiden Methoden in bestimmten Ländern Lateinamerikas auf Seiten der rechtsgerichteten Kontras einzumischen, wo Befreiungsbewegungen auf dem Wege sind, das Los der Armen ein kleines bischen zu lindern. -- Und welche "zivilgesellschaftliche" Aufgabe übernimmt Wieck als ehemaliger Botschafter in der ehemaligen Sowjetunion? - Er ist Vorstandsmitglied von "Verein Menschenrechte in Belarus". Nun wissen wir als Atomkraftwerksgegner, die sich auch mit den verstrahlten Gebieten in Belarus befassen, nur zu gut, dass der Präsident Lukaschenko die Opposition in seinem Land brutal unterdrückt und vielfach die Menschenrechte missachtet. Gleichwohl wissen wir aber auch, dass sich die Lage der sozialen (!) Menschenrechte in Weisrussland für viele Menschen im osteuropäischen Vergleich nicht ganz so schlecht darstellt. Wenn also ausgerechnet die neoliberalen Strategen aus den Parteien, denen der BND zu Diensten ist, hier das Sagen haben sollten, könnten die Menschen in Belarus in Zukunft zwar ihren "Berlusconi" in freier und geheimer Wahl wählen, wären aber möglicherweise auf Lebensmittellieferungen angewiesen, um nicht zu verhungern. - Wieck in gönnerhafter Pose als Päckchenverschicker in ein von Konzernen ausgeplündertes Land wäre dann sicherlich die nächste PR-Massnahme des BND-Personals.

Zusammenarbeit mit kroatischen Faschisten und Nationalisten zur Sicherung deutscher Einflusssphären

In diesem Zusammenhang ist ebenfalls auf die Rolle des BND im Vorfeld der jugoslawischen Zerfallskriege 1991-95 hinzuweisen, die eine Fortsetzung des Frontverlaufes im zweiten Weltkrieg in Jugoslawien waren. Der Völkermord der mit dem faschistischen Deutschland verbündeten kroatischen Ustaschas an den Serben in Kroatien 1941-45 wirkte noch jahrzehntelang fort und nach Meinung des ehemaligen ARD-Korrespondenten Ulrich Schiller hätten "wesentliche Ideen und Prinzipien dieser Herrschaft überlebt und Eingang gefunden" (14) in das heutige Kroatien.

In seinem 2010 erschienenen Buch "Deutschland und ,seine' Kroaten. Vom Ustasa-Faschismus zu Tudjmanns Nationalismus" beschreibt er die Rolle des BND und seines damaligen Chefs Wieck bei der Zerstörung Jugoslawiens zur Sicherung der schon unter Nazideutschland angestrebten Einflussphären. Demnach sind die wichtigsten Voraussetzungen der Einflussnahme des BND auf den kroatischen Geheimdienst "erst Ende der 1980er Jahre gelegt worden" (15). Also genau während der Amtszeit von Wieck. Vereinbart wurde im Februar 1990 nach Schillers Angaben:

"1. Zusammenarbeit im Vorgehen gegen Jugoslawien und Serbien; 2. Der BND stellt den Kroaten alle Jugoslawien betreffenden Erkenntnisse, einschließlich militärischer militärischer Informationen zur Verfügung.(...) ,Ab ungefähr Mai 1990 funktioniert dieser Geheimdienst wie ein Anhängsel des BND', so Antun Duhacek, und weiter: ,Die deutsche Seite verlangte für ihre Leistungen eine totale Unterordnung des kroatischen Dienstes, und das hat sie bekommen.' Im Februar 1990 hieß der BND-Chef nicht Klaus Kinkel, sondern Hans-Georg Wieck, ehedem Botschafter in Moskau, BND-Chef von 1985 bis 1990. Ich habe Botschafter Wieck gelegentlich einer Veranstaltung in Berlin um ein Gespräch über Kroatien gebeten. Die Antwort war ein bedauerndes Nein" (16).

Über die Mitverantwortung Deutschlands und des BND an tausendfachen Morden und unendlich viel Leid im ehemaligen Jugoslawien wollte Wieck lieber nicht in der Öffentlichkeit sprechen. Seinen "Gesprächskreis" gründete er erst 13 Jahre später, als Gras über die Sache gewachsen war.

Einblicke in indische und pakistanische Atomprogramme

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Ehemaliger BND-Präsident und danach deutscher Botschafter in Indien zu sein -- eine interessante Kombination! Nicht nur die Rivalitäten zwischen dem indischen und dem pakistanischen Geheimdienst, sondern auch der Atombomben-Rüstungswettlauf zwischen den beiden verfeindeten Staaten waren sicherlich sehr aufschlussreich zu beobachten. Die Aktivitäten des "Vaters der pakistanischen Atombombe" Abdul Quadeer Khan (17) im Nachbarland Pakistan und seine nuklearen Beschaffungstouren in der Bundesrepublik Deutschland fielen teilweise in Wiecks "aktive" vielseitig genutzte Zeit. Wohl auch deswegen lautet Wiecks Botschaft heute: Mit der supersicheren urdeutschen Thoriumtechnik hätte es so ein Bombentheater gar nicht erst gegeben - was nebenbei gesagt, nicht stimmt.

"Ein oder mehr Prozent spaltbares Uran oder Plutonium" -- völlig ungefährlich??

Nun zu den neuen Wunder-Reaktoren mit Thorium im amorphen Zustand als Brennstoff. Wieck und Rudolf König schreiben in ihrer Ausarbeitung "Amorphes Thorium..." (18) vom November 2007:

"In der Patentanmeldung von Lew Maximow wird der amorphe Kernbrennstoff wie folgt beschrieben: Der Brennstoff beruht auf metallischem Thorium und seinen Legierungen mit dem Zusatz von einem oder mehr Prozent spaltbaren Uran und oder Plutonium-239-Isotopen als Zündstoff."

Dieser Einsatz von "einem oder mehr Prozent spaltbaren Uran und oder Plutonium-239-Isotopen" birgt große Risiken in sich, wie das " Österreichische Ökologieinstitut" in einer Studie für das österreichische Lebensministerium feststellte:

"Die Radiotoxidität von Plutonium und Uran darf nicht unterschätzt werden. Die Inhalation von 40 Milliardestel (!) Gramm Pu-239 reicht aus, um den Grenzwert der Jahres-Aktivitätszufuhr für Inhalation bei Arbeitern zu erreichen. Wenige Kilogramm 239-Pu (etwa eine tennisballgroße Kugel) können -- theoretisch -- alle Menschen töten, wenn jeder einen Teil davon inhalliert. Plutonium weist mit seiner relativ geringen Halbwertzeit von 24.000 Jahren eine hohe Langzeit-Toxidität auf. 233-U ist ebenso toxisch und hat noch dazu eine Halbwertzeit von 159.000 Jahren." (19)

Da Thorium (Th-232) alleine keine nukleare Kettenreaktion aufrechterhalten kann, sondern nur ein Brutstoff ist, müssen ihm Neutronen zugefügt werden. Das kann durch Uran (U-235) oder wie in Indien geplant mit Plutonium (Pu-235) geschehen. Als Resultat entsteht dann spaltbares Uran (U-233), welches als Kernbrennstoff geeignet ist:

Th-232 + Pu-239 = U-233

Uran-Thorium-Kreislauf
Aus: "Reaktoren für Morgen", 1975 (!), Seite 22, Kraftwerk Union

Wieck und König preisen ihr Konzept wie folgt an: "Zu nennen sind auch die vollständige Unterbindung der Erzeugung von Plutonium und anderen Transuranen; das Vermeiden überschüssiger Reaktivität, wie sie in den heutigen Kernkraftwerken besteht (...). Es gibt keine Aufbereitung des abgebrannten Kernbrennstoffes." (20)

Das "Österreichische Ökologieinstitut" bewertet die angebliche "Unterbindung der Erzeugung von Plutonium" folgendermassen:

"Die geschickte Argumentation der Nuklearindustrie, dass durch die Verwendung von Thorium-Reaktoren die Produktion von neuem Plutonium eingeschränkt und der Bestand an vorhandenem waffenfähigem Plutonium reduziert werden könnte, ist mit Vorsicht zu genießen. Wir glauben, dass die Thoriumwirtschaft nicht weniger gefährlich als die Plutoniumwirtschaft ist. Durch Neutronenbeschuss des Thoriumisotops Th-232 entsteht über Umwege das nicht minder gefährliche Uranisotop U-233, welches wie Pu-239 wegen der kritischen Masse sowohl für Kernreaktoren als auch für Kernwaffen benutzt werden kann.

Nebenbei entsteht aber auch noch das Uranisotop U-232. Dieses Isotop erzeugt kurzlebige Tochterprodukte (z. B. TI-208) , welche als Gammastrahler das Handling, die Wiederaufarbeitung und das "Recycling" von U-233 erschweren." (21)

Thorium: Trojanisches Pferd für den Wiedereinstieg in Brütertechnologie und Wiederaufarbeitung

Eine Wiederaufarbeitung, in der Plutonium und Uran aus abgebrannten Brennelementen abgetrennt wird, um es wiederverwerten zu können, ist also entgegen der Angaben von König und Wieck sehr wohl bei Thoriumreaktoren notwendig. Denn wenn aus dem gebrauchten Brennstoff frischer Reaktorbrennstoff produziert (erbrütet) wird, benötigt dieser schnelle Brüter eine Wiederaufarbeitung. "Es gibt den dringenden Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Generation IV versucht wird, die aus Sicherheitsgründen längst verworfenen Konzepte für Brutreaktoren wiederzubeleben" (22) schreibt das "Österreichische Ökologieinstitut".

Die Propagierung von Thoriumreaktoren als Ausweg aus den knappen Uranvorräten stellt nach Ansicht kritischer Wissenschaftler einen geschickten Versuch dar, die gefährliche Wiederaufarbeitung durch die Hintertür wieder in die energiepolitischen strategischen Überlegungen einzubringen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, das gerade bei (Ex-)"Nachrichtendiensten" nicht nur von Bedeutung ist, welche wohlgefälligen Redewendungen von ihnen über "völlig neuartige ungefährliche Toriumreaktoren" in die Welt gesetzt werden, sondern welche tatsächlichen Absichten und Interessen sich hinter ihnen verbergen.

Indien und die USA sind inzwischen bei der Vorbereitung des Baus einer Wiederaufarbeitungsanlage nicht untätig geblieben: "Die USA und Indien haben am 30. Juli 2010 ein Abkommen unterzeichnet, das es Indien erlauben wird, auftragsgebundenes amerikanisches Nuklearmaterial wiederaufzuarbeiten" (23)

Atomwaffenproduktion wird erleichtert!

Da Thorium und Uran bzw. Plutonium sich leicht chemisch trennen lassen, würde der Diebstahl von frischen Brennelementen also einen eleganten Weg zum Bombenbau eröffnen. Beispielsweise enthalten etwa 5.000 bis 10.000 frische THTR-Brennelemente genug U-235 für eine Hiroshima-ähnliche Bombe.

Das Österreichische Energieinstitut fasst zusammen: "Ein Umstieg auf Schnelle Brüter bedeutet jedoch ziemlich sicher eine Fortsetzung der Plutonium- und Thoriumwirtschaft in einem Ausmaß, wie sie bislang nicht stattgefunden hat. Unmengen an hochtoxischen Materialien wie Plutonium- und Uranisotope würden wie Kohle oder Erdöl um die halbe Welt transportiert. Das sollte unter allen Umständen vermieden werden" (24).

Norwegen will keine Thoriumreaktoren mehr

Norwegen hat die drittreichsten Thoriumvorkommen der Welt und die dortigen Politiker haben in der Studie "Thorium as an Energy Source -- Opportunities for Norway" (25) im Jahre 2008 prüfen lassen, ob Thoriumreaktoren für dieses Land eine realistische energiepolitische Option darstellen würden. Die TAZ schrieb 2009: "Damals hatte die starke Thorium-Lobby eine Debatte über die vermeintlichen Vorteile dieser Technik gestartet, die auch die staatliche Elektrizitätsgesellschaft Statkraft veranlasste, Interesse für einen Reaktor zu signalisieren" (26).

Die Ergebnisse der Studie waren ernüchternd: "Ein Thorium-Reaktor produziere zwar weniger langlebigen Atommüll als ein AKW mit Uranbrennstäben. Dieser sei auch stabiler als konventioneller Atommüll. Dafür strahle er stärker, was Transport und Lagerung kompliziert. Entscheidend sei aber, so die Studie, dass auch die Thorium-Technik das Atommüllproblem nicht löse. Hinzu komme auch beim Betrieb des Reaktors eine viel stärkere radioaktive Strahlung. (...) Zudem ist auch völlig unklar, ob diese Technik in 20 oder 30 Jahren zu ökonomisch vertretbaren Kosten verwirklicht werden könnte. ,Die Thorium-Debatte dürfte nun ein abgeschlossenes Kapitel sein', glaubt Nils Bøhmer, Atomexperte bei der Umweltschutzorganisation Bellona: ,Hoffentlich beschäftigt sich die Politik jetzt mit wirklichen Lösungen der Klimaproblematik.'" (27)

Regierung und Strahlenschutzbehörde erteilten in Norwegen dem Bau von Thoriumreaktoren im Jahre 2009 eine Absage. Um so mehr sind die Atomindustrie und ihre Propagandisten in anderen Ländern darauf bedacht, ihr Thorium-Thema in der öffentlichen Diskussion weiterhin zu plazieren.

"Die Firma" tritt auf den Plan

Trotz verbesserter Rahmenbedingungen während der Großen Koalition (und anschliessender Schwarzgelber) kam das Projekt mit den Thoriumreaktoren nicht so recht voran. Grund genug für Wieck, die vielzitierte marktwirtschaftliche Eigeninitiative zu zeigen. Eine "Gesellschaft zur Förderung zukunftsträchtiger Patente - Entwicklung, Bewertung, Veröffentlichung und Verwertung" mit dem etwas umständlichen Namen "SBE Sichere Saubere Bezahlbare Energie" wurde gegündet. Der bereits erwähnte Prof. Lew Maximow ist Geschäftsführer, die eifrigen Thoriumpublizisten Wieck und Rudolf König sind Gesellschafter.

Mit "fünf bahnbrechende Erfindungen für den Bau und die Modernisierung von Kraftwerken" wollen die im rüstigen Rentenalter befindlichen Herren den weltweiten Energiemarkt aufmischen. Von der "Harnstoffproduktion" bis hin zum Einsatz von amorphem Thorium für die umweltfreundliche Verstromung hat die agile Firma Einiges im Angebot. "Die SBE übernimmt auch die Evaluierung fremder Erfindungen, ihrer Patentwürdigkeit und die eventuelle Optimierung, Ergänzung und Finanzierung von Patentanträgen sowie deren wirtschaftliche Verwertung". In dem Beitrag "Entwicklung sicherer Kernbrennstoffe -- ein Gebot der Stunde" (28) gibt Wieck die strategische Marschrichtung vor: "Kernenergie ist in Deutschland unpopulär und doch wichtig. Die Risiken der siebzehn in Deutschland, über 200 in Europa und weltweit über 450 in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke sind bekannt und werden nach Kräften unter Kontrolle gehalten. Störfälle sind nicht auszuschließen, treten auch bei uns auf."

Und für diese Probleme hat die Firma eben die Lösungen parat. Herbert Wellner, Rechtsanwalt und Notar der SBE, fasst die grandiosen Vorteile der angedachten Thoriumreaktoren nochmal zusammen. Sie seien "nicht waffenfähig, außerhalb des Anwendungsprozesses nicht strahlend". Sie gewähren demnach "weitestgehenden Schutz vor terroristischen Anschlägen und Unfällen" und selbstverständlich "sichere und umweltfreundliche unterirdische Aufbewahrung der verarbeiteten Materialien" (29). Probleme in Asse, Gorleben und Schacht Konrad -- das ist nach der neuen Methode alles Schnee von gestern.

Sonst noch Fragen? Was auf den ersten Blick wie ein Fake der Satirezeitung "Titanic" aussieht, ist offenbar ernst gemeint. Die verschiedenen Beiträge der Firma SBE sollen offensichtlich bei der internationalen Internet- und Bloggergemeinde den Eindruck verstärken, dass die wichtigsten Entwicklungsschritte und Patente für die Realisierung des Thoriumwunderreaktors schon längst vollzogen worden wären. Und nun sollte sich die bundesdeutsche Regierung endlich mehr engagieren bei Forschung und Entwicklung von Generation IV-Reaktoren. Das ist die Botschaft, die dahinter steckt. Denn in bestimmten Foren und auf den Internet-Leserbriefseiten gewisser konservativer Zeitungen wird seit Jahren die Litanei angeblicher Vorteile der neuen Reaktorlinie heruntergebetet und sorgenvoll gefragt, wann wird unsere CDU/CSU endlich aus dem Schatten von Rotgrün heraustreten und mutig eine neue nukleare Option in Angriff nehmen?

Indes, so schnell geht das alles nicht. Seit der Patentanmeldung durch den fabelhaften Maximow im Jahre 2006 ist viel heisse Luft produziert, aber wenig konkret umgesetzt worden. Im Grunde ist das bei Thoriumreaktoren schon seit den 50er Jahren so. Viele Milliarden Euro wurden für ein sinnloses und gefährliches nukleares Experiment verpulvert. Seit einem halben Jahr ist die SBE-Internetseite nicht mehr aktualisiert worden. Es scheint nichts bahnbrechend Neues passiert zu sein. Was bleibt, ist ein kleiner propagandistischer Baustein im Gefüge der nuklearen Werbestrategie.

Die Geschäfte scheinen für den erfolgverwöhnten Wieck so gut nun auch wieder nicht zu gehen. Noch 1987 berichtete "Der Spiegel" in seinem Artikel "Mit feudalem Gehabe und politischen Vorurteilen gerät BND-Chef Wieck ins Zwielicht" über seine ungewöhnlichen Reisegepflogenheiten als BND-Präsident: "Wieck war standesgemäß in der Lufthansa-First-Class dienstlich für rund 10.000 Mark nach Südamerika gejettet. Hinter der Lufthansa-Boeing folgte die dreistrahlige BND-eigene Düsenmaschine vom Typ Falcon 50 (Anschaffungskosten: 7,3 Millionen Dollar), die Wieck in der Regel für schnelle Sprints zwischen Pullach und Bonn braucht" (30). - Heute ist auf seiner Homepage zu lesen: "Veröffentlichungen können nur mit Genehmigung des Verlags nachgedruckt; unveröffentlichte Beiträge können gegen eine Schutzgebühr von 50 Euro und gegen Übersendung eines Belegexemplars veröffentlicht werden ..."

Die Situation in Indien

Das Wirtschaftwachstum Indiens verlief in den letzten Jahren rasant. Nicht nur der Energiebedarf wird sich enorm erhöhen, sondern auch die mit dieser Entwicklung einhergehende soziale Ungerechtigkeit. Die Mittel- und Oberschicht profitiert, die mehren hundert Millionen (!) ärmeren Menschen haben das Nachsehen. Der Abbau riesiger Mengen von Rohstoffen (u. a. Uran) und der Bau Hunderter von Staudämmen bedroht insbesondere indiens Ureinwohner (Adivasis) in den ländlichen Gebieten. Der indische Staat richtet "Sonderwirtschaftszonen" ein, in denen die internationalen Konzerne keine Umweltauflagen erfüllen müssen. Die ursprünglich dort lebenden Einwohner werden teilweise entschädigungslos vertrieben und ins Elend gestürzt. Die Zeitschrift "Südasien" berichtet:

"Eine ungefähre Schätzung geht von 60 Millionen Flüchtlingen und durch Bauprojekte Vertriebene aus. Das sind viermal so viele Menschen, wie zur Zeit der Teilung zwischen Indien und den beiden Flügeln Pakistans ausgetauscht wurden. Der größte Teil der von Projekten Vertriebenen sind Stammesangehörige und landlose Dalits, die auf oder von Gemeinschaftseigentum leben. Und kaum 20 Prozent von ihnen wurden bisher entschädigt". (31)

Die mit dem innerindischen Imperialismus einhergehende rücksichtslose Industriealisierung stößt auf Widerstand insbesondere bei den riesigen Staudammprojekten. Kämpfe um das Wasser, die Energiegewinnung und gegen industrielle Großmachtambitionen führen aber nicht nur zu gewaltfreien ökologischen Widerstandsbewegungen, sondern zum Erstarken einer maoistischen Guerilla, die in dem sogenannten "roten Gürtel" in einem Dutzend indischer Bundesstaaten einen von allen Seiten brutal geführten Krieg führen. In Europa wird darüber kaum berichtet.

Umzug der Hindus vor ihrem Tempel und dem THTR in Hamm Uentrop
Nur wenige hundert Meter vom THTR-Gelände in Hamm-Uentrop entfernt liegt der größte südindische Hindutempel Europas, von dem aus in jedem Jahr im Mai/Juni ein Umzug mit ca. 20.000 Menschen stattfindet. Infos über den Sri Kamadchi Ampal Tempel:
www.kamadchi-ampal.de

Das indische Atomprogramm

Bereits seit 1969 sind zwei kommerzielle Atomkraftwerke in Indien in Betrieb. Inzwischen produzieren 19 AKW's etwa 2,5 Prozent des indischen Stroms. Bis zum Jahre 2050 sind 25 Prozent angestrebt. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) schreibt: "Viele Beobachter sind allerdings skeptisch, da Indien in der Vergangenheit bereits häufiger den Ausbau der Kernenergie geplant, aber dennoch nie umgesetzt hat" (32). Einen wichtigen Grund hierfür nennt "Prognos": "Da Indien bislang den Atomwaffen-Sperrvertrag nicht unterzeichnet hat, bestanden international eingeschränkte Handelsbeziehungen für Kernenergietechnik und Brennstoffe. Dies hatte zur Folge, dass die Entwicklung indischer Technik isoliert stattgefunden hat. Durch eine Lockerung dieses Handelsembargos wird Indien vermehrt mit anderen Ländern wie China, Russland und den USA zusammen arbeiten können" (33).

Der "Energiebericht Indien 2007" der Botschaft New Delhi beschreibt die vergangene und die geplante Entwicklung wie folgt:

"Das zivile indische Atomprogramm ist in drei Stufen angelegt und zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Uran, das in Indien nur in geringen Umfang vorkommt, zu minimieren und statt dessen mittelfristig die reichhaltigen Thoriumreserven zu nutzen. Die erste Stufe des Programms, die Beherrschung des kompletten Brennstoffzyklusses, wurde inzwischen erreicht. Der in Bau befindliche Prototyp des Schnellen Brüters, der das in den bestehenden KKW's erzeugte Plutonium nutzt, markiert den Beginn der zweiten Stufe des Programms. In den schnellen Brütern wird auch Thorium zur Gewinnung von Uran-233 eingesetzt, das dann -- dies wäre die dritte Stufe des Nuklearprogramms -- in ferner Zukunft der Brennstoff für Atomkraftwerke der modernsten Generation sein soll" (34).

Thorium und Wiederaufarbeitung in Indien

Zum Stand der Entwicklung der Thorium-Reaktorlinie schrieb im Jahre 2007 die Monatszeitschrift "atw":

"Im Bhabha Kernforschungszentrum (BARC) wird gegenwärtig an einem fortgeschrittenen Thorium-Reaktor mit einer Leistung von 300 MW (Advanced Heavy Water Reactor: AHWR) gearbeitet, mit dem der Einsatz von Thorium als Kernbrennstoff und ein fortgeschrittenes Sicherheitskonzept demonstriert werden sollen. Die Errichtung ist am Standort des Kernforschungszentrums vorgesehen. In einzelnen Versuchsanordnungen werden die physikalischen Eigenschaften und wichtige Bauteile erprobt" (35).

Zur Entwicklung des Schnellen Brüters und der Wiederaufarbeitung schrieb "atw":

"Indiens Kernenergieprogramm geht vom ,geschlossenen Kernbrennstoffzyklus' aus, das schließt die Wiederaufarbeitung des abgebrannten Kernbrennstoffs und das Recycling von Plutonium und U-233 in den Kernbrennstoff ein. Indien betreibt dafür eine Pilotanlage zur Brennstoffwiederaufarbeitung in Trombay, in der Kernbrennstoffe aus Forschungsreaktoren aufgearbeitet werden, und 2 kommerzielle Wiederaufarbeitungsanlagen in Tarapur und Kalpakkam für Kernbrennstoffe aus Kernkraftwerken. Das erste U-233 wurde 1970 aus bestrahltem Thoriumbrennstoff extrahiert" (36).

Durch die Kooperation mit den USA und durch die Unterzeichnung des Nukleardeals haben sich 2010 ganz aktuell neue Perspektiven für die Wiederaufarbeitung ergeben:

"Indien und die Vereinigten Staaten haben offiziell ein Abkommen unterzeichnet über die Wiederaufarbeitung beziehungsweise Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen, das es US-amerikanischen Unternehmen gestatten wird, sich einen Teil von Indiens 150-Milliarden-US-Dollar Atomenergiemarkt zu sichern. (...) Indien hat ein ambitioniertes Programm für die Entwicklung von ziviler Atomenergie zu Deckung des wachsenden Energiebedarfs des Landes mit einem Ziel der Erhöhung seiner installierten Kapazität um mehr als das Siebenfache auf 35.000 Mwe bis zum Jahr 2022 und auf 60.000 bis 2032" (37).

Der Know-how-Transfer auf dem Gebiet der Thorium-Reaktoren ist ebenfalls vereinbart worden. Das indische Engineering- und Bauunternehmen "Punj Lloyd" hat mit dem in den USA beheimateten Unternehmen "Thorium Power" ein Kooperationsabkommen abgeschlossen: "Die nukleare Sphäre ist sehr vielversprechend und mit dieser Partnerschaft verfolgen wir das Ziel, Indiens bereits lange bestehendes Bekenntnis zum 'Thorium Fuel Cycle' voranzutreiben", sagte der Geschäftsführer der Gruppe (38).

In Zusammenarbeit mit Russland, Frankreich und Kanada sind im Jahr 2010 verschiedene weitere Kooperationen und Lieferverträge für Atomkraftwerke unterzeichnet worden. Das Thema "Indien und Atomkraft" wird also weiterhin sehr aktuell bleiben.

Anmerkungen:

  1. Berichte & Studien Nr. 88 "Energieversorgung als sicherheitspolitische Herausforderung", Seite 219
  2. Siehe: Rudolf König und Hans-Georg Wieck: Amorphes Thorium -- Grundlage eines Kernbrennstoffes für sichere Kernkraftwerke der Zukunft": http://www.hans-georg-wieck.com/data/Amorphes%20Thorium.pdf
  3. Hans-Georg Wieck: "Entwicklung sicherer Kernbrennstoffe -- ein Gebot der Stunde" unter "Forum" in http://www.sbe-international.com/
  4. Siehe 3.
  5. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Georg_Wieck
  6. Der Spiegel vom 27. 3. 2005: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,348452,00.html
  7. http://de.wikipedia.org/wiki/GKND
  8. Zitiert nach "Freitag" vom 16. 6. 2006, Otto Köhler
  9. "MUT" Nr. 471, 2006
  10. "Die Zeit" vom 26. 2. 1988
  11. "Graswurzelrevolution" Nr. 285, 2004. Horst Blume: "Altbekannte ,Junge Frechheit'".
  12. Saskia Henze, Johann Knigge: "Stets zu Diensten", Unrast Verlag Münster, 1997, S. 63
  13. Studies & Comments 10, 2010, Hans Seidel Foundation, Seite 36
  14. Ulrich Schiller "Deutschland und ,seine' Kroaten" Donat Verlag 2010, Seite 140
  15. Siehe 14.
  16. Siehe 14.
  17. Quadeer Kader Khan im THTR-Rundbrief Nr. 95, 98, 99, 104, 111, 118
  18. Siehe 2.
  19. "Science or Fiction. Hat Atomenergie Zukunft?"; Österreichisches Ökologieinstitut; November 2007, Seite 14 http://www.ecology.at/files/pr577_2.pdf
  20. Siehe 2.
  21. Siehe 19.
  22. Siehe 19., Seite 15
  23. Nuklearforum Schweiz vom 5. 8. 2010
  24. Siehe 19., Seite 15
  25. "Thorium as an Energy Source - Opportunities for Norway": http://www.regjeringen.no/upload/OED/Rapporter/ThoriumReport2008.pdf
  26. TAZ vom 6. 1. 2009
  27. Siehe 26.
  28. In: http://sbe-international.com/
  29. Siehe 28.
  30. "Der Spiegel" vom 19. 10. 1987: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525562.html
  31. "Südasien" 1/2010, Seite 24, Walter Fernandes
  32. "Energiemarkt Indien 2010", Seite 31, GTZ (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit)
  33. "Renaissance der Kernenergie?" Seite 94. "Prognos", Im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz
  34. "Indien. Energiepolitischer Jahresbericht". Botschaft New Delhi, 2007, Seite 10
  35. "atw" Mai 2007, Seite 348
  36. Siehe 34.
  37. "Wirtschaftsnachrichten aus Indien", Seite 9, August 2010
  38. "Wirtschaftsnachrichten aus Indien", Januar 2009

Atomwirtschaft-Zeitung berichtet tatsächlich über PBMR-Ende!

SeitenanfangHoch zum Seitenanfang - www.reaktorpleite.de -

Fast zwei Jahre nach dem absehbaren Ende des PBMR in Südafrika berichtet erst jetzt die Zeitschrift "atw" (Atomwirtschaft) über das unrühmliche Ende des Pleitereaktors. Bis heute wird immer noch auf unzähligen atomkraftfreundlichen Internetseiten über die rosige Zukunft des Hochtemperaturreaktors in Südafrika fantasiert. Über die ins Stocken geratene Realisierung halfen sie sich mit allerlei windigen Meldungen über "Kooperationen" und "Gespräche" mit interessierten Ländern wie Kuwait oder Algerien hinweg. Doch nun muss selbst die führende bundesdeutsche Atomwirtschafts-Zeitung kleinlaut die Fakten anerkennen.

Die notorischen Nuklearpropagandisten bestätigen nicht nur den bisherigen Kostenrahmen von ca. 1 Milliarde Euro für die PBMR-Entwicklung, sondern nennen auch diejenigen Kosten, die bei einer Weiterverfolgung des Projekts zu erwarten wären:

"Weitere Investitionen in der Höhe von weit über 30 Mrd. ZAR (ca. 3,3 Mrd. EUR) seien zu erwarten" (atw, Heft 10, 2010, Seite 666). -- Schön, dass die Öffentlichkeit von diesen veranschlagten exorbitanten Zusatzkosten wenigstens nachträglich erfährt!

Und Barbara Hogan, Ministerin für Staatsunternehmen nannte noch weitere Gründe für den Abbruch der PBMR-Entwicklung:

"Der PBMR Ltd. sei es nicht gelungen, in genügendem Umfang und binnen der vereinbarten Frist langfristige Drittinvestoren zu interessieren. (...) Der Baubeginn der ersten Demonstrationsanlage sei immer wieder verschoben worden. Die Möglichkeit, im amerikanischen Forschungsprogramm Next Generation Nuclear Plant (NGNP) mitzuarbeiten (sei) nicht mehr gegeben, nachdem der japanische Partner der PBMR Ltd, die Mitsubishi Heavy Industries Ltd (MHI), sich Anfang 2010 vom Programm zurückgezogen hatte" (atw).

Auch Teile der universitären Nuklearforschung wurde eingestellt: "Das Fuel Development Laboratory und die Helium Test Facility würden jedoch stillgelegt. Die Heat Transfer Test Facility an der Northwest University werde ebenfalls stillgelegt, es sei denn, die Universität wolle sie weiterhin nutzen, so Hogan weiter. Hogan betonte, die PBMR-Technologie sei in keiner Weise in Frage gestellt. (...) Sie wies zudem daraufhin, dass Südafrika als Vorreiter des PBMR anerkannt sei. Dies sei eine bemerkenswerte Leistung für ein Entwicklungsland, auf die man berechtigterweise stolz sein könne, fügte sie bei" (atw). Also zusammengefasst: Außer sehr hohen Spesen ist nichts gewesen! Darauf kann ein armes "Entwicklungsland" wirklich sehr stolz sein!

Geplanter Castortransport von Jülich nach Ahaus: Kreuz und Quer geht nicht mehr!

Der Transport von 152 Castor-Behältern aus dem THTR-Jülich nach Ahaus wird wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte 2011 genehmigt. Schon bald findet eine Demo hiergegen statt: 30. Januar 2011, 14 Uhr: Demo ab Rurtalbahnhof "Forschungszentrum" Jülich. Weitere Infos auf der neuen Homepage: www.westcastor.de

Sehr geehrte LeserInnen!

Wenn ein Artikel wie beispielsweise "Teurer Rückbau von 12 Forschungsreaktoren!" im THTR-Rundbrief Nr. 133 erscheint, so ist die Wahrscheinlichkeit nicht gerade gering, dass sein Inhalt von verschiedenen größeren Zeitungen aufgegriffen wird. In diesem Fall vom Tagesspiegel (Berlin), Junge Welt, Neues Deutschland, Fuge News und natürlich Graswurzelrevolution. Als Ende November 2010 in den Medien Meldungen über Krebsfälle in der Nähe der Asse auftauchten, hat der WDR schnell reagiert und am 26. 11. mit mir als Interviewpartner einen kleinen Beitrag zur ähnlichen Problematik am THTR gedreht. Zuvor hatte der WDR-Hörfunk in der sechsteiligen Sendereihe "Geplatzte Alpträume" über teure Atomkraftwerke, die kaum Strom geliefert hatten, am 6. September 2010 über den THTR berichtet:

http://www.wdr5.de/sendungen/morgenecho/serienuebersicht/geplatzte-alp-traeume.html

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