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THTR Rundbrief Nr. 116, Sept. 2007
Generation IV - Reaktoren: Aufstieg statt Ausstieg
Wie man rein verbal und dazu noch betroffenheitstriefend aus der Atomkraft „aussteigt“ und gleichzeitig den führenden Repräsentanten der bundesdeutschen Atomindustrie ausgerechnet zum 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl ein vielbeachtetes Forum bietet, damit sie ihre kühnen Ausbaupläne frech hinausposaunen können – das alles ist nachzulesen in dem vom Bundesumweltminister Gabriel mit Verspätung herausgegebenen Konferenzreader „Energiepolitik 20 Jahre nach Tschernobyl“.
Wohlwissend, dass sie gegenüber einer wankelmütigen Bundesregierung längerfristig am längeren Hebel sitzt, diktiert Walter Hohlefelder, Präsident des Deutschen Atomforums und Mitglied des Vorstandes der E.ON, dem Protokollanten des düpierten Bundesumweltministers Gabriel ins Stammbuch: Euer vages Geschwätz vom Ausstieg interessiert uns nicht, wir stellen letztendlich die energiepolitischen Weichen. Wir bauen zusammen mit unseren multinationalen Kooperationspartnern die neue Generation IV der Nuklearreaktoren, insbesondere den altdeutschen Hochtemperaturreaktor. Dieser denkwürdige „Dialog“ im Schatten der tödlichen Nuklearkatastrophe von Tschernobyl verdient es, ausschnittsweise wiedergegeben zu werden:
Gabriel: „Die prinzipiellen Risiken der Kernenergie sind nicht beherrschbar. Auch nicht in Deutschland.“
Hohlefelder: „Nicht diejenigen, die die Option Kernenergie offen halten wollen, sind die Ewiggestrigen, sondern diejenigen, die hierzulande über die Zukunft der Kernenergie noch nicht einmal nachdenken wollen.“
Gabriel: „Es gibt ausreichend Alternativen.“
Hohlefelder: „Gerade mit Blick auf eine großtechnische Wasserstoffproduktion – eine der großen Zukunftsvisionen der Energieversorgung – haben wir hier einen realistischen Innovationsansatz, den andere Technologien so nicht bieten können.“
Gabriel: „Die zweite Alternative sind erneuerbare Energien. Deutschland ist stolz auf sein ingenieurwissenschaftliches und sein forschungspolitisches Potential.“
Hohlefelder: „Verhältnismäßig kurzfristig erscheint der Einsatz des heliumgekühlten Hochtemperaturreaktors möglich. Bei seiner Nutzung zu Stromerzeugung kann ein Wirkungsgrad von über 50 Prozent erreicht werden. Der PBMR wird heute zur Anwendungsreife gebracht. Bekanntlich beruht dieser Reaktortyp auf einer deutschen Entwicklung (AVR, HTR), die wegen fehlender Zukunft der Kernenergie hierzulande abgebrochen wurde. Wahrscheinlich werden wir solche Anlagen künftig einmal aus dem Ausland importieren müssen.“
Gabriel: „Deutschland hat die Chance, der Welt und insbesondere den nicht so entwickelten Ländern zu zeigen, dass es eine Zukunft ohne Atomkraft gibt.“
Hohlefelder: „Die kerntechnischen Forschungseinrichtungen weltweit und die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Kraftwerkshersteller arbeiten mittlerweile intensiv an der vierten Generation von Kernkraftwerken. Sie könnte um das Jahr 2025 kommerziell nutzbar sein. Die Initiative zur Forschung und Entwicklung dieser so genannten ‚Generation IV‘ wurde vor fünf Jahren von zehn Staaten (Argentinien, Brasilien, Kanada, Frankreich, Japan, Südkorea, Südafrika, der Schweiz, Großbritannien und den Vereinigten Staaten) ins Leben gerufen. Deutschland ist bedauerlicherweise nicht dabei. Deutschland droht insofern den Anschluss an die weltweite Entwicklung und damit seine Mitsprache bei künftigen internationalen Sicherheitsstandards zu verlieren.“
Gabriel: „Jetzt kommt es darauf an, an dieser Ausstiegsvereinbarung nicht permanent Zweifel zu hegen, sondern sie umzusetzten und die Zukunft unserer Energieversorgung ohne Atomenergie sicherzustellen.“
Hohlefelder: „Ohne jemandem nahe treten zu wollen, halte ich die Formel von der Unumkehrbarkeit des Ausstiegs für töricht. Es ist anmaßend, wenn unsere Generation künftigen Generationen vorschreiben will, wie diese ihren Energiebedarf decken sollen. Ich bin auch sicher, dass künftige Generationen sich dies von uns nicht vorschreiben lassen.“
Die deutsche Atomindustrie ist autonom...
... und die Bundesregierung kann solange vom Ausstieg reden, bis sie schwarz wird. Ort der Handlung: Das Atomkraftwerk Philippsburg, Infocenter. Es sind die Tage vom 9. bis 11. März 2005. Die dortigen Geschehenisse werden vorsichtshalber erst ca. ein Jahr später nach dem Regierungswechsel der Öffentlichkeit im Internet bekanntgegeben: Es findet ein sogenanntes „HGF Doktorandenseminar“ zum Thema „Nukleare Sicherheitsforschung“ mit der anschließenden Verleihung des EnBW-Seminar-Preises für den besten Vortrag statt. Im Klartext: Hier zieht sich die Atomindustrie willfährige Nuklearwissenschaftler heran und die Helmholz-Gemeinschaft als übergeordnete bundesweite Forschungsinstitution macht bereitwillig bei dieser bewussten Sabotage des „Ausstiegs“ mit. Doch lassen wir die überaus eifrigen „Sicherheitsforscher“ selbst zu Wort kommen:
„Die kerntechnischen Nachwuchskräfte berichteten in 28 Vorträgen über ihre Arbeiten, die einen weiten Bogen über die Themen Reaktorsicherheit, Partitioning und Transmutation, Innovative Reaktorsysteme und Sicherheitsforschung zur Endlagerung spannten. (...)
Durch diese Virtuellen Institute konnten zusammen mit der RWTH Aachen, den Universitäten Heidelberg, Karlsruhe, Münster und Stuttgart und dem Forschungszentrum Jülich 8 Doktoranden- und 2 Nachwuchswissenschaftler-Stellen zusätzlich finanziert und besetzt werden.
An dem Seminar nahmen neben den kerntechnischen Doktoranden der oben genannten Institutionen auch Nachwuchskräfte des Instituts für Transurane (ITU) sowie sieben Doktoranden teil, die über das Patenschaftskonzept des Kompetenzverbunds Kerntechnik von der Industrie (Framatome ANP, RWE Power und EnBW) finanziert werden und am Forschungszentrum Karlsruhe ihre Ausbildung erfahren. Der EnBW-Seminar-Preis für den besten Vortrag wurde von Herrn Dr. Hans-Josef Zimmer, Vorstand der EnBW Kraftwerksgesellschaft, an Frau Ayelet Walter von der Universität Stuttgart verliehen für ihre Arbeit zur Systemmodellierung eines HTR (!!) mit Helium-Gasturbine unter Betriebs- und Störfallbedingungen.“
Jede Menge Vorträge zur Weiterentwicklung des HTR
Neun der insgesamt 28 Vorträge befassten sich mit der Weiterentwicklung von Reaktoren der Generation IV, obwohl gerade diese Linie angeblich in der BRD überhaupt nicht mehr weiterentwickelt würde und deswegen ein allgemeines Gejammer der Nuklearfetischisten zur Folge hatte. Die Liste der von den Atomkonzernen an dem „Ausstieg“ vorbeifinanzierten Vorträge und Entwicklungsarbeiten spricht eine andere Sprache:
- Untersuchung der Hüllrohrtemperaturen eines HPLWR Brennelements im Gleitdruckbetrieb. Behnke (RWE Power AG)
- Wärmeübergangsvergleiche für eine Rohrströmung von Wasser im überkritischen Zustand. Löwenberg (RWE Power AG)
- Coupled MCNP and Sub-Channel code for analyses of a HPLWR fuel assembly. Waata (FZK/IKET)
- Impact of basic cross-sections and thermal cattering law data on Neutronics parameters of HPLWR´s. Conti (IKE Stuttgart)
- Kopplung numerischer Modelle für Neutronik und Thermohydraulik zur Simulation von Transienten beim HTR. Rademer (IKE Stuttgart)
- Thermofluiddynamische Modelle und Analysen für den HTR. Nader (IKE Stuttgart)
- Entwicklung von webbasierten Werkzeugen zur Simualation von HTR-Anlagen. Schulz (IKE Stuttgart)
- System modeling and simulation of HTR circuits. Walter (IKE Stuttgart)
- Nuclear hydrogen genaration and storage methods. Ossowski (IKE Stuttgart)
Und vielen Dank auch noch an das Forschungszentrum Karlsruhe für die selbstlose Unterstützung! Bis nächstes Jahr!
Wie geht es unserem Reaktor? - Noch kein Ende vom Ende in Sicht
Aber noch so schöne Preise und kleinere Aufmerksamkeiten von Seiten der Atomindustrie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei allem wissenschaftlich-technischen Fortschritt auch harte Schicksale gibt, die wir nicht vergessen wollen. Projektleiter Dr. G. Dietrich, zuständig für die geordnete Restabwicklung des Projektes THTR 300, ist möglicherweise so ein Fall, dem im wahrsten Sinn des Wortes der Rest gegeben wird: Zweimal im Jahr hat er den Halbjahresbericht über den aktuellen Stand des Stilllegungsbetriebes abzugeben:
2002: „Die sicher eingeschlossene Anlage THTR 300 besteht noch aus den Gebäuden Reaktorhalle, Reaktorbetriebsgebäude, Reaktorhilfsgebäude mit den darin vorhandenen Anlagenteilen sowie dem Meldepult, aufgestellt beim Hauptpförtner des benachbarten Kraftwerkes Westfalen ....“
2003: „Die sicher eingeschlossene Anlage THTR 300 ....“
.... – genug des grausamen Spiels.
Es dürfte nachvollziehbar sein, dass die ständige Wiederholung dieser monotonen Prozedur zu Depressionen beim Ausführenden führen könnte. Diese könnte zudem noch dadurch verstärkt werden, dass der wunderschöne Reaktor nie wieder zum Leben erweckt und ständig noch weiter abgebaut wird.
Deswegen sind kleinere Highlights auch psychologisch gesehen sehr wichtig, wie zum Beispiel folgender aus dem Jahre 2002: „Im Berichtsjahr wurden der aus dem Maschinenhaus ausgebaute Turbosatz und der Generator in einem Braunkohlekraftwerk in der Türkei durch den Hersteller eingebaut und erfolgreich in Betrieb genommen.“ – Ja wer sags´ denn, wenigstens dieses kleine Teil vom THTR hat offensichtlich funktioniert – oder hat jemand etwas von einem GAU in einem türkischen Kohlekraftwerk gehört?? Vielleicht lassen sich durch diese kleinen Gaben die Türken empfänglich stimmen und möchten am Ende gar selbst einen ganzen HTR haben und nicht nur ein kleines Stückchen davon?
Abbau des biologischen Schildes
Kleinere Präsente wurden auch im Jahre 2005 vergeben: „Aus dem Überwachungsbereich wurden diverse Kleinkomponenten (u. a. Messumformer, Nadelventile, Magnetventile, Kleinleitungen) ausgebaut und einer Hochschule für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt (H. B.: Warum keinem Technikmuseum?). Weiterhin wurde ein Vorgespannter Guss-Druckbehälter mit einem Gesamtgewicht von ca. 200 Mg zerlegt und der Verwertung zugeführt. Dieser Behälter war bereits während der Herstellung des sicheren Einschlusses aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes entlassen worden und konnte daher ohne Einbindung der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde abgebaut werden.“ (Geschickt gemacht, respekt!)
Diverse Kälteanlagen, Amaturen, Pumpen, Motore und Messumformer wechselten die letzten Jahre ebenfalls den Besitzer. Interessant für uns ist noch der 2006 im Rahmen der 9. Stilllegungsgenehmigung vorbereitete Ausbau des Reaktortanks und der Abbau des biologischen Schildes. Ein TÜV-Gutachten zu einem überarbeiteten Sicherheitsbericht wurde in diesem Zusammenhang noch erwartet. Glücklicherweise hat unser Herr Projektleiter jetzt also wieder etwas mehr zu tun und muss nicht für 7,11 Euro pro Stunde (Brutto!) als hundeführender Wachmann bei dem neuen preisgünstigen THTR-Wachdienst anheuern. Glück gehabt!
Zudem gibt sich Projektleiter Dietrich jede erdenkliche Mühe, sich nützlich zu machen. Erst im Juni 2007 hat er in der Monatszeitung atw – das ist die Fachzeitschrift, die bereits 1983 den Tschernobyl-Reaktor gute Sicherheitseigenschaften zuschrieb – einen Artikel publiziert. Kann es einen passenderen Publikationsort für einen realistischen THTR-Artikel geben? Schon an der Überschrift des Artikels (Bypassregelung ...) merkt man deutlich, dass es unserem Reaktor nicht allzugut geht:
„Stationäres Teillastverhalten einer geschlossenen Einwellen-Gasturbinenanlage mit Hochtemperaturreaktor bei einer Bypassregelung vom Hochdruckverdichteraustritt zum Kühleintritt.“
Hier werden äußerst wichtige Fragen zu einer Reaktorlinie behandelt, die in Deutschland nie wieder gebaut wird - wenn man den offiziellen Beteuerungen unseres Umweltministers Glauben schenken darf. Alles in Allem ist dieser Beitrag also eine echte Bereicherung einer realistischen Debatte!
Horst Blume
HTR: Keine inhärente Sicherheit! |
„TR: Von den AKW der vierten Generation, den so genannten Hochtemperatur- oder Kugelhaufenreaktoren, wird gesagt, sie seien inhärent sicher. Gibt es diese inhärente Sicherheit?
Sailer: Es gibt keine absolute inhärente Sicherheit. Auf dem Papier können Sie einen inhärent sicheren Reaktor zeichnen, aber wenn Sie einen praktikablen Reaktor bauen wollen, gibt es immer Szenarien, in denen das nicht der Fall ist. Beim HTR ist das zum Beispiel ein Wassereinbruch aus der Sekundärseite. Wenn der HTR klein genug ist, sind die inhärenten Eigenschaften wesentlich besser als bei unseren jetzigen Anlagen. Deswegen ist der Traum der HTR-Befürworter, viele solche kleinen Module nebeneinander zu bauen. Dann bekommen sie aber ein wirtschaftliches Problem: Kleine Module sind pro Megawatt installierte Leistung teurer als große.
Das ist eigentlich keine Option, weil es keine fertig entwickelten Module gibt. Prinzipiell gearbeitet wird daran nur in China und Südafrika. In China, wo ich mir unlängst so eine Anlage angeschaut habe, konnte ich nichts entdecken, was auf eine bevorstehende Serienfertigung schließen lässt. In Südafrika ist die Technik nach wie vor umstritten und noch nicht realisiert. Und dann stellt sich noch die Frage: Realisierung auf welchem Sicherheitsniveau? Wenn die Module so viel kosten, ist die Versuchung da, irgendwo, z.B. an der Sicherheit, zu sparen.“
Meridium macht ab jetzt beim PBMR Murxium |
Wie immer beim Beginn einer vielversprechenden Kooperation überhäufen sich die frischgebackenen Geschäftspartner gegenseitig mit Komplimenten und Superlativen. Für die US-Softwarefirma Meridium ist der geplante südafrikanische Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) „der erste kommerzielle hochentwickelte Reaktor, der im neuen Jahrtausend gebaut wird“ – und zwar mit ihrer Hilfe. Wenns ein Flop wird, wäre es immerhin ein Jahrtausendflop. In jedem Fall eine gutbezahlte Ehre, hier mitmachen zu dürfen.
Offensichtlich hat Meridium die leichten Verzögerungen im Zeitplan für den Reaktorbau noch nicht ganz mitbekommen, wenn man ihre Presseerklärung liest. Aber wenn diese Firma bestimmungsgemäss versucht, die „Supportstrategien“ für den störrischen Reaktor zu optimieren, wird sie schon noch merken, dass die erwartete „Steigerung des Leistungspotentials“ an gewisse Grenzen stösst. Die Ärmsten sind jetzt schon zu bedauern.
Sie hätten sich sogar über die lange Pleitegeschichte des HTR-Projektes in Deutschland vor Ort informieren können. Denn die US-Firma hat nicht nur Niederlassungen in Dubai und Australien, sondern auch im bundesdeutschen Walldorf. Meridium Inc. wird der PBMR-Gesellschaft für gutes Geld ihre „Software- und Beratungslösungen auf dem Asset Performance Management (APM) – Gebiet“ verkaufen, wie sie am 22. August 2007 in ihrer Presseerklärung ankündigte.
Wichtig scheint den Südafrikanern zu sein, dass sie mit dieser Kooperation „eine bessere Rentabilität und vorhersehbare Produktionskapazität ohne zusätzlichen Kapitaleinsatz erzielen“. Das haben sie offensichtlich sehr nötig. Aber es wird nicht viel helfen und die Zeche für dieses unverantwortliche Nuklearabenteuer werden die Menschen ganz unten bezahlen müssen.
Sehr geehrte Frau Beatrix Vierkorn-Rudolph! |
Wir können uns gut vorstellen, dass Sie nicht viel Zeit haben, unsere Fragen zu beantworten. Die vielen neuen Arbeitsgruppen im Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Aufsichtsratssitzungen im Forschungszentrum Jülich, in denen Sie sondieren, „in welcher Form Atomforschungskompetenzen“ neuerdings genutzt werden könnten, nehmen sicherlich Ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
Sie selbst haben jedoch in der TAZ-NRW am 3. August 2006 angekündigt, dass eine Entscheidung so schnell wie möglich herbeigeführt werden sollte (siehe THTR-Rundbrief Nr. 109). Nun haben wir Ihnen vor 13 Monaten, exakt am 6. August 2006, unsere diesbezüglichen Fragen übermittelt und bisher noch keine Antwort erhalten. Wir sind natürlich sehr froh, dass Sie so gründlich und gewissenhaft prüfen, aber eine Antwort hätten wir nun doch gerne in absehbarer Zeit. Wir bieten Ihnen darüberhinaus an, dass wir Sie in Ihrem Büro besuchen können, um in einem persönlichen Gespräch Klarheit zu schaffen.
Mit freundlichen Grüßen!
Horst Blume für die BI Umweltschutz Hamm
Uranhexafluorid |
Die Stadt Hamm hat sich erneut geweigert, unsere zweite Fragenliste zu den UF-6 – Transporten durch Hamm zu beantworten, obwohl in ihnen neue, katastrophale Missstände angesprochen wurden (siehe THTR-RB Nr. 115) und diesmal angeregt worden ist, das Einsatzkonzept der Hammer Feuerwehr zu aktualisieren. – Bloß kein Wort zuviel sagen, selbst bei großer Gefahr bloß keinen einzigen Schritt auf den Bürger zugehen, immer schön formalbürokratisch alles abwiegeln. Hat jemand etwas anderes von denen erwartet? Die grüne Ratsfraktion wird auch diesmal so freundlich sein und unsere Anregungen erneut in die zuständigen Gremien hineintragen.
In Berlin fanden im letzten Jahr 220 vandalistische Flusssäure-Attacken bei der Bahn und öffentlichen Gebäuden statt, berichtete am 8. 8. 2007 der Tagesspiegel. In diesem Jahr waren es bisher 51. Es gibt in Berlin eine „Street-Art-Szene“, welche die aus Uranhexafluorid entstehende Flusssäure verwendet, um ihre Zeichen und Namenzüge in Glasscheiben zu verewigen. Kontakt mit dieser Säure bewirken nicht nur Verätzungen auf der Haut. „‘Die Säure dringt vielmehr tiefer in das menschliche Gewebe ein und schädigt unter anderem auch Knochen. Das bedrohliche ist der Eingriff in den Stoffwechsel des Körpers‘ sagt Diplomchemiker Roland Stiegler von der Berufsgenossenschaft Chemie. Die Aufnahme erfolge durch Schleimhäute. Dabei reagierten Fluorionen mit dem körpereigenen Magnesium und Calcium. Durch diese Veränderungen bestehe die Gefahr, dass Leber- und Nierenschäden auftreten, die im schlimmsten Fall tödlich enden können“ (Tagesspiegel 8. 8. 2007).
Die Rede ist hierbei wohlgemerkt von ganz wenigen Gramm dieses Stoffes. Nach Angaben von Urenco werden jährlich 130 Waggons mit insgesamt 380 Behältern von Pierrelatte nach Gronau transportiert. Ein einziger Behälter enthält 12,5 Tonnen Uranhexafluorid. Und mehrere davon standen stundenlang unbewacht in Hamm herum. Das ist eine völlig andere, erschreckende Dimension!
Wie gefährlich die Flusssäure von der Justiz eingeschätzt wird, wird beim Strafmass eines gefassten jugendlichen Ersttäters in Berlin deutlich. Für sein unverantwortliches Hantieren mit ein paar Gramm bekam er zwei Jahre Gefängnis ohne Bewährung (Taz vom 17. 8. 2007). Die Herkunft des ultragiftigen Stoffes liegt noch im Dunkeln. Auf die Idee, dass da vielleicht ein Urenco-Mitarbeiter etwas abgezweigt haben könnte, ist seltsamerweise noch niemand gekommen.
Pinkwart verschweigt tiefbraune Flecken in der Geschichte der NRW-FDP |
Die FDP wurde in NRW 60 Jahre alt. Grund genug, für den rührigen Innovationsminister nicht nur die HTR-Pleitereaktor-Geschichte schönzureden, sondern auch diejenige der eigenen Partei. Auf seiner Festrede am 19. August 2007 in Düsseldorf wurden der Öffentlichkeit mit viel Wortgeklingel Genscher, Scheel und Lambsdorf abgefeiert. Den kriminellen Hasadeur Möllemann, der 17 Jahre lang als NRW-Vorsitzender amtierte, erwähnte Pinkwart nur ganz kurz und hier fängt die Geschichtsklitterung schon an.
Die FDP war in NRW seit ihrer Gründung eine Partei auch für Antisemiten, schrieb die Wochenzeitung „Jungle World“ am 22. 5. 2002: „In den Anfangsjahren der Bundesrepublik fungierte sie als Sammelbecken für ehemalige Nationalsozialisten. (...) Insbesondere gegen die Entnazifizierung wandten sich die Liberalen, man sah sich als Fürsprecher der »kleinen Parteigenossen« und ehemaligen Soldaten. (...) Auf ihrem Münchner Bundesparteitag im September 1951 verlangte die FDP die Freilassung aller »so genannten Kriegsverbrecher« und begrüßte die kurz zuvor erfolgte Gründung des Verbands Deutscher Soldaten, der aus ehemaligen Wehrmachts- und SS-Angehörigen bestand. (...) Doch nicht nur Mitglieder der Sozialistischen Reichspartei (SRP), die 1952 als NS-Nachfolgeorganisation vom Bundesverfassungsgericht verboten worden war, wurden von der FDP umworben.“
Auch die TAZ wies am 20. 8. 2007 darauf hin, dass die FDP in den 50er Jahren ganz bestimmt nicht als weltoffene und tolerante Partei bezeichnet werden könnte: „Tatsächlich war seinerzeit der hauptamtliche Apparat der NRW-FDP durchsetzt mit ehemaligen NSDAP-, HJ- und SS-Funktionären. So konnte der äußerst rechts positionierte Landesverband - zumindest wohl mit Duldung des NRW-Chefs Middelhauves - Ausgangspunkt für die Übernahmeaktivitäten des "Naumann-Kreises" werden, einer Gruppe um Werner Naumann, dem letzten Staatssekretär von Joseph Goebbels. Anfang 1953 wurde der Kreis von den Briten ausgehoben. Maßgebliche Türöffner für die Rechtsextremen blieben indes unbehelligt und konnten ihre Karriere in der FDP fortsetzen. Bis in die 60er-Jahre hinein blieb der Landesverband stramm deutschnational ausgerichtet“.
Auch der ehemalige Nationalsozialist und frühere Bundestagsfraktionschef Erich Mende kam aus NRW und ging erst 1970 aus Protest gegen die Entspannungspolitik zur oppositionellen CDU. Wir sehen also, Pinkwart hat großes Talent, aus einem Desaster eine berauschende Erfolgsgeschichte zusammenzufabulieren. Es wäre ihm durchaus zuzutrauen, dass er dem unsäglichen nationalstolzigen FDP-Bürgermeister Deuse aus Mügeln in NRW „Asyl“ anbieten würde.
Liebe Leserinnen und Leser! |
Bei Wikipedia wurde in dem THTR-Artikel wiederholt von der Atomlobby der Link auf unsere kritische Homepage gelöscht. Grund genug, beim nächsten mal auf die Hintermänner dieser Machenschaften näher einzugehen. Oder auch darauf, dass ein Hammer Gymnasium auf seiner Homepage aus Betreiberbroschüren einseitig abschreibt und sich so zum vielgenutzen Propagandaarm der Atomindustrie macht.
Die Homepage www.antiatombonn.de spiegelt dankenswerterweise auch Inhalte aus dem THTR-Rundbrief. Inzwischen wird gegen den Verantwortlichen der Homepage ermittelt, weil er im Juni angeblich zu Straftaten im Rahmen der G8-Proteste aufgefordert haben soll. Die Polizei durchsuchte drei Monate nach der Veröffentlichung seine Wohnung und beschlagnahmte seinen Computer. Das soll einschüchtern und stellt einen eklatanten Angriff auf unsere Grundrechte dar. Wir solidarisieren uns mit unseren Freunden in Bonn und bleiben am Ball.
Die Vorbereitungen zur Urankonferenz am 22. September in Dortmund sind schon weit gediehen. Niemand sollte sich dieses hochinformative Ereignis entgehen lassen! Infos: www.sofa-ms.de
Den Nachruf auf den verstorbenen THTR-Kläger Hartmut Peek-Kruse im Westfälischen Anzeiger zierte ein falsches Personenfoto, wofür wir als BI nichts können, auch wenn im Text aus dem Rundbrief zitiert wurde. Peinlich, peinlich.
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