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Die THTR-Rundbriefe aus 2007

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THTR Rundbrief Nr. 110, Januar 2007


Papagei Pinkwart plappert wieder ...

Wenn jemand die mehrheitlichen Wünsche seiner Umgebung nach stiller Nachdenklichkeit andauernd plappernd ignoriert, so nennt man ihn gewöhnlich Nervensäge. Hat er jedoch den Rang eines Ministers, so darf er sich Pinkwart für Innovation nennen. Paaren sich bei so Einem trotz abschreckender Katastrophen wie in Tschernobyl bedingungslose Technikgläubigkeit mit aberwitzigem Machbarkeitswahn zu einer nuklearen Scheuklappe, so wird Dieser unablässig von der Notwendigkeit einer Entideologisierung der Forschungspolitik reden, um von seiner ureigenen Ideologie abzulenken: Der Pinkwartisierung aller Lebensbereiche. Das bedeutet handfeste Interessenpolitik und Verschwendung öffentlicher Gelder für den Profit der Konzerne, insbesondere der Energieunternehmen.

Ein Jülicht leuchtet in der Finsternis

Längst abgeschriebene Steinzeittechnologien wie Hochtemperatur-Reaktoren (HTRs) werden trotz zunehmendem Verwesungsgeruch wieder an den finanziellen Tropf gehängt. Denn der Pinkwart steht seit Jahrzehnten zu ihnen in Treue fest und zündet zu ihrem Gedenken jede Woche ein teures Jülicht an, auf dass die Dunkelheit in der Forschungslandschaft weiche und sie wieder im hellen Glanz erstrahlt -- wie früher einmal. Jeder Mensch erkennt sofort: Hier wirkt der Innovationsminister ganz besonders innovativ!

Bei seinen Bestrebungen, neue Professorenstellen und neues Geld für die THTR-Technik aus den 50er Jahren an Land zu ziehen, hat er neue Freunde gefunden, wie der Kölner Stadtanzeiger am Nikolaustag (06.12.2006) schrieb: "Der Leiter des Forschungszentrums Jülich, Professor Achim Bachem, und der Rektor der TH, Professor Burkhard Rauhut, begrüßten die Einigung mit dem Land. Mit dem Auslaufen der Lehrstühle habe ein großer Kompetenzverlust gedroht. Eine der Professuren sei bereits seit fünf Jahren vakant. Die Kernenergieforschung benötige die neue Perspektive, um junge Leute für diesen Bereich zu gewinnen, sagte Professor Bachem."

Bachem, seit dem 04.10.2006 neuer Vorsitzender des Forschungszentrums Jülich kommt ursprünglich von der Raumfahrtforschung und der "diskreten Mathematik", die wirklich so heißt. Und er weiss, wie man sich neue Fördertöpfe und Projekte angelt. Hat er doch das europäische Galileo-Kontrollzentrum nach Oberpfaffenhofen (!) geholt. Er wird sicherlich in Zukunft noch viel für die gemeinsame nukleare Sache tun können und fängt schon mal an, anlässlich des 50. Jubiläums des FZJ am 11.12.2006 folgenden grotesken Witz hinauszuposaunen: "Wissenschaftlicher Höhepunkt war die Entwicklung des THTR -- bis heute der sicherste Reaktortyp weltweit." Die Bürger der Stadt Hamm, die diese Sicherheit in ihrer eigenen Stadt hautnah erleben durften, werden bestimmt sehr amüsiert sein, wenn sie das hören.

Nostalgisch und teuer

Anerkennend zitiert Pinkwarts NRW-Ministerium für Nostalgie, Wissenschaft, Forschung und Technologie in seiner Presseerklärung vom 05.12. 2006 den erneut vollzogenen Schulterschluss mit den Nuklearideologen der 50er und 60er Jahre: "'Es wäre leichtfertig und unverantwortlich, die weltweit anerkannten Forschungsarbeiten von Herrn Professor Schulten (RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit dem FZ Jülich) im Bereich des Hochtemperatur-Reaktors HTR und die in diesem Zusammenhang aufgebauten Kompetenzen aufzugeben', sagte der Rektor der RWTH Aachen, Prof. Burkhard Rauhut." Und das alles lassen sich die Energiekonzerne und ihr Staat Einiges kosten, wie weiter zu lesen ist: "Die RWTH Aachen und das Forschungszentrum Jülich werden gemeinsam mit Unterstützung des Landes NRW drei Professuren -- anders als unter der Vorgängerregierung geplant -- besetzen und zusätzlich eine weitere Professur einrichten. "Alle vier Forscher werden nach den bewährten Kooperationsmodellen auch im Forschungszentrum Jülich tätig sein. Zugleich gaben die Unternehmen RWE Power AG und ThyssenKrupp Steel AG bekannt, die Ausstattung der Lehrstühle mit 3,5 Millionen Euro zu unterstützen. (...) Die RWTH Aachen wird dazu drei Professuren (Reaktorsicherheit und Reaktortechnik; Modellbildung und Simulationen in der Kerntechnik; Ver- und Entsorgung von Kernbrennstoffen) nachbesetzen; das Forschungszentrum Jülich wird eine vierte Professur für Nukleare Entsorgung und Abfallbehandlung unmittelbar wiederbesetzen. RWE Power AG und ThyssenKrupp Steel AG investieren ab 2007 insgesamt 3,5 Millionen Euro in Erstausstattung und Forschungsinfrastruktur." Der Kölner Stadtanzeiger ergänzt: "Das Land wird nach Angaben des Ministers zwei der Lehrstühle mit insgesamt 240 000 Euro pro Jahr finanzieren."

Innovativ bei der Geldbeschaffung

Völlig selbstlos geben die genannten Konzerne die 3,5 Millionen Euro natürlich nicht aus. Bereits jetzt verdient sich die ThyssenKrupp-Tochter Uhde (Dortmund) an der Errichtung einer nuklearen Brennelementefabrik für den THTR in Südafrika mit 20 Millionen Dollar eine goldene Nase. Wenn das Atomgeschäft richtig in Schwung kommt, steigert sich der Gewinn ins Unermeßliche. Und auch Techniknostalgiker Pinkwart wird zumindest bei der Geldbeschaffung richtig innovativ und kreativ, wie seiner Presseerklärung zu entnehmen ist. "'Ich möchte, dass Nordrhein-Westfalen sich beteiligt an der Entwicklung von Reaktoren der IV. Generation. Hierbei geht es um effizientere, inhärent sichere und entsorgungsärmere Reaktoren.' Pinkwart verwies auch auf die Möglichkeit, dass NRW nach dieser Entscheidung auch im Bereich Kernenergieforschung am 7. EU-Forschungsrahmenprogramm, das 2007 beginnt und insgesamt ein Volumen von rund 54 Milliarden Euro besitzt, erfolgreich teilnehmen kann." Da ist sicherlich Einiges zu holen.

Wiederauferstehung?

Gegen diese Renaissance der Atomkraft regt sich inzwischen unerbittlicher Widerstand in Form einer -- na?? - Presseerklärung. "Nach Ansicht der Grünen-Politikerin Ruth Seidl bekennt sich die Landesregierung mit der Einrichtung der Professuren zur Atomkraft. ,Das hört sich relativ harmlos an, aber es geht um eine Wiederauferstehung der Atomkraft', sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin. Die Unterstützung der Forschung zeige, dass es Pinkwart langfristig nicht nur um die Sicherheit gehe, sondern um Bau einer neuen Generation von Reaktoren" (TAZ NRW, 06.12.2006). Wiederauferstehung! -- Welch ein unpassendes Wort für die Atomindustrie, die Dank Rotgrün nie wirklich darniederlag und welch ein Passendes für die Notwedigkeit eines erneuten Widerstandsanlaufes von Grünen und anderen Verschlafenen. Doch die Erfahrung zeigt überdeutlich: Wer einmal von dem süßen Gift der Anpassung und des Verrats an guten Vorsätzen gekostet hat, dessen Widerstandwille und --Fähigkeit wird so schnell nicht wiederauferstehen! Deswegen ist dem Kommentar des Leib- und Magenblattes der ehemaligen Gutmenschen und heute meist Gutbetuchten, der TAZ nrw vom 06.12.2006, durchaus zuzustimmen: "Nun versucht Pinkwart die Zeit zurück zu drehen. Ob auf dem vergangenen FDP-Bundesparteitag, in zahlreichen Zeitungsinterviews oder auf Pressekonferenzen wie der gestrigen in Düsseldorf: Seit Monaten schon gibt Pinkwart den obersten Atomlobbyisten der Republik. Noch ist sein Kampf für eine Renaissance der Atomkraft nur ein rhetorischer Kampf. Doch er sollte nicht unterschätzt werden. Es wird Zeit für eine neue Anti-AKW-Bewegung." 

Ein kleineres Scharmützel ...

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Nachdem bekannt geworden ist, dass es auch innerhalb des Forschungszentrums Jülich (FZJ) Menschen gibt, die den neu-alten Atomkurs ablehnen, wird offensichtlich der Inhalt unserer Homepage von bestimmten Leuten genauer unter die Lupe genommen. Dies ist nicht nur an den steigenden Besucherzahlen abzulesen, sondern auch daran, dass offensichtlich nach inhaltlichen Schwachstellen gefahndet wird. Sicherlich nicht zufällig wurde unser seit 30 Jahren am meisten gespiegelte Artikel "Das atomare Dreieck" aus Rundbrief Nr. 95 zum Gegenstand einer pikierten bzw. pinkwartierten Nachfrage.

Da schrieb ein Dr. Klaus Höthker aus Jülich: "Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir zu der in Ihrem Artikel http//:www.uni-kassel.de/fb5/frieden/ themen/Atomwaffen/blume.html geäußerten Behauptung ,Ich werde nicht näher auf den rechtskräftig verurteilten SS-Obersturmbannführer in Leiden (Holland) Alfred Boettcher eingehen, der (...) Direktor des Kernforschungszentrum Jülich ...' einen nachprüfbaren Beleg der Verurteilung zur Verfügung stellen würden. Ich meine, dass Artikel, zumal wenn sie unter der Adresse einer deutschen Hochschule firmieren, mindest die Qualität haben sollten, dass derart schwerwiegende Behauptungen auch belegt werden."

Dem Mann kann geholfen werden: "Schön, dass Sie so engagiert mitdenken! Meine Anmerkungen zum Thema "Naziwissenschaftler in späteren führenden BRD-Institutionen" sind wirklich etwas kurz geraten und sollten etwas ausführlicher werden. Im nächsten Jahr werde ich sicherlich Zeit finden, eine entsprechende Abhandlung im THTR-Rundbrief zu schreiben. (...) Zum Thema Boettcher kann ich Sie beruhigen. Die Angaben stammen aus dem Bestseller von Holger Strom "Friedlich in die Katastrophe", Seite 866. Alle Bundestags- und EU-Abgeordnete, Ministerpräsidenten und Forschungseinrichtungen haben damals von dem Herausgeber ein kostenloses Exemplar erhalten. Sicherlich hat Ihr Institut auch noch ein Exemplar." - Und darin ist ergänzend zu Boettcher zu lesen: "(...) 1949 zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. (...) Leiter der Deutsch-Südafrikanischen (sic!) und Deutsch-Brasilianischen Zusammenarbeit im Bereich Kerntechnik."

Ausblick

Pinkwart und seine Hintermänner werden ihre Spielchen wohl noch eine ganze Weile weitertreiben, weil die Anti-Atom-Bewegung momentan viel zu schwach ist, sie zu stoppen. Zukünftige Brüche in dieser unheilvollen Kontinuität nuklearen Forschungsdranges sind zunächst am ehesten innerhalb folgender zwei Szenarien zu erwarten: Zum Einen würde erst das Ende der Großen Koalition und der Beginn einer CDU/FDP-Regierung mit einer noch ungezügelteren Nuklearförderung viele Menschen aufrütteln und wieder zum direkten Widerstand bewegen können. Zum Anderen ist ja nun leider, leider damit zu rechnen, dass irgendwann in den nächsten Jahren wieder ein größerer Störfall passieren wird, der die Menschen mobilisieren und Politiker von Schlage Pinkwarts mit Schimpf und Schande von der politischen Bühne hinwegfegen würde. Aber bis dahin sollten wir im eigenen Interesse nicht warten und durch den Neuaufbau eines atomkritischen NRW-Netzwerkes und eine gezielte Nadelstiche-Politik schon heute den Widerstand intensivieren. Es sind schon Signale zu hören, dass sich Einiges in diese Richtung bewegt!

Nukleare "Schurkenstädte": Dortmund und Essen

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"EHR goes South Africa" verkündet stolz die Mitarbeiterzeitung (1/2006) der Essener Hochdruck-Rohrleitungsbau (EHR) mitsamt benachbartem Zweigwerk in Dortmund. Gefeiert wird der neueste Vertragsabschluss für den Export von Röhren für den Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) nach Kapstadt in Südafrika.

Der PBMR -- das ist die südafrikanische Bezeichnung für die altwestfälische Pleitekonstruktion Thorium Hochtemperatur Reaktor (THTR) -- soll in ein oder zwei Jahren dort gebaut werden. Die maßgeblichen Teile werden -- man höre und staune -- aus Essen und Dortmund kommen. Also jenen Städten, die mit der ruinösen Geschichte des THTR?s in den 70er und 80er Jahren untrennbar verbunden sind: Dortmund war bis zur Fusion mit RWE der Firmensitz der Vereinigten Elektriziätswerke, die den THTR in Hamm-Uentrop in Auftrag gaben und mitbetrieben. Und Essen ist der Firmensitz der RWE.
Das alles ist zwar lange her, aber wenn es um den Profit geht, brechen alte Verbindungen und Kontakte bei den in Dortmund und Essen ansässigen Konzernen nicht ab, sondern werden gehegt und gepflegt. Mit Erfolg: Die Dortmunder Firma Uhde wird Teile der nuklearen Brennelementefabrik für den PBMR in Südafrika bauen (siehe THTR-Rundbrief Nr. 100 und 101). Die RWE NUKEM (in diesem Jahr verkauft nach Advent, siehe THTR-RB Nr. 101 und 107) stellt das Basic Engineering einschließlich der Störfallanalysen zur Verfügung. Und da an einem Atomkraftwerk viele Seiten verdienen, gesellt sich die Firma EHR hinzu. Wenn auch in Deutschland angeblich immer noch aus der Atomkraft ausgestiegen werden soll, macht das den multinational agierenden Konzernen gar nichts aus.

Die EHR-Mitarbeiterzeitung verweist auf alte Beziehungen nach Südafrika: "Für den EHR ist es kein Sprung ins kalte Wasser, so Chief Executive Officer Ronald Diehl, da man auf die umfangreichen Erfahrungen der ehemaligen Muttergesellschaft Mannesmann Anlagenbau zurückgreifen kann, die Hochdruckrohrleitungen in mehreren Kraftwerken der Region geplant und realisiert hat." Damit wurde damals das Terrorregime des Apartheidstaates gestützt, wen kümmert dies heute noch??

Selbstbewusst verweist das EHR-Management in der Firmenhomepage auf die eigene nukleare "Kern-Kompetenz": "Seit der EHR Aktivitäten, Know-how und Mitarbeiter der ehemaligen Mannesmann Anlagenbau AG übernommen hat, sind wir in hervorragender Weise auf die besonderen Anforderungen in der Nukleartechnik eingestellt. Unsere Spezialisten waren am Ausbau der Kernenergie in Deutschland maßgeblich beteiligt durch die Planung, Berechnung, Konstruktion, Beschaffung, Lieferung, Vorfertigung, Montage und Dokumentation der Rohrleitungssysteme. Darüber hinaus haben sie Aufträge für Kernkraftwerke auf der ganzen Welt souverän abgewickelt."

Inzwischen ist eigens für die nuklearen Kooperationen eine südafrikanische EHR-Niederlassung gegründet worden, erfährt man auf der Homepage: "Aktuell gibt es bereits eine Reihe von Aufträgen und Anfragen für die Hochtemperatur-Rohrleitungssysteme im PBMR-Projekt des Landes. EHR South Africa Piping Systems wird zu 39% von der Essener Muttergesellschaft über EHR German Piping Systems, zu 33% vom lokalen Unternehmen KOG Fabrications und zu 28% von der örtlichen Geschäftsführerin Shirley Chaukes gehalten. So ist die Leistungsfähigkeit und die Umsetzung des EHR-Know-hows vor Ort gesichert. In einem Ausbildungs- und Trainingsprojekt sollen afrikanische Mitarbeiter im Unternehmen qualifiziert werden." Im März 2006 bezifferte der südafrikanische Wirtschaftsinformationsdienst "Engineering News, Mining Weekly and Polity" das vereinbarte Auftragsvolumen mit über 100 Millionen Euro.

Bereits einige Monate zuvor erhielt EHR zusammen im Konsortium mit Babcock Borsic Service den größten Auftrag seiner Geschichte für die Rohrleitungen des Reaktorgebäudes vom finnischen Atomkraftwerk "European Pressurized Water Reactor" (ERP) mit einer Leistung von 1600 MW. Angefragt wurde bei EHR ebenfalls schon wegen Röhren für den ERP-Bau gleichen Typs in Flamanville (Frankreich). Die immer umfassenderen geschäftlichen Aktivitäten und der erhöhte Finanzbedarf führten in den letzten Monaten zu neuen Konzentrationsprozessen in der Branche. Ab dem 16. Juni 2006 gelangte die EHR mit seinen rund 800 MitarbeiterInnen in die Hände der Bilfinger Berger AG, Mannheim. - Mannheim!! Und jetzt wird jeder stutzig, der sich mit der Geschichte der HTR-Linie etwas auskennt. Hier schließt sich der nukleare HTR-Kreislauf wieder, denn die in Mannheim und der Schweiz sitzende Brown, Boveri & Cie Aktiengesellschaft (BBC, später verschmolzen mit Asea BBC) war in den 70er und 80er Jahren ein führendes Unternehmen bei der Entwicklung der HTR-Linie, zusammen mit Babcock und Mannesmann!!

Ulrich Kirchner, Autor des Buches "Der Hochtemperaturreaktor" (Campus Forschung, 1991) beschreibt die Zusammenhänge folgendermaßen: "Zuvor hatte die BBC bereits mit ihrer Tochterfirma HRB (Hochtemperatur-Reaktorbau GmbH), der Deutschen Babcock Maschinenbau AG, Mannesmann Anlagenbau AG, Strabag Bau-AG und Innotec Energietechnik KG das Entwicklungskonsortium HTR-100 gegründet." (Seite 171) Bilfinger Berger AG kommentierte seine neueste EHR-Einverleibung folgendermaßen: "Mit dieser Aquisition kann der Konzern bei komplexen Rohrleitungssystemen die gesamte Wertschöpfungskette von Planung, Lieferung und Montage bis zur Wartung, Instandhaltung und Revision aus einer Hand anbieten."

Mal EHRlich, wer hätte das gedacht? Während in Deutschland sich die übergroße Mehrheit der verschlafenen "Umweltschützer" durch einen vermeintlichen Atomausstieg in falscher Sicherheit wiegt, werden mit bewundernswerter Gradlinigkeit und Konsequenz Fakten geschaffen, denen eine nationalstaatliche Politik nicht viel anhaben kann und die ihr Ziel auch über Jahrzehnte hinweg niemals aus den Augen verliert. Und weil so ein nukleares Wirken nicht hingenommen werden darf, bekommt es jetzt in Dortmund contra. Die neugegründete Bürgerinitiative gegen Atomanlagen, Contratom, verteilte Anfang August Flugblätter zum "Nagasaki-Tag" und kritisierte hierin die Urananreicherungsanlagen in den USA, im westfälischen Gronau, die Geplante in Iran - und die Verstrickungen einheimischer Firmen in den Neubau von Hochtemperaturreaktoren in Südafrika.
Die eindeutig-prägnante Zwischenüberschrift des Flugblattes lautete: "Schurkenstadt Dortmund". Und auch von Hamm-Uentrop kann die EHR nicht lassen: Für das direkt neben dem stillgelegten THTR im Bau befindliche Gas- und Dampfkraftwerk (CCPP) liefert die umtriebige Firma für 12 Millionen Euro Rohrmaterial. Und wer weiss, was noch alles geplant ist...

PBMR -- Es geht voran!

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Der Zeitplan für den Bau des Pebble Bed Modular Reactors (PBMR) in Südafrika verzögerte sich bekanntlich etwas. Die Realisierung nimmt aber inzwischen immer konkretere Formen an. Zusätzlich zu den deutschen Firmen Uhde, SGL Carbon, EHR und Skandalfirma NUKEM ist ein spanischer Konzern an dem Bau beteiligt. Die Equipos Nucleares SA (ENSA), 45 Prozent der Firmenanteile gehören Westinghouse, haben den Auftrag über 52 Millionen Dollar für die Herstellung der Hauptdruckumschließung des Reaktors erhalten. "Die Druckumschließung umfasst die wesentlichen druckführenden Anlagenkomponenten des PBMR, d.h. den Reaktordruckbehälter, die Primärkühlmittelleitungen und das Druckentlastungssystem. Rund 2000 t Stahl sollen verbaut werden. Der Auftrag schließt Bau und Herstellung, die Vorbereitung für den Schiffsversand, das Projektmanagement, die Qualitätssicherung und das Ausgestaltungsmanagement mit ein. Voraussichtlicher Abschluss des Projektes ist Mai 2009" (aus: atw 3/2006). Ausfuhrhafen wird das kantabrische, ans Baskenland angrenzende Santander (Maliano) sein. Und da in Spanien nicht so eine dröge Arbeiter"bewegung" wie in der BRD vor sich hindöst, sondern eine mit revolutionärer Tradition und aktueller emanzipatorischer Praxis besteht, ergeben sich hierdurch verschiedene Ansatzpunkte, den Nuklearkonzernen so einige Steine in den Weg zu legen....

Doch so ganz unumstritten ist der PBMR innerhalb der Atomgemeinde nicht, wie die Jahrestagung Kerntechnik 2006 in Aachen zeigte. Dort verglich Ulrike Läuferts (NRG Petten, Niederlande) in ihrem Vortrag die nuklearen Brennstoffkreislauf-Strategien des Europäischen Druckwasserreaktors (EPR) mit dem PBMR. Letzterer hat bei der Vernichtung des Plutoniums deutliche Nachteile: "Jedoch wird ein größerer Betrag an hochaktivem Abfall durch den PBMR mit Hochabbrand-Brennstoff produziert als für den Fall des EPR mit MOX oder Inert-Matrix-Fuel (IMF)-Brennstoff, sodass aus Gründen der Ab-fallminderung der PBMR nicht zu wählen ist. Eine Minimierung der Transurane kann am besten mit dem IMF Brennstoff in einem ERP erzielt werden" (aus: atw 8-9/2006). Außerdem wäre "der Hochabbrand-Brennstoff für einen PBMR noch zu entwickeln".

Aber auch die an der PBMR-Forschung beteiligten Deutschen hatten auf der Jahrestagung die Gelegenheit, ihr Projekt darzustellen. Inclusive Nachdruck in der nuklearen Hauspostille "atw". Die Autoren Büttner, Brähler und Kress von der Skandalfirma NUKEM (siehe THTR-RB Nr. 107) stellten dar, dass sie seit dem Jahre 2000 inten-siv an der Weiterentwicklung der Brennstoffkugeln für Südafrika arbeiten. "Eine solche Kugel enthält 9 g Uran mit einer Anreicherung von 10 %. (...) Im Betrieb enthält ein PBMR fast eine halbe Million solcher Brennstoffkugeln. Die Pelindaba-Anlage in Südafrika ist auf die Produktion von 270.000 bis 375.000 Kugeln pro Jahr ausgelegt" (aus: atw 10/2006). "Die Entwicklung dieser Brennelemente erfolgte systematisch in Deutschland bei der NUKEM" (aus: atw 11/2006). Als geplanten Zeitrahmen gaben die eifrigen nuklearen Kugelbastler an, das Anfang 2008 das Detaildesign fertiggestellt werden sollte, Gebäude und Maschinen 2009. Die Kalterprobung soll Mitte 2010, die erste Kritikalität 2013 erfolgen.

Die zu erwartende Realität kennen wir aus den bisherigen Erfahrungen mit dem THTR in Hamm. Demnach kann alles auch fünf oder zehn Jahre länger dauern und viermal teurer werden als geplant ... Und während sie jahrelang an dem Reaktor herumdoktorn wird jede lockere Schraube, die sie dabei anziehen, propagandistisch als grandioser Erfolg dargestellt werden.

"Vier Milliarden Rand (400 Mio Euro) hat die PBMR-Entwicklung bisher gekostet - die Hälfte trug der Staat, der für die kommenden drei Jahre weitere sechs Milliarden Rand zugesagt hat. «Insgesamt dürften die Gesamtkosten für die Entwicklung bei 12 Milliarden Rand liegen«, schätzt der für die öffentlichen Unternehmen zuständige Minister Alec Erwin" (dpa vom 06.12.2006). «Unser Ziel ist die Fertigstellung des ersten Reaktors bis 2012. Ab 2013 wollen wir dann über einen Zeitraum von 15 Jahren 24 Modelle mit einer Leistung von je 165 Megawatt bauen», sagte Erwin. Sie sollen an den staatlichen Eskom-Stromkonzern als Erstkunden geliefert werden, der in seiner langfristigen Planung 4800 Megawatt für die Mini-Reaktoren reserviert hat. Die aus dem deutschen Hochtemperatur-Reaktor (HTR) weiterentwickelte PBMR-Technologie werde parallel zu einem von China entworfenen ähnlichen Reaktortyp vorangetrieben. «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind wir China wahrscheinlich voraus», sagte Erwin. Beide Länder verbinde ein Kooperations-Vertrag. Südafrika hat mit Hilfe deutscher Firmen wie SGL Carbon und früherer HTR-Mitarbeiter das Knowhow für die Technologie erworben und zahlt Lizenzgebühren. «Deutsche Firmen haben noch immer Rechte an der Technologie», sagte Erwin. Für 2007 kündigte er eine Entscheidung der Regierung über die ins Auge gefasste Wiederaufnahme der Urananreicherung an" (dpa vom 06.12.2006).

Die deutsche Bundesagentur für Außenwirtschaft bestätigt in ihrem Internetauftritt den "massiven Mittel- (2,4 Mrd. US$ Entwicklungskosten) und Personaleinsatz (etwa 600 Ingenieure und Wissenschaftler auf Vollzeitbasis)" für den PBMR. Vorgespräche über HTR-Lieferungen werden mit Schweizern, Polen, Spaniern, Koreanern, Australiern, Amerikanern und Japanern geführt: «Die Koreaner haben die Grundsatzentscheidung getroffen, Wasserstoff durch Atomkraft zu gewinnen und sind daher sehr interessiert.»

Unterdessen meldeten die "Finanznachrichten" am 06.12.2006 einen Korruptionsskandal der Firma Nukem in der Ukraine. Ein Mitarbeiter dieses sauberen Unternehmens hatte dem Direktor des Atomkraftwerkes Tschernobyl finanzielle Vorteile für ein bestimmtes Verhalten versprochen. Vielleicht sollte man die Südafrika-Beziehungen von Nukem auch mal näher unter die Lupe nehmen??

Horst Blume

Demo am Samstag, den 3. Februar ab 13 Uhr in Münster (Prinzipalmarkt): Stoppt die Urantransporte durch Hamm/Münsterland nach Gronau, keinen neuen Atommüll nach Ahaus, gegen die Atom-Renaissance in NRW. -- Es ist in den letzten Monaten viel passiert, wehrt Euch und schaut mal auf die Homepage www.sofa-ms.de!

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