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THTR Rundbrief Nr. 128, Nov. 2009
Inhalt:
BÜSO und PBMR: Sekte und Nuklearindustrie Hand in Hand!
Reaktor und Regierung haben versagt, aber: Alles Vergessen Reicht - AVR!
Neue THTR-Castortransporte nach Ahaus!
Ignoranz - Keine Antwort vom Ministerium
BÜSO und PBMR: Sekte und Nuklearindustrie Hand in Hand!
Bereits im THTR-Rundbrief Nr. 115 haben wir berichtet, wie die "Bürgerbewegung Solidarität" (BÜSO) weltweit einen Propagandafeldzug speziell für den THTR durchführt. Ihre Gegner beschimpft sie grobschlächtig als "Öko-Spinner" und "Bionarren". Ganz ähnlich klingt es bei den NRW-Ministern Pinkwart (FDP) und Thoben (CDU) sowie beim Hammer Bundestagsabgeordneten Jörg von Essen (FDP), wenn sie sich ebenfalls für den Hochtemperaturreaktor einsetzen und Umweltschützer diffamieren.
Die Zusammenarbeit zwischen der südafrikanischen Betreibergesellschaft PBMR und BÜSO hat sich in den letzten Jahren intensiviert. Das neue geplante Nuklearprojekt stand jahrelang auf sehr wackeligen Füssen und zumindest der urspünglich geplante PBMR ist in dieser Version gescheitert. Dies ist jedoch kein Grund für die Beteiligten klein beizugeben. Im Gegenteil, mit vollmundigen Presseerklärungen über neue geplante internationale Kooperationen mit China und den USA wird der Anschein erweckt, es gehe immerzu vorwärts mit dem PBMR. Ob diese Kooperationen zum Bau eines einzigen PBMR?s in den nächsten Jahren führen werden, ist zweifelhaft.
Die BÜSO-Publizistik glänzt bei ihren journalistischen Bemühungen durch eine beeindruckende Nähe zu den wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsträgern. Wenn diese obskure Sekte einen bevorzugten Zugang zu höchst sicherheitsrelevanten Sektoren hat, so ist das durchaus problematisch. Denn immerhin wurden die radioaktiven PBMR-Brennelementekugeln eben in jener südafrikanischen Atomfabrik Pelindaba hergestellt, indem es 2006 zu einem aufsehenerregenden Überfall auf die dort lagernden fünf "Apartheid-Atombomben" (siehe THTR-RB Nr. 118) gekommen ist.
Auf der offiziellen Homepage der südafrikanischen PBMR-Gesellschaft wurde am 21. November 2008 der Artikel "Modular High-Temperature Reactors can change the world" von Marjorie Mazel Hecht wiedergegeben und mit der BÜSO-Zeitschrift "EIR Science & Technology" verlinkt. Hecht ist ebenfalls Chefredakteurin der BÜSO-Zeitschrift "21st Century Science & Technologie", eifrige THTR-Propagandistin und hatte beste Beziehungen zum THTR-Entwickler Schulten höchstselbst. In dem Reader für die grosse internationale HTR-Wissenschaftlerkonferenz in Washington im Jahre 2008 steuerte sie den Artikel "HTRs: essential für powering the future" bei. In den bibliografischen Angaben befindet sich der dezente Hinweis auf den BÜSO-Oberguru Lyndon LaRouche. Wohlgemerkt in einer Broschüre einer internationalen Wissenschaftlerkonferenz, die unter anderem Sicherheitsaspekte der neuen Reaktorlinie einschätzt! Wie kritisch solche Bewertungen unter der Teilnahme einer fanatischen Atomsekte ausfallen, kann sich jeder denken.
Gregory Murphy, stellvertretender Chefredakteur der obengenannten BÜSO-Zeitschrift, darf in dem Reader der HTR-Konferenz gegen den jülicher Wissenschaftler Rainer Moormann polemisieren, der ausgehend von seinen Erfahrungen mit dem AVR Jülich die Sicherheitseigenschaften der HTR-Linie kritisch beurteilt. Kritische Stellungnahmen findet man in der gesamten Broschüre nicht. Dafür dürfen die unterschiedlichsten Entscheidungsträger aus Wissenschaft und Wirtschaft ein Loblied auf die Hochtemperaturreaktoren singen. Das Geleitwort zum Reader schrieb natürlich der Chef von PBMR, Jaco Krieg, selbst. Es lebe die unabhängige Wissenschaft!
In ihrer Zeitschrift EIR stossen die BÜSO-Leute am 10. 2. 2006 gleich ins Zentrum der politischen Macht vor, indem sie den südafrikanischen Minister Alex Erwin zum PBMR befragen. Und den PBMR-Power Plant Division General Mager Dieter Matzner gleich dazu. Tom Ferreira, auf der Internetseite der südafrikanischen PBMR-Gesellschaft im Impressum als "Communication Consultant" benannt, hat am 15. 9. 2007 in Kiedrich auf einer Tagung der BÜSO-Vorfeldorganisation "Schillerstiftung" das "Diskussions"-papier "PBMR: Clean, Safe and Affordable Energy" eingebracht. Zwei Atomsekten arbeiten hier Hand in Hand.
Was wäre jedoch eine Sekte ohne Verschwörungstheorien? Irgendetwas würde fehlen. Es gibt ja genug finstere Mächte, die dem glorreichen PBMR Böses wollen: Der Milliardär Soros ("Hohepriester der Globalisierung"), die Fußtruppen der internationalen Finanzoligarchie, Earthlife Africa, der Worldwide Fund for Nature (WWF) und Professor Steve Thomas, der PBMR-Kritiker. Der Oberhalunke von allen ist jedoch -- und jetzt halten sie sich bitte fest! -- Prinz Hendrik aus Dänemark!! Die Beweissführung ist völlig einleuchtend: "Earthlife Africa erhält auch Gelder von der Internationalen Entwicklungsagentur der Dänischen Regierung (DANIDA) und vom dänischen Zweig des Worldwide Fund for Nature (WWF), dessen Gründer und Präsident der Gemahl der dänischen Königin Prinz Henrik ist. Alle drei Organisationen fördern ein Projekt für ,nachhaltige Energie' in Südafrika." (Quelle: www.bueso.de vom 14. 4. 2006)
Der Kampf gegen den "Prinz-Philip-Kult" und die angeblich "mörderischen Wünsche von Prinz Philip" ("Neue Solidarität" vom 24. 6. 2009) mögen uns dermassen skurril und wirklichkeitsfremd erscheinen, dass wir geneigt wären, dies alles nicht allzu ernst zu nehmen. Doch Vorsicht: Der ungeklärte Tod des jungen, aus der Sekte ausstiegswilligen Sympatisanten Jeremiah Duggan in Wiesbaden hat zu gerichtlichen Untersuchungen und heftigen Vorwürfen gegen BÜSO geführt. Die BÜSO-Vorläuferorganisation Europäische Arbeiterpartei" (EAP) wurde von der Bundesregierung 1996 als "Polit-Sekte" eingestuft.
Kommen wir zum Schluss noch einmal auf die offensichtlich ganz "normalen" Beziehungen von BÜSO zur Wirtschaftselite zurück. Stolz berichtet die "Neue Solidarität" am 30. 9. 2009 über einen Auftritt der Guru-Gattin Helga Zepp-LaRouche: "Die BüSo-Kanzlerkandidatin war am 18. September zu Gast bei einer Arbeitstagung der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik (BVPI) mit 250 Teilnehmern in Westerland/Sylt und sprach dort auf einer Podiumsdiskussion zum Thema ,Lehren aus der Finanzkrise'." -- Bei der Vorstellung, dass die einladenden Prüfingenieure für Bautechnik vielleicht sogar mal bei einem Atomkraftwerk "prüfen" würden, könnte einem direkt schwindelig werden...
Die mit Vorliebe Atompropaganda betreibenden "Bürger für Technik" aus Marl verweisen in ihrem Kurzinfo Nr. 280 am 29. 4. 2009 ungeniert auf BÜSO-Meldungen und verlinken diese auch noch. Berührungsängste mit dieser dubiosen Sekte haben sie jedenfalls nicht, hauptsache der Rubel rollt für die angepeilten Nukleargeschäfte. BÜSO fürs Grobe, CDU und FDP für die konkrete Erfüllung der Wünsche der Atomindustrie. So sieht die Arbeitsteilung aus.
Da bleibt am Ende noch eine Frage. Die Grünen haben sie am 14. 5. 2007 im Bundestag gestellt: "Welche Informationen liegen der Bundesregierung hinsichtlich der vorstehend erwähnten Organisationen jeweils vor, vor allem bezüglich des "Schiller Instituts" und der "Bürgerrechtsbewegung Solidarität"(BüSo), (...) über deren sicherheitsrelevante Kontakte in Kreise der (Nuklear-)Energieforschung und --Versorgungsunternehmen (...)?" Die Antwort lautet: "Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor."
Reaktor und Regierung haben versagt, aber: Alles Vergessen Reicht - AVR! |
Am 18. Juli 2009 sorgte eine Vorabmeldung auf Spiegel-Online für Aufsehen und ein breites Medienecho von der Aachener Zeitung bis hin zum WDR:
"Der Betrieb des 1988 abgeschalteten Forschungsreaktors in Jülich hat möglicherweise ein politisches Nachspiel. Wie der SPIEGEL in seiner jüngsten Ausgabe berichtet, geht das Bundesumweltministerium der Frage nach, ob Betreiber und Atomaufsicht in Nordrhein-Westfalen eventuell versagt haben. Hintergrund für den überraschenden Vorstoß ist die extrem starke radioaktive Kontamination des Reaktorkerns. Einer wissenschaftlichen Analyse zufolge ist der Forschungsreaktor über Jahre hinweg mit viel zu hohen Temperaturen betrieben worden und möglicherweise nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert. Durch die Verwendung unausgereifter Brennelemente und die hohen Temperaturen, so Rainer Moormann, der Autor der Studie, der jahrelang in der Sicherheitsforschung in Jülich gearbeitet hat, sei der Reaktorkern mit extrem hohen Mengen radioaktiver Isotope verunreinigt. Nach Ansicht des Darmstädter Öko-Instituts handelt es sich aufgrund der hohen Kontamination um einen der "problematischsten Reaktoren weltweit"."
Über diese Probleme berichtete diese Homepage und der THTR-Rundbrief zwar bereits vor knapp einem Jahr, aber erst jetzt, wo ein renomiertes Nachrichtenmagazin sich dieser Nachricht annahm, bekam sie im Wahlkampf mehr Schwung. Denn der THTR und die Generation IV-Reaktoren sind nach Ansicht der schwarz-gelben Koalition in NRW besonders förderungswürdig und können bei einer ähnlichen parteipolitischen Konstellation auf Bundesebene die Renaissance der Atomkraft in der BRD einläuten. Gerade jetzt kam ein kritischer Bericht für die Atomindustrie und ihren Parteien sehr ungelegen.
Verstrahlter Reaktor
Der Spiegel schrieb in seiner Printausgabe vom 20. Juli 2009 über den 1988 stillgelegten jülicher THTR:
"Der Reaktorkern ist mit hohen Mengen radioaktiver Isotope wie Cäsium-137 und Strontium-90 verseucht. Zudem schlummert in seinem Innersten eine tückische Fracht: 198 kugelförmige Brennelemente, teilweise mit hochangereichertem Uran, die sich verhakt haben und nicht mehr herausholen lassen. In zwei Jahren soll der Kern in einem eigens gebauten Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums eingeschlossen werden. Es ist einer der kompliziertesten und gefährlichsten Rückbauten einer Atomanlage, den die Welt bislang gesehen hat. Ein ganzer Reaktorkern, 2100 Tonnen schwer, wird aus seinem Gehäuse herausgeschnitten. Sieben Spezialkräne wuchten den 26 Meter hohen Koloss in die Horizontale und betten ihn dann auf einen gigantischen Luftkissenschlitten. Der Reaktor ist im Innern dermaßen radioaktiv kontaminiert, dass die Aufräumtrupps ihn noch nicht zerlegen und in Behälter einschweißen können. Seine Strahlung soll hinter tonnenschweren Betonwänden auf dem Forschungsgelände 30 bis 60 Jahre abklingen, bevor Sägeroboter ans Werk gehen können."
Radioaktivität im Grundwasser
Bei dem AVR handelt es sich mit seinen 15 MW elektrischer Leistung um einen winzigen Versuchsreaktor. Der ebenfalls pannenträchtige THTR in Hamm-Uentrop hat eine zwanzigmal höhere Leistung. Welche Probleme beim Abbau ungleich größerer Reaktoren auftreten werden, ist völlig ungewiß. -- Der Spiegel beschrieb noch einen weiteren Störfall mit Folgen im THTR Jülich:
"Den Reaktor wegen des bauartbedingten Sicherheitsrisikos vorzeitig stillzulegen kam den Betreibern nicht in den Sinn, auch nicht, als 1978 rund 30 Kubikmeter Wasser aus einem leckenden Rohr in den Reaktor tropften. Es wurde nur abgepumpt. Selbst dabei passierten Fehler. Ein Teil des Wassers lief durch eine Bodenfuge ins Grundwasser. 21 Jahre später wurde bei einer Routinemessung in einem Regenwasserkanal Strontium-90 aufgespürt. (...) Wie bei der Anlage in Karlsruhe sind auch in Jülich die Kosten der Entsorgung explodiert: Am Anfang wurden 34 Millionen D-Mark veranschlagt, inzwischen ist von 500 Millionen Euro die Rede -- allein für die Reaktorentsorgung."
Nun liess Umweltminister Gabriel wenige Wochen vor dem Ende seiner Amtszeit pikanterweise prüfen, ob Betreiber und Atomaufsicht in NRW im altsozialdemokratischen Musterland etwas falsch gemacht haben. Also ob die SPD-Landesregierung (am Kernforschungszentrum Jülich beteiligt) und die am AVR-Reaktor ebenfalls beteiligten SPD-geführten Kommunen jahrzehntelang versagt haben.
Originell ist Gabriel ja. Er prüfte sogar, ob er selbst als Umweltminister von Niedersachsen bei Asse untätig war ....
Kritische Studie stört
Auch die NRW-Grünen sind nicht untätig geblieben und beantragten am 24. 2. 2009 einen Bericht der Landesregierung über neue Erkenntnisse über die AVR-Probleme.
Denn: Unter dem Titel "Eine sicherheitstechnische Neubewertung des Betriebs des AVR-Kugelhaufenreaktors und Schlussfolgerungen für zukünftige Reaktoren" hat Dr. Rainer Moormann vom Institut für Sicherheitsforschung und Reaktortechnik des Forschungszentrums Jülich im vergangenen Jahr eine Studie veröffentlicht, die erhebliche Zweifel an der Sicherheit des früheren Betriebs des AVR Jülich im speziellen und an dem Konzept der Kugelhaufenreaktoren im allgemein aufkommen lässt. Nach dieser Veröffentlichung scheinen unkontrolliert hohe Temperaturen (über I. I 00o C) hauptverantwortlich für die starke radioaktive Kontamination des Reaktorbehälters zu sein. Es ist davon auszugehen, dass demnach der AVR weit außerhalb sicherheitstechnisch zulässiger Grenzen betrieben wurde - einschließlich aller damit verbundenen Risiken."
Das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie das Landes NRW betonte in ihrer Antwort vom 30. 6. 2009:
"Abschirmung und Einschluss haben ausreichende Vorsorge gegenüber hoher Primärkreiskontaminationen geboten. So wurde auf ein Konzept mit kompaktem Einschluss aller Primärkomponenten in einem doppelwandigen Reaktordruckgefäß gesetzt, welches wiederum von einem druckfesten Containment (Schutzbehälter) umschlossen ist."
NRW-Landesregierung gibt zu: 1280o C sind heiß!
Darüberhinaus kam das Thoben-Ministerium nicht darum herum, die Angaben der neuen jülicher Studie offiziell zu bestätigen: "1986 wurde eine erneute Temperaturmessung mit Schmelzdrahtkugeln im Reaktorkern durchgeführt, bei der an den entnommenen Temperaturmesskugeln teilweise höhere Temperaturen festgestellt wurden, als auf Grundlage der Heißgastemperaturmessung zu erwarten gewesen wären. Im Ergebnis der Auswertung der Temperaturmessung wurden lokal im Reaktorkern gegenüber den erwarteten Brennelementbetriebstemperaturen von 1 100-1 200°C erhöhte Brennelementbetriebstemperaturen oberhalb von 1280°C festgestellt. Die Tatsache hoher Kerntemperaturen, die mittels der Schmelzdrahtversuche durch den Betreiber festgestellt wurden, wird im Bericht JüI- 4275 richtig beschrieben."
Allerdings relativierte die CDU/FDP-Landes-regierung das Ergebnis der kritischen Studie. Die Radioaktivität konnte aus den Kugeln entweichen, aber da gabs glücklicherweise noch eine weitere Barriere:
"Die in der Anfrage angesprochenen ,unkontrolliert hohen Temperaturen' gemäß Bericht Jül-4275 beziehen sich auf die Spaltproduktfreisetzungen aus Brennelementen bei Betrieb mit erhöhten Brennelementtemperaturen und die damit verbundenen Kontaminationsbeiträge innerhalb des Reaktorbehälters. (...) Insbesondere fand der damalige Betrieb des AVR-Versuchskern-kraftwerkes, wie oben ausgeführt, innerhalb des genehmigten Rahmens statt und nicht außerhalb der sicherheitstechnisch zulässigen Grenzen, wie in der Anfrage von Herrn Priggen vermutet."
Gabriel untersuchte NRW-Altgenossen
Gabriels Altgenossen in NRW, denen die CDU/FDP-Koalition hiermit einen nachträglichen Persilschein ausgestellt hat, werden es mit Zufriedenheit zur Kenntnis nehmen. Die Studie von dem kritischen Wissenschaftler Rainer Moormann hat inzwischen so viel Staub aufgewirbelt, dass im Licht dieser Erkenntnisse der nukleare Heiligenschein der Generation IV-Reaktoren sogar auf internationaler Ebene verblasst. Zu offensichtlich liegen die Probleme des Kugelhaufenreaktors auf der Hand. Wenn CDU und FDP immer noch auf diese Reaktorlinie setzen, zeigt das nicht wie borniert und verblendet sie sind. Das sind viele andere auch, die Freunde des sozialdemokratischen Staatsreaktors THTR haben es in den 60er und 70er Jahren vorgemacht. Aber mit der zentralistischen Atomenergie können die Energiekonzerne genauso wie mit der zentralistischen Sonnenenergie aus Afrika oder riesigen Kohlekraftwerken sehr viel Geld verdienen. Dies ist der Kernpunkt.
Neue THTR-Castortransporte nach Ahaus! |
Zwanzig Jahre nach den 59 Transporten von insgesamt 305 THTR/AVR-Castorbehältern von Hamm nach Ahaus wird es wahrscheinlich zu erneuten Einlagerungen in das Brennelementezwischenlager (BEZ) kommen.
Ende September 2009 hatte die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) mit Sitz in Ahaus mit ihrem Antrag an das Bundesamt für Strahlenschutz Interesse daran bekundet, die in 152 Castorbehältern lagernden 300.000 THTR-Kugeln aus dem 1988 stillgelegten Forschungsreaktor AVR Jülich in Ahaus aufzunehmen.
Seit vielen Jahren wird in Jülich versucht, den hochgradig verseuchten THTR zurückzubauen. Immer neue Schwierigkeiten türmen sich auf und ein finanzielles Desaster von etwa einer halben Milliarde Euro Kosten steht bevor. Und zusätzlich müssen natürlich noch die 300.000 Brennelementekugeln irgendwo hin:
"Die Lagerung dieser Behälter in Jülich ist bis Mitte 2013 befristet. "Für ein weiteres Verbleiben der Brennelemente in Jülich über diesen Zeitraum hinaus müsste dort zu Lasten der Steuerzahler umfangreich investiert werden. Die im Zwischenlager Ahaus vorhandenen Handhabungs- und Überwachungseinrichtungen entsprechen hingegen ohne weitere Änderungen auch den Anforderungen einer Zwischenlagerung der Behälter aus Jülich - wir sind hier absolut auf dem neuesten Stand", so Rosen. Die Castoren aus Jülich seien baugleich mit den bereits in Ahaus 305 zwischengelagerten Behältern aus dem Hochtemperaturreaktor Hamm." (Münstersche Zeitung 6. 10. 2009)
Die GNS in Ahaus hat ihren Antrag auf Genehmigung auf Veranlassung des Forschungszentrums (FZ) Jülich gestellt, die den Atommüll loswerden will: "'Natürlich käme uns eine diesbezügliche Genehmigung entgegen' so der FZ-Sprecher." (Aachener Nachrichten 8. 10. 2009)
Die GNS, um Auslastung ihrer nur zu 5 Prozent genutzten Halle bemüht, preist die Vorteile des anvisierten Verfahrens in ihrer Presseerklärung vom 1. 10. 2009 an:
"Die erforderlichen Transporte erfolgen innerhalb Nordrhein-Westfalens. Die Länge des Transportweges von Jülich nach Ahaus ist vergleichbar mit derjenigen von Hamm nach Ahaus. Hier fanden in den 90er Jahren die Transporte aus dem THTR Hamm störungsfrei statt. Da sowohl FZJ als auch das Zwischenlager Ahaus neben einer guten Straßenanbindung auch über einen Bahnanschluss verfügen, kann der Transport grundsätzlich auf der Straße wie auch auf dem Schienenweg erfolgen. (...)
Die Einhaltung aller Schutzziele gewährleistet der Behälter CASTOR®-THTR/AVR, dessen Hauptaufgabe es ist, in allen Situationen maximale Sicherheit zu gewährleisten." Von einer "maximalen Sicherheit" der THTR/AVR-Castoren kann allerdings in der Praxis nicht die Rede sein. Wegen diverser Probleme und Störfälle fand in mehreren Fällen ein reger Briefwechsel zwischen dem zuständigen NRW-Ministerium und u. a. der BI Umweltschutz Hamm statt.
Hier eine kleine Chronologie:
1999
Schon vier Jahre nach dem letzten Transport vom THTR Hamm nach Ahaus rosten die ersten Castoren. Die NRW-Landesregierung gibt zu: "Ursächlich für die Korrosionsbefunde ist, dass die Korrosionsbeschichtung der Behälter an scharfen Kanten eine nur geringe Schichtdicke aufweist und insbesondere dort anfällig für mechanische Beschädigungen ist und in Einzelbereichen wie Stempelfeldern, Gewindebohrungen und Schraubenlöchern auf eine Beschichtung verzichtet worden ist." Innerhalb der nächsten drei Jahre mussten alle Schutzplatten der 305 Behälter an einen anderen Ort gebracht und dort durch Sandstrahl von den Rostschäden befreit werden (siehe THTR-RB Nr. 63).
2002
Das Reparaturkonzept für undicht gewordene Castorbehälter wurde mit einem ungeeigneten Computerprogramm überprüft. Bei einer mit einem neuen Programm durchgeführten Kontrollrechnung flog der Fehler auf, räumte die GNS ein (siehe THTR-RB Nr. 75).
2004
"Am 15. 7. 2004 hat das Lagerbehälter-Überwachungssystem (LBÜS) des Transportbehälterlagers aufgrund einer Funktionsstörung eines Bauteils angesprochen. Es wurden Untersuchungen entsprechend den betrieblichen Regelungen eingeleitet, das defekte Bauteil wurde identifiziert, ausgetauscht und der von der Störung betroffene Behälter wieder an des System angeschlossen", schrieb uns das zuständige NRW-Ministerium ( siehe THTR-RB Nr. 93).
2005
Erneute Korrosionsschäden an den Castoren. Die Halle, in der die Castoren gelagert werden, ist total nass und gleicht einer Tropfsteinhöhle (siehe THTR-RB Nr. 98, 99 und 104). Zusätzlich zu den Jülicher Castoren ist ein weiterer Antrag gestellt worden, der für die nächsten Jahre Transporte von "sperrigem" Atommüll ungekannter Herkunft vorseht. Ebenfalls muss der in LaHague aufbereitete deutsche Atommüll in Ahaus aufgenommen werden.
Für Sonntag, den 20. Dezember 2009 planen die Anti-Atomkraft-Initiativen im Münsterland eine Demonstration am Zwischenlager Ahaus, zu der überregional aufgerufen wird.
Ignoranz - Keine Antwort vom Ministerium |
Wer die jährlichen 5,6 Millionen Euro Stilllegungsbetriebs-Kosten des THTR ab 2010 bezahlen muss, ist weiterhin unklar. Das NRW-Finanzministerium hat bisher nicht auf unsere wiederholten Nachfragen geantwortet, wie weit die Verhandlungen mit RWE/HKG gediehen sind und ob diese sich endlich auch mit einer nennens-werten Summe beteiligen.
FDP und Nazis in NRW
41 ehemalige NSDAP-Mitglieder wechselten nach 1945 nahtlos in den NRW-Landtag und zwar zur FDP- oder CDU-Fraktion. Insbesondere der FDP-Wirtschaftsminister Middelhauve versammelte eine "Reihe ehemals prominenter Nationalsozialisten um sich", schrieb die "Welt" 1952. Die vielbeachtete neue 29seitige Studie gab MDL Rüdiger Sagel in Auftrag. Sie ist einsehbar unter: www.sagel.info/service/DasvergessenebrauneErbe.pdf
Liebe Leserinnen und Leser!
Verkneifen werde ich mir den Hinweis, wie toll es bei der großen Anti-Atomdemo im September in Berlin war. Die Hoffnung, nach den Massenaktionen in Gorleben 2008 durch einen motivierenden Bericht im Rundbrief vielleicht in Hamm ein paar Leute mehr zu aktivieren, wurde enttäuscht. Sieben Menschen aus Hamm, allesamt übrigens parteilos, waren in Berlin dabei und haben den im Bundestagswahlkampf wohl am meisten beachteten Kontrapunkt gesetzt. Das Ergebnis der Bemühungen zuhausegebliebener Wahlkämpfer hingegen ist weit weniger berauschend ausgefallen. Gratulation!
Es ist schon sehr verwunderlich, wie wenig Menschen in Hamm den Vorzug wirklich zu schätzen wissen, dass der THTR stillgelegt worden ist und dies als Verpflichtung für ein gelegentliches Engagement gegen andere AKW's sehen. Haben sie den Schrecken der vielen Störfälle schon so sehr vergessen? Die strahlende Atomsuppe wird die junge Generation auszulöffeln haben und bekommt den Klimawandel noch dazu. Widerstandserfahrungen und Wissen einer mitlerweile fast 35 Jahre alten Bürgerinitiative sollten zumindest weitergegeben werden. Doch an wen in Hamm bitteschön??
Weltweit wird unsere Homepage immerhin viele tausend Mal im Monat besucht. Ob irgendjemand aus Hamm darunter ist, weiss ich nicht. Auf jeden Fall wird es auch weiterhin Polemiken und mit spitzer Feder geschriebene Artikel geben. Es macht nämlich auch Spaß, die Herrschenden zu ärgern. Allerdings nur noch in vier Ausgaben im Jahr statt neun wie noch im vorletzten Jahr.
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